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24.10.2019
Unternehmensteuer

BFH: Einlagefähigkeit des kommerzialisierbaren Teils des Namensrechts

Unabhängig vom zivilrechtlichen Streit, ob der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts einer natürlichen Person (endgültig) übertragbar ist, stellt diese Rechtsposition ertragsteuerrechtlich ein Wirtschaftsgut dar und ist daher einlagefähig. Vom Einlagewert können Abschreibungen vorgenommen werden.

Sachverhalt

Die Klägerin, zunächst Arbeitnehmerin und ab 2002 selbständige Beraterin der X-Gruppe, gewährte der X im Rahmen eines Lizenzvertrags gegen eine gesonderte Vergütung das ausschließliche Recht, Produkte mit ihrem Namen zu versehen und Marken eintragen zu lassen, zu deren Bestandteilen auch ihr Name gehört. Im Streitjahr 2003 wurde der Beratungs- und Lizenzvertrag zwischen der Klägerin und X aufgehoben und X übertrug die eingetragenen Marken unentgeltlich auf die Klägerin. Zum selben Zeitpunkt übertrug die Klägerin die eingetragenen Marken sowie das ausschließliche Nutzungsrecht an ihrem Namen durch einen Markenkauf- und Übertragungsvertrag weiter auf die Y-Gruppe. Als Gegenleistung hatte Y eine feste Vergütung sowie (für zwei Jahre) umsatzabhängige Beträge zu zahlen. Zusätzlich schlossen die Klägerin und Y einen Beratervertrag.

Das Finanzamt behandelte die Einnahmen aus der Übertragung der Markenrechte und für die Überlassung des Namensrechts als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Überlassung von Rechten). Dies gelte nach Ansicht des Finanzamtes deshalb, weil es sich bei dem Namensrecht einer natürlichen Person nicht um ein Wirtschaftsgut handele, es somit nicht einlagefähig sei, sodass das Namensrecht der Klägerin nur zu deren Privatvermögen gehört haben könne. Das FG ordnete das Namensrecht und die Marken hingegen dem notwendigen Betriebsvermögen zu und nahm Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. Offen ließ es, ob die Namensrechte ebenfalls veräußert oder mangels gesonderter Gegenleistung lediglich zur Nutzung überlassen wurden. Die Klägerin beanstandete, dass das FG dem Namensrecht keinen Wert zugemessen habe. Es hätte ihrer Ansicht nach hierfür ein Einlagewert ermittelt werden müssen, der einem Veräußerungserlös gegenüberzustellen sei.

Entscheidung

Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass die die Klägerin mit der Beratungstätigkeit sowie der Überlassung ihres Namens (jedenfalls ab 2002) dem Grunde nach gewerbliche Einkünfte i.S. von § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erzielt hat. Zum Betriebsvermögen dieses Gewerbebetriebs gehörten sowohl der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts als auch – für eine logische Sekunde – die Markenrechte.

Vorliegen von Einkünften aus Gewerbebetrieb

Die Lizenzvergabe der Klägerin an X stand nach Ansicht des BFH seit 2002 in einem engen Zusammenhang mit der seinerzeit aufgenommenen Beratungstätigkeit, so dass von einem einheitlichen Betrieb auszugehen sei. Auch für die Zeit, nachdem die Klägerin für Y tätig wurde, sei die Beratungstätigkeit objektiv erkennbar so mit dem Markenkauf- und Übertragungsvertrag verknüpft, dass ein einheitlicher Betrieb vorgelegen habe. Diese einheitliche Tätigkeit sei zudem vornehmlich gewerblich geprägt, da die Betätigungen der Klägerin schwerpunktmäßig auf den Vertrieb von Produkten, die mit ihrem Namen gekennzeichnet sind, – und damit zugleich auf die Vermarktung ihres Namens – gerichtet waren.

Umfang des Betriebsvermögens

Notwendiges Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs sind die Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb dergestalt unmittelbar dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 10.04.2019, X R 28/16). Danach waren der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts der Klägerin (jedenfalls ab 2002) sowie die Markenrechte (für eine logische Sekunde) dem notwendigen Betriebsvermögen ihres Gewerbebetriebs zuzuordnen, so der BFH. Denn die Klägerin habe mit der kommerziellen Verwertung ihres Namens erhebliche Betriebseinnahmen erzielt, die zudem das Entgelt für die Beratungsleistung deutlich überstiegen.

Kommerzialisierbarer Teils des Namensrechts ist Wirtschaftsgut

Auch wenn die Frage, ob der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts zivilrechtlich übertragbar ist, bisher von der BGH-Rechtsprechung nicht entschieden wurde, stellt dieser nach Ansicht des BFH ertragsteuerrechtlich ein Wirtschaftsgut dar.

Der steuerliche Begriff des Wirtschaftsguts umfasst u.a. auch Vorteile für den Betrieb, die nach der Verkehrsauffassung einer besonderen Bewertung zugänglich sind (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 05.06.2008, IV R 67/05). Das Merkmal der selbständigen Bewertbarkeit wird üblicherweise dahingehend konkretisiert, dass ein Erwerber des gesamten Betriebs in dem Vorteil einen greifbaren Wert sehen würde, für den er im Rahmen des Gesamtpreises ein ins Gewicht fallendes besonderes Entgelt ansetzen würde (vgl. BFH-Urteil vom 10.08.1989, X R 176-177/87). Dementsprechend haben der BFH und andere Finanzgerichte bereits in früheren Entscheidungen die Eigenschaft des kommerzialisierbaren Teils des Namensrechts als Wirtschaftsgut bejaht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16.12.2009, I R 97/08). 

