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07.11.2019
Unternehmensteuer

BFH: Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Zinsen bei durchlaufenden Krediten

Eine Nichtberücksichtigung von Darlehensaufwendungen bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung ist nur statthaft, wenn es sich entweder um einen durchlaufenden Kredit handelt oder ausnahmsweise die Saldierung von Zinsaufwendungen mit Zinserträgen zu berücksichtigen ist. Besteht der Geschäftsweck eines Unternehmens in der Aufnahme und Weiterreichung von Darlehen an eine Tochtergesellschaft, handelt es sich nicht um durchlaufende Kredite. Ob Zinsen für durchlaufende Kredite bei der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung auch unter Geltung des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG i.d.F. des UntStRefG 2008 nicht zu berücksichtigen sind, hat der BFH offengelassen.

Sachverhalt

Eine Holding Ltd. mit Ort der Geschäftsleitung im Inland hatte die Aufnahme und Weiterreichung von Darlehen an eine 100%-ige Tochtergesellschaft zum Geschäftszweck. Die Holding Ltd. nahm ein Darlehen bei einer Bank auf und reichte dieses an die Tochtergesellschaft weiter. Die für das gewährte Darlehen zu entrichtenden Zinsen machte die Bank direkt gegenüber der Tochtergesellschaft geltend. Im Rahmen der Buchhaltung wurde sowohl die Darlehensaufnahme als auch die Darlehensweitergabe separat erfasst. Die Zinsaufwendungen für das aufgenommene Darlehen wurden mit den diesbezüglich generierten Zinserträgen aus der Darlehensweiterreichung saldiert. Finanzamt und FG waren hingegen der Ansicht, dass die Zinsaufwendungen für die Darlehensgewährung von der Bank ohne Saldierung mit den Zinserträgen dem Gewerbeertrag gem. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG hinzuzurechnen sind. 

Entscheidung

Dem ist der BFH gefolgt. Denn eine Nichtberücksichtigung von Darlehensaufwendungen für Zwecke des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG sei nur zulässig, wenn es sich entweder um einen durchlaufenden Kredit handelt oder ausnahmsweise die Saldierung von Zinsaufwendungen mit Zinserträgen zu berücksichtigen ist. Beides sei im Streitfall nicht gegeben.

Vorliegen eines durchlaufenden Kredits

Nach der noch zur Vorgängerfassung des § 8 Nr. 1 GewStG ergangenen Rechtsprechung sind von der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung Zinsen für durchlaufende Kredite auszunehmen, da es sich insoweit um keine Dauerschulden i.S. dieser Vorschrift handelt (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 16.12.2008, I R 82/07).

Für die Annahme eines durchlaufenden Kredits muss der Kredit u.a. zu einem außerhalb des Betriebs des Darlehensnehmers liegenden Zweck verwendet werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26.08.1992, I R 11/92). Demnach muss der Steuerpflichtige den Kredit nicht im eigenen, sondern im fremden Interesse aufgenommen haben (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 15.05.2008, IV R 77/05). Für eine solche Kreditaufnahme im fremden Interesse spricht, wenn gegenüber dem Darlehensgeber offengelegt wird, dass die Darlehensaufnahme für Rechnung eines Dritten erfolgt. Gegen eine Kreditaufnahme im fremden Interesse spricht hingegen, wenn der Darlehensnehmer die Kredite bilanziert und die entsprechenden Zinsen selbst als Aufwand verbucht (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2008, I R 82/07).

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze lag im Streitfall nach Auffassung des BFH kein durchlaufender Kredit vor. Die Holding Ltd. habe das Darlehen in ihrer Bilanz ausgewiesen und die für das Darlehen aufgewendeten Zinsen als eigenen Zinsaufwand geltend gemacht. Ferner habe der betriebliche Zweck der Holding Ltd. gerade in der Aufnahme und Weiterreichung von Darlehen bestanden. Mit der Weiterreichung des Darlehens verfolgte sie damit nicht nur ein fremdes Interesse, sondern erfüllte zugleich ihren eigenen Geschäftszweck, so der BFH.

Saldierung von Zinsaufwendungen und Zinserträgen

Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG vorliegen, ist jedes Schuldverhältnis für sich zu betrachten und die Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse grundsätzlich nicht möglich. Dies gilt entsprechend für die Entgelte für Schulden, zu welchen in erster Linie die laufenden Zinsen i.S. des bürgerlichen Rechts zählen (vgl. BFH-Urteil vom 11.10.2018, III R 37/17).

Ausnahmen von diesem Saldierungsverbot hat die Rechtsprechung nur hinsichtlich mehrerer bei einem Kreditgeber unterhaltener Konten und bei wechselseitig zwischen zwei Personen gegebenen Darlehen anerkannt, wenn die Darlehensverhältnisse gleichartig sind, derselben Zweckbestimmung dienen und regelmäßig tatsächlich miteinander verrechnet werden (Verweis auf die jüngste Rechtsprechung zu Cash-Pooling, vgl. BFH-Urteil vom 11.10.2018, III R 37/17). Im Streitfall habe allerdings keiner dieser Ausnahmefälle vorgelegen.

Betroffene Norm

§ 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG

Streitjahre 2012-2014

Anmerkungen

Übertragbarkeit der zur Vorgängerfassung des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG aufgestellten Grundsätze für durchlaufende Kredite auf die Neufassung?

Die Revision wurde wegen der Rechtsfrage zugelassen, ob die aufgestellten Grundsätze über die Nichtberücksichtigung von durchlaufenden Krediten bei der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Zinsen auch unter Geltung des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG i.d.F. des UntStRefG 2008 zu berücksichtigen sind. Diese Fragestellung konnte der BFH schlussendlich aber offenlassen, da er zu dem Ergebnis kam, dass im Streitfall kein durchlaufender Kredit vorlag. Damit ist auch weiterhin die Anwendung der gewerbesteuerlichen Grundsätze für durchlaufende Kredite im Rahmen der aktuellen Rechtslage höchstrichterlich nicht geklärt. 

Vorinstanz

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 15.04.2016, 3 K 145/15, EFG 2016, S. 1460 

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17.07.2019, III R 24/16, lt. BMF Schreiben vom 24.01.2020 zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 11.10.2018, III R 37/17, BStBl II 2019, S. 275, siehe Deloitte Tax-News  

BFH, Urteil vom 16.12.2008, I R 82/07, BFH/NV 2009, S. 1143

BFH, Urteil vom 15.05.2008, IV R 77/05, BStBl II 2008, S. 767

BFH, Urteil vom 26.08.1992, I R 11/92

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