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11.10.2018
Unternehmensteuer

BFH: Gewerbesteuer bei Veräußerung eines Mitunternehmeranteils bei doppelstöckiger Personengesellschaft

Bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft ist der Gewinn einer als Mitunternehmer beteiligten Personengesellschaft (Obergesellschaft) aus der Veräußerung ihres Mitunternehmeranteils Teil des Gewerbeertrags der Untergesellschaft. Dies gilt selbst dann, wenn die veräußernde Obergesellschaft nur in Folge ihrer gewerblichen Beteiligungseinkünfte insgesamt gewerbliche Einkünfte erzielt und an ihr zum Zeitpunkt der Veräußerung des Mitunternehmeranteils ausschließlich natürliche Personen beteiligt sind. Der BFH sieht keine Regelungslücke in der Vorschrift des § 7 S. 2 Nr. 2 GewStG. Die Beteiligung einer – abgesehen von der mitunternehmerischen Beteiligung an der Untergesellschaft – vermögensverwaltenden Obergesellschaft ist nicht der unmittelbaren Beteiligung einer natürlichen Person gleichzustellen ist.

Sachverhalt

Die als Kommanditistin an der A-GmbH & Co. KG (A-KG, Untergesellschaft) beteiligte W-KG (Obergesellschaft) verkaufte im Streitjahr 2002 ihren Kommanditanteil, wodurch sie einen Veräußerungsgewinn erzielte. Zum Zeitpunkt der Veräußerung waren an der W-KG als Komplementäre und Kommanditisten ausschließlich natürliche Personen beteiligt. Neben ihrer Beteiligung an der A-KG war die W-KG ausschließlich vermögensverwaltend tätig.

Den von der W-KG erzielten Veräußerungsgewinn berücksichtigte die A-KG nicht. Nach einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass der Gewinn der W-KG aus der Veräußerung ihres Kommanditanteils zum Gewerbeertrag der A-KG gehöre. Die dagegen erhobene Klage wies das FG ab. 

Entscheidung

Der BFH kommt in Übereinstimmung mit der Auffassung des FG zu dem Schluss, dass der Veräußerungsgewinn der W-KG gemäß § 7 S. 2 Nr. 2 GewStG zum Gewerbeertrag der A-KG gehört.

Obergesellschaft keine vermögensverwaltende Personengesellschaft

Der Rechtsauffassung der Klägerin, der Veräußerungsgewinn unterfalle nicht der Regelung des § 7 S. 2 Nr. 2 GewStG, weil die W-KG im Streitjahr als vermögensverwaltende Personengesellschaft anzusehen sei, ist nach Ansicht des BFH nicht zu folgen.

Die W-KG war als Mitunternehmerin an der gewerblich tätigen A-KG beteiligt (doppelstöckige Personengesellschaft). Als solche erzielte die W-KG aus ihrer Beteiligung gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Diese gewerblichen Beteiligungseinkünfte führen dazu, dass eine von der W-KG im Streitjahr unternommene (weitere) Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt. Die W-KG war somit aufgrund ihrer Beteiligung an der A-KG nicht als vermögensverwaltende Personengesellschaft anzusehen.

Verfassungsmäßigkeit von § 7 S. 2 Nr. 2 GewStG

Der im Streitfall anzuwendende § 7 S. 2 Nr. 2 GewStG ist verfassungsgemäß (vgl. BVerfG-Urteil vom 10.04.2018). Nach der Vorschrift gehört zum Gewerbeertrag (auch) der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

Keine Gleichstellung von unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen natürlicher Personen

Für mittelbar beteiligte natürliche Personen ist weder nach dem Wortlaut der Vorschrift noch nach dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachten Normzweck eine solche Einschränkung (Gewerbesteuerfreiheit) vorgesehen. Vielmehr ist der Gewinn Teil des Gewerbeertrags der Untergesellschaft, soweit er – wie im Streitfall – auf eine als Mitunternehmer beteiligte Personengesellschaft (Obergesellschaft) entfällt (vgl. BFH-Urteil vom 22.07.2010). Dies gilt nach Auffassung des BFH selbst dann, wenn bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft an der veräußernden Obergesellschaft zum Zeitpunkt der Veräußerung des Mitunternehmeranteils ausschließlich natürliche Personen beteiligt sind.

Eine Gleichstellung von mittelbaren und unmittelbaren Beteiligungen natürlicher Personen ist nicht zulässig.

Keine Regelungslücke in § 7 S. 2 GewStG

Die von der Klägerin begehrte Auslegung des § 7 S. 2 GewStG im Wege der „teleologischen Extension" mit dem Ergebnis, dass die Beteiligung einer – abgesehen von einer mitunternehmerischen Beteiligung an einer anderen Personengesellschaft – vermögensverwaltenden Personengesellschaft der unmittelbaren Beteiligung einer natürlichen Person gleichzustellen ist, kommt nach Auffassung des BFH nicht in Betracht. „Teleologische Extension" setzt eine Regelungslücke voraus (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 02.12.2015), die der BFH in § 7 S. 2 GewStG nicht sieht. Zudem führt die Norm zu keinem offenkundig sinnwidrigen Ergebnis.

Betroffene Norm

§ 7 S. 2 Nr. 2 GewStG
Streitjahr 2002

Vorinstanz

Finanzgericht Bremen, Urteil vom 18.08.2010, 2 K 94/09 (5), EFG 2011, S. 723

Fundstelle

BFH, Urteil vom 19.07.2018, IV R 39/10, BStBl. II 2019, S.77

Weitere Fundstellen

BVerfG, Urteil vom 10.04.2018, 1 BvR 1236/11, BStBl II 2018, S. 303, siehe Deloitte Tax-News  
BFH, Urteil vom 02.12.2015, V R 25/13, BStBl II 2017, S. 547, siehe Deloitte Tax-News  
BFH, Urteil vom 22.07.2010, IV R 29/07, BStBl II 2011, S. 511, siehe Deloitte Tax-News 

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