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01.02.2013
Private Einkommensteuer

FG Baden-Württemberg: Höchstbetrag für häusliches Arbeitszimmer objektbezogen

Mit Urteilen vom 15.12.2016 hat der BFH der objektbezogenen Betrachtung des FG Baden-Württemberg widersprochen und geht von einem personenbezogenen Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer aus (Änderung der Rechtsprechung).
BFH, Urteile vom 15.12.2016, VI R 53/12 und VI R 86/13, siehe Deloitte Tax-News
                                                                                              

FG Baden-Württemberg (Vorinstanz):
Der für ein häusliches Arbeitszimmer als abziehbare Aufwendungen vorgesehene Höchstbetrag von 1.250 Euro ist objektbezogen und nicht personenbezogen. Die Regelung knüpft nach Auffassung des BFH nur an das Vorhandensein des Arbeitszimmers, nicht jedoch an den Aufwand des einzelnen Steuerpflichtigen oder an die Zahl der darin tätigen Personen an.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob der für ein häusliches Arbeitszimmer vorgesehene Höchstbetrag der abziehbaren Aufwendungen (1.250 Euro) personenbezogen oder objektbezogen ist.

Die Kläger (Eheleute) sind beide Lehrer und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Familienwohnsitz gehört den Klägern je zur Hälfte. Für ihre betriebliche oder berufliche Tätigkeit steht den Klägern kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, das Arbeitszimmer bildet jedoch nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit. In ihren Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2008 machten die Kläger Aufwendungen für zwei Arbeitszimmer in Höhe von jeweils 1.250 Euro geltend. Die Kläger gaben an, die Fläche des Arbeitszimmers betrage rund 26 qm, und fügten Grundrisse bei, aus denen sich ergab, dass es sich in Wahrheit um nur ein Arbeitszimmer handelte. Die auf das Arbeitszimmer entfallenden Kosten (2.866,48 Euro in 2007, 2.762,61 Euro in 2008) ordneten sich die Kläger je zur Hälfte als Werbungskosten zu.

Das Finanzamt berücksichtigte die Kosten nur für ein Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 Euro und rechnete diesen Betrag als Werbungskosten den Klägern je zur Hälfte zu.

Entscheidung

Die Klage ist unbegründet und deshalb abzuweisen. Das Finanzamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Höchstbetrag für ein häusliches Arbeitszimmer nach der Rechtsprechung des BFH objektbezogen und nicht personenbezogen ist.

Nutzen - wie vorliegend - Ehegatten gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer, steht nach der Rechtsprechung des BFH (zuletzt BFH-Urteil vom 23.09.2009) einem Ehegatten, der seine Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer beschränkt abziehen kann (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 HS 1 EStG), der Höchstbetrag nach dieser Vorschrift nur anteilig zu. Die Abzugsbeschränkung ist objektbezogen; die abziehbaren Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind damit unabhängig von der Zahl der nutzenden Personen auf 1.250 Euro begrenzt (BFH-Urteil vom 20.11.2003). Diese Auffassung wird von der Finanzverwaltung (z.B. BMF-Schreiben vom 02.03.2011) vollumfänglich, in der Literatur hingegen nur teilweise geteilt. Das FG schließt sich der Auffassung des BFH trotz der Einwendungen der Kläger ebenfalls an.

