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11.02.2016
Unternehmensteuer

FG Berlin-Brandenburg: Abzinsung von zunächst unverzinslich gewährten Darlehen

Wenn bei einem zunächst unverzinslich gewährten Darlehen später eine Verzinslichkeit aufgrund eines bestimmten Ereignisses (z.B. neue vertragliche Vereinbarung) entsteht, so ist die Verbindlichkeit bis zu dem späteren Ereignis als unverzinslich zu behandeln und erst ab dem folgenden Bilanzstichtag neu zu bewerten.

Sachverhalt

Der Klägerin, einer GmbH, waren von ihren Gesellschaftern zinslose Darlehen gewährt worden. Durch vertragliche Vereinbarungen vom 01.03.2008 wurden diese Darlehen ab dem 01.01.2008 mit 1,5 % verzinst. Das Finanzamt zinste die Darlehen zum 31.12.2007 gem. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG ab. Es ging dabei von einer unbestimmten Laufzeit der Darlehen aus und setzte somit gem. § 13 Abs. 2 BewG den 9,3-fachen Jahreswert an (Vervielfältigers 0,503). Der von der Klägerin dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos.

Entscheidung

Das FG wies die Klage ab. Das Finanzamt habe zu Recht die Darlehen zum Bilanzstichtag 31.12.2007 mit dem Vervielfältiger 0,503 abgezinst.

Gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG seien Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusetzen und mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent abzuzinsen. Ausgenommen von der Abzinsung sind u.a. Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind. Verzinslich sei dabei auch ein Darlehen, für das nur in bestimmten Zeiträumen eine Verzinsung vorgesehen ist. Etwas anderes gelte lediglich dann, wenn bei einem zunächst unverzinslich gewährten Darlehen später eine Verzinslichkeit aufgrund eines bestimmten Ereignisses (z.B. neue vertragliche Vereinbarung) entstehe. Dann sei die Verbindlichkeit bis zu dem späteren Ereignis als unverzinslich zu behandeln und erst ab dem Bilanzstichtag, der dem Ereignis folgt, entsprechend den veränderten Verhältnissen neu zu bewerten (ebenso BMF-Schreiben vom 26.05.2005).

Der Vortrag der Klägerin, dass die Vereinbarung über die Verzinslichkeit bereits am Bilanzstichtag des Jahres 2007 zu berücksichtigen sei, sei nicht richtig, da es sich bei der Vereinbarung um eine wertbegründende Tatsache und nicht um eine wertaufhellende Tatsache handele. Deshalb sei insoweit ohne Belang, dass durch die spätere Vereinbarung der Verzinslichkeit sich rückwirkend die Aussicht auf die Dauer der unentgeltlichen Nutzungsmöglichkeit des überlassenen Kapitals veränderte. Da das Stichtagsprinzip die möglichst zutreffende Bewertung der Bilanzposten zum Abschlussstichtag 31.12.2007 verlange und zu diesem noch die Aussicht auf eine dauerhafte unentgeltliche Nutzung des Kapitals bestanden habe, erhelle die spätere Vereinbarung der Verzinslichkeit die Beurteilung zu diesem Zeitpunkt nicht, sondern verändere sie. Die Darlehen seien daher im Schätzwege unter Zugrundelegung von § 13 Abs. 2 BewG mit dem Faktor 0,503 abzuzinsen.

Betroffene Normen

§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG, § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG
Streitjahr 2007

Anmerkungen

Gegenteilige Auffassung des BFH im Urteil vom 18.09.2018, XI R 30/16

Mit Urteil vom 18.09.2018, XI R 30/16 (siehe Deloitte Tax-News) hat der BFH – wohl entgegen der Auffassung des FG Berlin-Brandenburg – entschieden, dass in dem Fall, dass ein zunächst unverzinsliches Darlehen in ein verzinsliches Darlehen umgewandelt wird, auch dann keine Abzinsung vorzunehmen ist, wenn die Verzinsungsabrede zwar vor dem Bilanzstichtag erfolgt (im vorliegenden Fall war sie erst nach dem Bilanzstichtag vereinbart worden), der Zinslauf aber erst (wie im vorliegenden Fall) danach beginnt.

FG Köln vom 01.09.2016

Mit Urteil vom 01.09.2016 (12 K 3383/14, BFH-anhängig: X R 19/17) hatte das FG Köln entschieden, dass langfristig aufgenommene Darlehen auch dann abzuzinsen seien, wenn die zunächst zinslos abgeschlossenen Darlehensverträge nach Beanstandungen durch die Betriebsprüfung einvernehmlich aufgehoben und rückwirkend durch neue verzinste Darlehensverträge ersetzt wurden. Das dürfte wohl nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 18.09.2018, XI R 30/16 (siehe Deloitte Tax-News) stehen.

Fundstelle

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.07.2015, 10 K 10124/13, EFG 2015, S. 1820

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 18.09.2018, XI R 30/16, siehe Deloitte Tax-News 

Finanzgericht Köln, 01.09.2016, 12 K 3383/14, BFH-anhängig: X R 19/17
BMF, Schreiben vom 26.05.2005, BStBl. I 2005, S. 699, Tz. 18

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