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07.04.2016
Unternehmensteuer

BFH: Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 6 UmwStG und § 18 Abs. 2 UmwStG

Sowohl das uneingeschränkte Verlustabzugsverbot nach § 4 Abs. 6 UmwStG als auch die gewerbesteuerliche Nichterfassung eines Übernahmegewinns oder -verlusts gemäß § 18 Abs. 2 UmwStG sind verfassungsgemäß.

Sachverhalt

Der Kläger betrieb ein gewerbliches Einzelunternehmen. Seine Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG wies für 2005 einen Verlust, bedingt durch die Teilwertabschreibung einer in 2003 erworbenen GmbH-Beteiligung, aus. Diese wurde in 2006 auf das Einzelunternehmen verschmolzen. Die zum 01.01.2006 erstellte Eröffnungsbilanz wies aufgrund des negativen Werts des Betriebsvermögens der GmbH einen Übernahmeverlust aus der Verschmelzung aus. Finanzamt und FG versagten die vom Kläger vorgenommene Teilwertabschreibung, weil eine derartige Abschreibung im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung nicht zulässig sei. Auch ein Wechsel zwecks Verlustgeltendmachung wurde abgelehnt, da der Kläger seinen vorgeblichen Willen, zum Bestandsvergleich wechseln zu wollen, nicht durch eine zeitnah erstellte Eröffnungsbilanz bekundet habe. Der vom Kläger geltend gemachte Verlust könne im Rahmen einer Einnahmenüberschussrechnung auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines endgültigen Verlusts der GmbH-Beteiligung berücksichtigt werden. Zudem blieb der auf der Verschmelzung beruhende Übernahmeverlust nach § 4 Abs. 6 UmwStG 2002 und für gewerbesteuerrechtliche Zwecke nach § 18 Abs. 2 UmwStG 2002 unberücksichtigt.

Entscheidung

Das FG sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Beteiligungsaufwand im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung nicht unter dem Gesichtspunkt eines endgültigen Verlusts der Beteiligung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen sei. Bei der Verschmelzung einer bestehenden GmbH könne nicht angenommen werden, dass der Beteiligungsaufwand bereits vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag endgültig verloren sei. Damit blieben zwar die für die Beteiligung aufgewendeten Mittel im Ergebnis unberücksichtigt. Diese Nichtberücksichtigung des Beteiligungsaufwands beruhe aber nicht darauf, dass diese Mittel bereits vor der Verschmelzung endgültig verloren waren, sondern darauf, dass der Gesetzgeber in § 4 Abs. 6 UmwStG 2002 bzw. für die GewSt in § 18 Abs. 2 UmwStG 2002 angeordnet hat, dass ein Übernahmeverlust außer Ansatz bleibt.

Ebenso könne die Teilwertabschreibung nicht infolge eines – auf den 31.12.2005 – vorzunehmenden Wechsels zum Bestandvergleich und einer damit ggf. einhergehenden Abrechnung (im Rahmen der Übergangsgewinnermittlung) gewinnmindernd berücksichtigt werden. Die herrschende Meinung gehe zwar davon aus, dass der übernehmende Rechtsträger, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, für steuerliche Zwecke eine Übernahmebilanz erstellen müsse. Der BFH könne hierfür jedoch keine gesetzliche Grundlage erkennen. Eine solche Verpflichtung per 31.12.2005 ergebe sich insbesondere nicht aus § 4 Abs. 1 UmwStG. Selbst wenn der Kläger verpflichtet gewesen sein sollte auf den 31.12.2005 eine Übernahmebilanz zu erstellen, könnte im Rahmen der Übergangsgewinnermittlung keine gewinnmindernde Abrechnung in Höhe der geltend gemachten Teilwertabschreibung vorgenommen werden.

