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21.06.2018
Unternehmensteuer

BFH: VGA bei Verschmelzung nach Forderungsverzicht mit Besserungsabrede

Wird eine vermögenslose und inaktive Kapitalgesellschaft, deren Gesellschafter ihr gegenüber auf Darlehensforderungen mit Besserungsschein verzichtet hatten, auf eine finanziell gut ausgestattete Schwesterkapitalgesellschaft mit der weiteren Folge des Eintritts des Besserungsfalls und dem Wiederaufleben der Forderungen verschmolzen, so kann die beim übernehmenden Rechtsträger ausgelöste Passivierungspflicht durch eine außerbilanzielle Hinzurechnung wegen einer vGA zu korrigieren sein. Über die Folgen eines solchen Schuldnerwechsels hatte der BFH bislang noch nicht entschieden.

Sachverhalt

Gesellschafter der G-GmbH verzichteten in 1995 mit Besserungsabrede auf ihre kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen. Eine Rückzahlung der Forderungen sollte erst in den Jahren erfolgen, in denen Gewinne entstehen, aus denen die Rückzahlungen erfolgen können. Nach der Verschmelzung der G-GmbH zum 31.12.1995 auf ihre finanziell gut ausgestattete Schwesterkapitalgesellschaft (Klägerin), sah diese die Besserungsbedingung aus den Verzichtserklärungen als gegeben an und verbuchte im Streitjahr 1996 Aufwendungen aus der Passivierung von Besserungsscheinverpflichtungen der ehemaligen G-GmbH gegenüber ihren Gesellschaftern. Finanzamt und FG sahen hierin eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA).

Entscheidung

Finanzamt und FG haben zu Recht im Umfang der Gewinnminderung eine außerbilanzielle Einkommenskorrektur wegen einer vGA vorgenommen.

Der BFH zweifelt zwar daran, ob der Besserungsfall im Hinblick auf das Vermögen der Schwesterkapitalgesellschaft eingetreten ist oder ob nicht die Verzichtserklärungen und die Besserungsabreden nach den im Verzichtszeitpunkt gegebenen Umständen so zu verstehen sind, dass es auf die Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse gerade des vom Verzicht begünstigten Schuldners, also der G-GmbH, ankommt. Weitere Folge hiervon wäre, dass die so verstandene Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse die später im Wege der Verschmelzung mit der Schwesterkapitalgesellschaft erfolgte Zuführung von deren Vermögen nicht erfasst. Der BFH kann das allerdings dahinstehen lassen, weil in Höhe einer etwaigen Passivierung seiner Ansicht nach eine vGA und damit eine außerbilanzielle Hinzurechnung anzusetzen wäre.

Letzteres hat das FG angenommen, weil durch die Wiedereinbuchung der im Zuge der Verschmelzung übergegangenen (bedingten) Darlehensverbindlichkeiten nach Eintritt des Besserungsfalles das Vermögen der Klägerin gemindert worden sei. Die Gestaltung, nämlich die Übernahme der G-GmbH als "leere Hülle" mit der Belastung zu erfüllender Verbindlichkeiten bei Eintritt des Besserungsfalles habe nur den Zweck gehabt, die Verbindlichkeiten aus der Besserungsabrede zugunsten der Gesellschafter zu übernehmen, d.h. die Rückführung der darlehensweise hingegebenen Gelder an die Gesellschafter sicherzustellen Die Vermögensminderung sei damit allein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen.

Der BFH sieht im Streitfall die Tatbestandsvoraussetzungen einer vGA als erfüllt an. Zwar sei
der Charakter der nach Eintritt der auflösenden Bedingung (Besserung der finanziellen Situation des Schuldners) wiederauflebenden Darlehensverbindlichkeit nach ihrem ursprünglichen Entstehungsgrund zu beurteilen. War die Kreditaufnahme ursprünglich betrieblich veranlasst, ändere sich der Charakter der Verbindlichkeit durch den Eintritt des Besserungsfalles nicht. Leiste daher der Schuldner Zahlungen auf die wiederaufgelebte Verbindlichkeit, dann handele es sich um Betriebsausgaben und nicht um vGA.

Im Streitfall stehe aber ein anderer als bisher von der Rechtsprechung entschiedener Sachverhalt zur Beurteilung an: Es kam hier nicht zu einem bloßen Wiederaufleben einer zwischen denselben Personen bestehenden Verbindlichkeit (BFH, Urteil vom 30.05.1990, I R 41/87) oder zu einem Gläubigerwechsel nach Wiederaufleben der Verbindlichkeit (BFH, Urteil vom 12.07.2012, I R 23/11), sondern zu einem Schuldnerwechsel. Über dessen Folgen hat der BFH bislang noch nicht entschieden.

Für den Streitfall kommt der BFH nun zu dem Schluss, dass durch den Schuldnerwechsel der betriebliche Veranlassungszusammenhang durch Umstände überlagert wird, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben. Denn aus der maßgeblichen Sicht des Neuschuldners sei von einer Neubegründung einer Schuld auszugehen, für die zu prüfen sei, ob die Schuldübernahme durch das Verhältnis der Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern veranlasst war. Dies sei im Streitfall zu bejahen.

Die umwandlungssteuerrechtlichen Spezialregelungen stünden im Streitfall auch nicht einem Rückgriff auf die allgemeine Einkommensermittlungsvorschrift des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG entgegen. Denn die vGA-auslösende Vermögensminderung liege zeitlich und gegenständlich außerhalb des Umwandlungsvorganges. Die vGA werde nicht durch den Geschäftsvorfall der Verschmelzung als solchen, sondern durch den "Eintritt des Besserungsfalls", also durch einen Umstand ausgelöst, der der Verschmelzung nachfolgt. Die Vermögensminderung sei nämlich noch nicht mit dem zivilrechtlichen Wirksamwerden der Verschmelzung (Handelsregistereintrag im August 1996) eingetreten, sondern erst mit Ablauf des 31.12.1996, als feststand, dass die Schwesterkapitalgesellschaft in diesem Jahr tatsächlich einen Bilanzgewinn erzielt hatte, also neues Vermögen angefallen war. Also war der Besserungsfall zum umwandlungssteuerrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt ein zukünftiges ungewisses Ereignis.

Betroffene Norm

§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG, § 11 UmwStG
Streitjahre 1995 und 1996

Vorinstanz

Finanzgericht Hamburg vom 29.06.2016, 6 K 236/13, EFG 2016, S. 1721

Fundstelle

BFH, Urteil vom 21.02.2018, I R 46/16 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 30.05.1990, I R 41/87, BStBl II 1991, S. 588
BFH, Urteil vom 12.07.2012, I R 23/11, BFHE 238, S. 344

 

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