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07.10.2011
Private Einkommensteuer

BFH: Wirtschaftliches Eigentum an einer Beteiligung i.S.v. § 17 EStG

Die Position eines Gesellschafters vermittelt kein wirtschaftliches Eigentum an einem Gesellschaftsanteil, wenn keine tatsächliche freie Verfügungsbefugnis erworben wird. Dies gilt z.B. dann, wenn es dem Gesellschafter zu keinem Zeitpunkt möglich ist, die aus seiner wesentlichen Beteiligung (§ 17 EStG) resultierenden Rechte - jenseits der Mitwirkung an einer Kapitalerhöhung - auszuüben.

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb mit notariellem Vertrag vom 16./17.07.1999 zunächst einen Geschäftsanteil von 12,6 % an der K GmbH von der alleinigen Gesellschafterin, der H GmbH. Sodann wurde unter Verzicht auf alle Frist- und Formvorschriften eine Gesellschafterversammlung der K GmbH abgehalten und eine Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft beschlossen. Damit verminderte sich die Beteiligung des Klägers auf 0,0208 %. Erst dann wurde der Vertrag von den Vertragsparteien unterzeichnet und notariell beurkundet. Am 22.08.2000 veräußerte der Kläger seinen Gesellschaftsanteil. Das Finanzamt besteuerte den Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.

Der Kläger habe die Beteiligung in Höhe von 12,6 % von Seiten der ehemaligen Alleininhaberin sämtlicher Geschäftsanteile, der H GmbH, nur zu dem Zweck erhalten, um in der unmittelbar anschließend folgenden Gesellschafterversammlung an der Herstellung der von Anfang an zwischen den Geschäftspartnern verabredeten Gesellschaftsstruktur mitzuwirken. Es habe auch von Anfang an festgestanden, dass der Kläger keine vermögensrechtlichen Ansprüche aus dieser Beteiligung in Höhe von 12,6 % würde geltend machen können.

Entscheidung

Das FG ist zu Unrecht von einer wesentlichen Beteiligung des Klägers (§ 17 Abs. 1 EStG) an der K GmbH ausgegangen und hat den Gewinn aus der Veräußerung des Geschäftsanteils des Klägers der Besteuerung unterworfen.

Eine Veräußerung i.S. von § 17 EStG wird mit der entgeltlichen Übertragung des (zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen) Eigentums durch den Veräußerer auf den Erwerber verwirklicht (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 09.10.2008). Wirtschaftliches Eigentum erlangt, wer nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte, insbesondere Gewinnbezugs- und Stimmrecht) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann (BFH-Urteil vom 18.05.2005). Bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Eigentums ist nicht das formal Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte ausschlaggebend (BFH-Urteil vom 09.10.2008).

Der Kläger hat vor der Kapitalerhöhung keine tatsächliche freie Verfügungsbefugnis über eine Beteiligung von 12,6 % erworben. Es war ihm zu keinem Zeitpunkt möglich, aus einer wesentlichen Beteiligung resultierende Rechte - jenseits der Mitwirkung an der Kapitalerhöhung - auszuüben. Seine Position bestand allein in der gebundenen Mitwirkung an der Herstellung der vorweg vereinbarten Gesellschaftsstruktur unter Reduzierung der eigenen Beteiligungsquote. Die aus der Beteiligung resultierenden Verwaltungsrechte standen dem Kläger ausschließlich in Gestalt einer einmaligen vorweg gebundenen Stimmrechtsausübung zu. Für die tatsächliche Wahrnehmung von vermögensrechtlichen Ansprüchen ließ die konkrete Vertragsgestaltung keinerlei Raum.

Betroffene Norm

§ 17 Abs. 1 EStG, § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO
Streitjahr 2000

Vorinstanz

Finanzgericht Köln, Urteil vom 17.03.2010, 2 K 1049/03, EFG 2010, S. 1499, siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 25.05.2011, IX R 23/10, BStBl II 2012, S. 3 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 09.10.2008, IX R 73/06, BStBl II 2009, S. 140
BFH, Urteil vom 18.05.2005, VIII R 34/01, BStBl II 2005, S. 857

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