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12.04.2018
Unternehmensteuer

BMF: Unionsrechtskonforme Anwendung von § 50d Abs. 3 EStG

Mit Datum vom 04.04.2018 hat das Bundesministerium der Finanzen ein Schreiben hinsichtlich der unionsrechtkonformen Auslegung des § 50d Abs. 3 EStG veröffentlicht. Das Schreiben nimmt sowohl Stellung zum § 50d Abs. 3 EStG a.F. als auch zum aktuell gültigen § 50d Abs. 3 EStG.

Hintergrund

Der EuGH hat mit Urteil vom 20.12.2017 in den beiden verbundenen Verfahren C-504/16 (Deister Holding) und C-613/16 (Juhler Holding) bestätigt, dass die deutsche bis einschließlich 2011 anwendbare Missbrauchsvorschrift in § 50d Abs. 3 EStG a.F. (Ausschluss der völligen oder teilweisen Erstattung von Kapitalertragsteuer an bestimmte „zwischengeschaltete“ ausländische Gesellschaften) sowohl gegen die Mutter-Tochter-Richtlinie als auch gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt.

Nach der aktuellen seit 2012 geltenden Regelung des § 50d Abs. 3 EStG kommt es zu einer quotalen Versagung der Entlastung, soweit sog. „schädliche“ Erträge vorliegen. Auch bzgl. dieser mit Wirkung zum 01.01.2012 etwas entschärften Regelung hat das FG Köln europarechtliche Bedenken und hat § 50d Abs. 3 EStG 2012 ebenfalls dem EuGH vorgelegt (Beschluss vom 17.05.2017, 2 K 773/16, beim EuGH abhängig: C-440/17).

Mit Schreiben vom 04.04.2018 hat sich nun das BMF zur Entlastung vom Steuerabzug vom Kapitalertrag bei ausländischen Gesellschaften geäußert. Es nimmt sowohl Stellung zu der unionsrechtswidrigen bis einschließlich 2011 geltenden deutschen Treaty-Shopping-Regelung des § 50d Abs. 3 EStG a.F. als auch zur aktuell geltenden Gesetzesfassung des § 50d Abs. 3 EStG.

Verwaltungsanweisung

Aufgrund der Bindungswirkung des EuGH-Urteils vom 20.12.2017 soll dem BMF-Schreiben zufolge 50d Abs. 3 EStG a.F. in den Fällen, in denen der Gläubiger der Kapitalerträge einen Anspruch auf Entlastung nach § 43b EStG geltend macht, nicht mehr angewandt werden. Somit wird auch die Finanzverwaltung verpflichtet – soweit Ansprüche noch verfahrensrechtlich geltend gemacht werden können bzw. entsprechende Anträge noch offen gehalten wurden – einem Erstattungsanspruch den § 50d Abs. 3 EStG 2007 nicht mehr entgegenzuhalten.

Die Auslegung des Unionsrechts durch den EuGH überträgt das BMF auch auf die aktuelle seit 2012 geltende Regelung des § 50d Abs. 3 EStG, soweit diese mit der alten Fassung übereinstimmt. Dementsprechend kommt das BMF zu dem Schluss, dass § 50d Abs. 3 S. 2 EStG (Merkmalsübertragung im Konzern), nicht mehr anzuwenden ist (im Einzelfall können dennoch wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen).

Neben der Nichtanwendung des § 50d Abs. 3 S. 2 EStG passt das BMF auch seine Auffassung zu den Voraussetzungen des § 50d Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EStG im Schreiben vom 24.01.2012 an:

  • Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr i.S.d § 50d Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EStG kann auch bei Verwaltung von Wirtschaftsgütern vorliegen; dafür müssen bei passiver Beteiligungsverwaltung (Tz. 5.2 des BMF-Schreibens 2012) zumindest die Rechte als Gesellschafterin tatsächlich ausgeübt werden.
  • Ein angemessen eingerichteter Geschäftsbetrieb i.S.d § 50d Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EStG setzt nicht zwingend die ständige Beschäftigung geschäftsleitenden und anderen Personals voraus.

Das Schreiben ist auf alle noch offenen Fällen anzuwenden. Welche Erleichterungen damit tatsächlich verbunden sind und welche Rolle eine Substanz bzw. eigenwirtschaftliche Erträge anderer Konzerngesellschaften in der Anwendung der Regel durch das Bundeszentralamt für Steuern spielen werden, bleibt angesichts des restriktiven Wortlauts des BMF-Schreibens allerdings abzuwarten.

Anwendbare Normen

§ 50d Abs. 3 EStG a.F. (i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007), § 50d Abs. 3 EStG (i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften), § 43b EStG

Anmerkung

Sowohl die Nichtanwendung von § 50d Abs. 3 EStG 2007 als auch die Einschränkung in der Anwendung von § 50d Abs. 3 EStG 2012 soll nach dem BMF-Schreiben lediglich für Ansprüche nach § 43b EStG (d.h. der Mutter-Tochter-Richtlinie) gelten. Andere Erstattungs- bzw. Freistellungsansprüche (etwa nach § 50g oder einem DBA) werden im BMF-Schreiben nicht genannt, sodass davon auszugehen ist, dass insoweit § 50d Abs. 3 EStG 2007 und § 50d Abs. 3 EStG 2012 weiterhin anwendbar bleiben.

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 04.04.2018, IV B 3 – S 2411/07/10016-14, englischer Beitrag hierzu in den German Tax and Legal News

Weitere Fundstellen

EuGH, Urteil vom 20.12.2017, C-504/16 und C-613/16, siehe Deloitte Tax-News 
Finanzgericht Köln, Beschluss vom 17.05.2017, 2 K 773/16, EuGH-anhängig: C-440/17
BMF, Schreiben vom 24.01.2012, IV B 3 - S 2411/07/10016, BStBl. I 2012, S. 171

Ihr Ansprechpartner

Dr. Alexander Linn
Partner

allinn@deloitte.de
Tel.: 089 29036-8558

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