Der BFH hat seine Auffassung damit begründet, dass für die objektbezogene Abzugsbeschränkung zunächst der Wortlaut spreche. Die Regelung knüpfe nur an das Vorhandensein des Arbeitszimmers, nicht jedoch an den Aufwand des einzelnen Steuerpflichtigen oder an die Zahl der darin tätigen Personen an. Die Objektbezogenheit der Regelung werde zudem durch die Gegenüberstellung mit der unbegrenzten Abzugsmöglichkeit deutlich. Der Gesetzgeber habe darin zum Ausdruck gebracht, dass er in Ausnahmefällen den Abzug der Aufwendungen der Höhe nach begrenzt bis zu 1.250 Euro, in eng umgrenzten weiteren Ausnahmefällen aber unbegrenzt zulassen will. Durch eine Verdoppelung oder gar Vervielfachung des begrenzten Abzugsbetrages würde die vom Gesetzgeber für den Regelfall beabsichtigte Deckelung der tatsächlichen Aufwendungen einem unbegrenzten Abzug nahe kommen und damit die Unterscheidung der beiden Tatbestandsalternativen faktisch wieder aufgehoben. Gegen eine Verdoppelung oder Vervielfachung des Begrenzungsbetrages spreche zudem, dass die Raumaufwendungen bei Mehrfachnutzung weitgehend identisch sind mit den Raumaufwendungen bei der Nutzung durch nur eine Person. Höhere Aufwendungen entstehen bei der Mehrfachnutzung eines Arbeitszimmers vor allem für die Einrichtung. Auf diese Aufwendungen erstrecke sich § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG jedoch ohnehin nicht.

Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.07.2010 ergibt sich - entgegen der Auffassung der Kläger - ebenso wenig etwas anderes wie aus dem Gleichheitssatz. Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass ihnen der Höchstbetrag von 1.250 Euro zweimal gewährt werden würde, wenn sie zwei steuerrechtlich anzuerkennende Arbeitszimmer statt einem nutzten. Das BVerfG hat jedoch ausdrücklich betont, dass angesichts der möglichen vielfältigen Faktoren, von denen die Entscheidungen der Steuerpflichtigen über Lage, Größe und Qualität ihrer Wohnung einschließlich eines Arbeitszimmers abhängen, der Ansatz einer grob pauschalierenden Höchstgrenze, wie sie nach der Vorgängerregelung bestimmt war, verfassungsrechtlich unbedenklich ist. So liegt es letztlich auch hier: Ob z.B. die Kläger die –ebenfalls im Dachgeschoss liegenden – zwei kleineren Zimmer jeweils einzeln (Höchstbetrag 2 x 1.250 Euro) oder das größere Zimmer gemeinsam (Höchstbetrag 1 x 1.250 Euro) als Arbeitszimmer nutzen, war (und ist) letztlich ihre (in ganz erheblichem Umfang „privat“ motivierte) Entscheidung, zumal sie damals noch keine zwei Kinder hatten. Hätten sich die Kläger als dritte Möglichkeit z.B. dafür entschieden, ihre Büroarbeiten statt in einem (oder zwei) separaten Arbeitszimmer(n) lieber in einem (25,89 qm größeren) Wohnzimmer mit zu erledigen, wäre möglicherweise gar kein Abzug zu gewähren gewesen. Diese unterschiedlichen Rechtsfolgen – je nach Disposition des Steuerpflichtigen – sind jedoch – entgegen der Auffassung der Kläger - keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, sondern die Folge unterschiedlicher Sachverhalte. Ein Anspruch darauf, dass der Gesetzgeber alle möglichen Handlungsalternativen eines Steuerpflichtigen vollkommen gleich behandelt, besteht von Verfassungswegen nicht.

Die Revision war zuzulassen, weil die Kläger Gesichtspunkte vorgetragen haben, die eine erneute Prüfung der sich im Streitfall stellenden Rechtsfrage durch den BFH erforderlich erscheinen lassen.

Betroffene Norm
§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 HS 1 i.V.m. § 52 Abs. 12 S. 9 EStG; § 9 Abs. 5 S. 1 EStG
Streitjahre 2006 bis 2008

Fundstellen
BFH, Urteile vom 15.12.2016, VI R 53/12 und VI R 86/13, siehe Deloitte Tax-News
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 12.07.2012, 3 K 447/12

Weitere Fundstellen  
BFH, Urteil vom 23.09.2009, IV R 21/08, BStBl II 2010, S. 337, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 20.11.2003, IV R 30/03, BStBl II 2004, S. 775
BMF, Schreiben vom 02.03.2011, BStBl I 2011, S. 195, Tz. 21, siehe Deloitte Tax-News
BVerfG, Beschluss vom 06.07.2010, 2 BvL 13/09, BFH/NV 2010, S. 1767, siehe Deloitte Tax-News

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