Denn bei der Einnahmenüberschussrechnung müsste nur dann eine gewinnmindernde Abrechnung in Höhe einer Teilwertabschreibung vorgenommen werden, wenn in der aufzustellenden Bilanz eine GmbH-Beteiligung erstmals mit dem Teilwert anzusetzen wäre. Dies deshalb, weil während der Einnahmenüberschussrechnung eine Teilwertabschreibung nicht möglich war und sich diese infolge des Teilwertansatzes im Rahmen des Bestandsvergleichs künftig nicht mehr auswirken könnte. Im Streitfall fände sich jedoch in der Übernahmebilanz, keine GmbH-Beteiligung mehr, weil diese durch die Verschmelzung untergeht. Daher wäre es ausgeschlossen, eine GmbH-Beteiligung mit dem Teilwert zu bilanzieren und damit einhergehend eine entsprechende Abrechnung vom Gewinn vorzunehmen.

Zur Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 6 UmwStG (III R 13/13)
Nach § 4 Abs. 6 UmwStG bleibt ein Übernahmeverlust außer Ansatz, soweit er auf eine Körperschaft als Mitunternehmerin der Personengesellschaft entfällt.

Es sei nicht möglich, den Wortlaut des § 4 Abs. 6 UmwStG teleologisch dahingehend einzuschränken, dass ein Übernahmeverlust zu berücksichtigen sei, soweit er auf der versagten Teilwertabschreibung beruhe. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber das Verlustabzugsverbot im Tatbestand oder in der Rechtsfolge versehentlich zu weit gefasst habe. Das Verlustabzugsverbot des § 4 Abs. 6 UmwStG sei mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (vgl. BFH-Urteil vom 24.06.2014). Das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel, eine "Einmalbesteuerung" der stillen Reserven sicherzustellen, ließe sich nur für den Preis sehr komplizierter gesetzlicher Regelungen erreichen. Dabei bestünde die weitere Schwierigkeit, die Ausnahmen vom Verlustabzugsverbot punktgenau und gestaltungsfest zu treffen. Daher rechtfertigen Vereinfachungserfordernisse im Ergebnis die vom Gesetzgeber gewählte Lösung. Hinzu komme, dass dem Kläger die Möglichkeit eröffnet war, zwischen verschiedenen Belastungsalternativen (z.B. einer Liquidation) zu wählen.

Zur Verfassungsmäßigkeit von § 18 Abs. 2 UmwStG (III R 12/13)
Der auf der Verschmelzung beruhende Übernahmeverlust bleibt für gewerbesteuerrechtliche Zwecke nach § 18 Abs. 2 UmwStG unberücksichtigt.

Auch diese Regelung sei mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. § 18 Abs. 2 UmwStG durchbreche zwar das objektive Nettoprinzip, soweit der Übernahmeverlust auf dem vom Kläger getragenen Beteiligungsaufwand beruhe. Dieser Verstoß sei jedoch sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe – unter Verfolgung berechtigter Ziele – das Übernahmeergebnis für Zwecke der Gewerbesteuer insgesamt für unbeachtlich erklärt. Es sei daher folgerichtig, dass sowohl die durch den Vermögensübergang verursachten Betriebseinnahmen (Übernahmewert der übertragenen Wirtschaftsgüter) als auch die hierdurch verursachten Betriebsausgaben (Beteiligungsaufwand) nicht berücksichtigt werden.

Betroffene Normen

§ 4 Abs. 6 UmwStG 2002 (= UmwStG 1995 i.d.F. des StSenkG 2001/2002), § 18 Abs. 2 UmwStG (= UmwStG 1995 i.d.F. des StSenkG 2001/2002)

Streitjahre 2005 und 2006 

Vorinstanzen

FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.07.2011, 2 K 123/10 (zu III R 13/13)

FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.07.2011, 2 K 124/10 (zu III R 12/13) 

Fundstellen

BFH, Urteil vom 05.11.2015, III R 13/13, BStBl II 2016, S. 420

BFH, Urteil vom 05.11.2015, III R 12/13, BStBl II 2016, S. 468 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 24.06.2014, VIII R 35/10

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