Dies voraussetzend weist der BFH darauf hin, dass auch wenn das Namensrecht (jedenfalls im Ganzen) nicht übertragbar sei, die Rechtspraxis Wege gefunden habe, seinen kommerzialisierbaren Teil gleichwohl entgeltlich einem Dritten zu überlassen und dadurch wirtschaftlich zu verwerten. Wer den kommerzialisierbaren Teil des Namensrechts einer bekannten Person aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarungen nutzen darf, verfüge zugleich über die Möglichkeit, zumindest im Rahmen des Verkaufs des gesamten Betriebs ein besonderes Entgelt für diese Rechte erhalten zu können. Wenn im Rechtsverkehr tatsächlich ein Entgelt für die Überlassung des kommerziell verwertbaren Teils des Namensrechts gezahlt wird, zeige sich daran zugleich die selbständige Bewertbarkeit dieses Rechts.

Einlagefähigkeit

Der Große Senat des BFH hat in dem Beschluss vom 26.10.1987 (GrS 2/86) die Auffassung vertreten, dass selbst ein (dingliches oder obligatorisches) Nutzungsrecht, das als Wirtschaftsgut anzusehen ist, nicht einlagefähig ist. In Abgrenzung zu dieser Entscheidung kommt der BFH für das Namensrecht einer bekannten Person zu dem Schluss, dass es sich hierbei nicht nur um ein bloßes Nutzungsrecht handelt. Denn bejahe man die Eigenschaft als Wirtschaftsgut aufgrund des Umstands, dass Dritte bereit sind, für die Überlassung der Nutzung des Namens einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen, spreche nichts gegen die Einlagefähigkeit dieses Wirtschaftsguts gem. § 4 Abs. 1 S. 8 EStG in einen Gewerbebetrieb der Namensträgerin, in dem das Namensrecht tatsächlich kommerziell verwertet wird. Gegenstand einer solchen Einlage – und damit das maßgebende Wirtschaftsgut – sei nicht lediglich ein Nutzungsvorteil oder Nutzungsrecht, sondern der am Markt bestätigte kommerzialisierbare Teil des Namensrechts selbst.

Markenrechte sind notwendiges Betriebsvermögen

Nach Auffassung des BFH gehörten auch die in 2003 von X unentgeltlich erworbenen Markenrechte als immaterielle Wirtschaftsgüter zum notwendigen Betriebsvermögen des Gewerbebetriebs der Klägerin. Sie hat die Marken sofort nach dem Erwerb von X an Y weiterveräußert. Die Übertragung der Markenrechte sei essentieller Bestandteil der Vereinbarungen mit Y gewesen, mit der die Klägerin beträchtliche Betriebseinnahmen erzielte. Die Markenrechte waren mithin objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz in ihrem Betrieb bestimmt und deshalb – für eine logische Sekunde zwischen Erwerb und Weiterveräußerung – dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen.

Einlagewert des Namensrechts

Auf dieser Grundlage habe das FG im zweiten Rechtsgang einen Einlagewert für das Namensrecht zu ermitteln und zudem aufgrund einer Auslegung der maßgebenden Verträge zu entscheiden, ob dieses Recht endgültig übertragen oder lediglich zeitlich begrenzt zur Nutzung überlassen wurde.

Für den erstgenannten Fall der endgültigen Übertragung des kommerzialisierbaren Teils des Namensrechts gibt der BFH den Hinweis, dass der Buchwert (Einlagewert) vom Veräußerungserlös abzuziehen sei. Für den zweiten Fall einer zeitlich begrenzten Nutzungsüberlassung seien Absetzungen für Abnutzungen vom Einlagewert vorzunehmen.

Keine Anwendbarkeit der Spezialregelung des § 11d Abs. 2 EStDV

Unter Zugrundelegung der Spezialregelung des § 11d Abs. 2 EStDV ist der Große Senat des BFH in seinem Beschluss vom 04.12.2006, GrS 1/05, für Bodenschätze zu dem Ergebnis gekommen, dass von einem im Privatvermögen entdeckten Bodenschatz, der bei seiner Einlage in ein Betriebsvermögen mit dem Teilwert anzusetzen ist, keine Absetzungen für Substanzverringerung (AfS) vorgenommen werden dürfen. In Abgrenzung zu diesem Beschluss hält der BFH die Regelung des § 11d Abs. 2 EStDV nicht für auf andere Wirtschaftsgüter übertragbar. Der BFH ist der Ansicht, dass wenn der Verordnungsgeber den Anwendungsbereich des § 11d Abs. 2 EStDV hätte erweitern wollen, er dies getan hätte. Somit stehe diese Spezialregelung der Vornahme von AFA auf das Namensrecht nicht entgegen. 

Betroffene Norm

§ 4 Abs. 1 S. 8 EStG, § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG

Streitjahr 2003

Fundstelle

BFH, Urteil vom 12.06.2019, X R 20/17, lt. BMF Schreiben vom 24.01.2020 zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 10.04.2019, X R 28/16, BStBl II 2019, S. 474, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil vom 16.12.2009, I R 97/08, BStBl II 2010, S. 808, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil vom 05.06.2008, IV R 67/05, BStBl II 2008, S. 960

BFH, Urteil vom 10.08.1989, X R 176-177/87, BStBl II 1990, S. 15

Großer Senat des BFH, Beschluss vom 26.10.1987, GrS 2/86, BStBl II 1988, S. 348

Großer Senat des BFH, Beschluss vom 04.12.2006, GrS 1/05, BStBl II 2007, S. 508

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