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08.04.2011
Private Einkommensteuer

BFH: Verluste aus Währungskursschwankungen

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren zusammen veranlagte Eheleute. Im Rahmen des Anlagekonzepts der von den Klägern beauftragten X Finanzberatungs-GmbH (X) nahmen die Kläger zu unterschiedlichen Zeitpunkten verschiedene Darlehen zumeist in Japanischen Yen (JPY), aber auch in Schweizer Franken (CHF) auf. Die Darlehensvaluta verwendeten sie zum Teil dazu, andere Fremdwährungsdarlehen abzulösen, zum anderen Teil aber dazu, Valuten in anderen Fremdwährungen (CHF, Dänische, Schwedische oder Norwegische Kronen) zu erwerben. Diese anderen Fremdwährungsbeträge tauschten sie bei Fälligkeit der JPY-Darlehen oder CHF-Darlehen zum Zweck der Rückzahlung jeweils wieder in JPY oder CHF um. Zweck dieses Anlagekonzepts war es u.a., Erträge aus Zinsdifferenzen zu erwirtschaften. In einer von der X erstellten "wirtschaftlichen" Aufstellung für das Streitjahr waren für die Zeitpunkte der Aufnahme und der Rückzahlung der Fremdwährungsdarlehen (in JPY oder CHF) die Valuten in Euro umgerechnet und einander gegenübergestellt. Die Darlehensaufnahme (in YPY oder CHF) war als Veräußerung und die Tilgung als Anschaffung ausgewiesen. Daraus ermittelten die Kläger Veräußerungsverluste, die sie in ihre Einkommensteuererklärung übernahmen. Das Finanzamt berücksichtigte die Verluste nicht, da es an der Anschaffung und Veräußerung identischer Wirtschaftsgüter fehle. Das FG hat die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage abgewiesen.

Entscheidung

Das FG hat es zu Recht abgelehnt, die von den Klägern erklärten Verluste aus der Aufnahme und Tilgung von Fremdwährungsdarlehen als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen abzuziehen.

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen sind Währungsgewinne und -verluste in der Zeit bis zur Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich steuerlich unbeachtlich, da sie wirtschaftlich nicht durch die Erzielung von Kapitaleinkünften, sondern durch die private Vermögenssphäre veranlasst sind (vgl. Urteile des BFH vom 09.10.1979 und vom 24.10.2000). Die Verluste der Kläger sind wegen des spekulativen Charakters des Anlagekonzepts nicht durch das Erzielen von Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern durch das steuerrechtlich unbeachtliche Ausnutzen von Wertveränderungen in der nicht steuerbaren privaten Vermögenssphäre veranlasst (vgl. BFH-Urteil 22.09.2005).

Auch haben die Kläger die Darlehensverbindlichkeiten in Fremdwährung weder i.S. des § 23 EStG angeschafft noch veräußert. "Anschaffung" ist der entgeltliche Erwerb eines bereits vorhandenen Wirtschaftsguts von einem Dritten. Durch die Aufnahme der Darlehen haben die Kläger die Darlehensverbindlichkeiten zur Entstehung gebracht, nicht aber von einem Dritten erworben. "Veräußerung" ist die entgeltliche Übertragung auf einen Dritten.

Ebenso haben die Kläger die jeweils darlehensweise empfangene Valuta in Fremdwährung weder angeschafft noch veräußert. Fremdwährungsbeträge werden angeschafft, wenn sie im Tausch gegen eine andere Währung erworben werden. Sie werden veräußert im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie in inländische Währung zurückgetauscht oder in eine andere Fremdwährung umgetauscht werden (vgl. BFH-Urteile vom 02.05.2000, IX R 73/98 und IX R 74/96). Erst in dem durch den günstigen (oder ungünstigen) Rücktausch erhöhten (oder verminderten) Betrag in einer anderen (inländischen oder fremden) Währung liegt der Zufluss des "Veräußerungspreises" (BFH-Urteil vom 02.05.2000, IX R 74/96). Im Streitfall haben die Kläger jeweils für den Empfang der Valuta in Fremdwährung keine andere Währung als Gegenleistung hingegeben, sondern sich durch den jeweiligen Darlehensvertrag lediglich verpflichtet, einen gleich hohen Betrag in derselben Währung am Ende der Laufzeit zurückzuzahlen. Darin liegt keine Anschaffung i.S. des § 23 EStG. Bei Rückzahlung der Darlehen haben die Kläger die Valuta auch nicht veräußert, denn sie haben keine Gegenleistung erhalten, sondern sind lediglich von ihrer Rückzahlungspflicht befreit worden. Durch Darlehensaufnahme und -rückzahlung hat kein Tausch in eine andere (inländische oder fremde) Währung stattgefunden. Allein die gedankliche Umrechnung in inländische Währung zu den Stichtagen der Darlehensaufnahme und der Darlehensrückzahlung reicht für die Annahme eines Veräußerungsgeschäftes nicht aus.

Obwohl die Entscheidung des FG den vorstehenden rechtlichen Maßstäben entspricht, ist sie aufzuheben. Nach den Feststellungen des FG ist nicht auszuschließen, dass den Klägern bei der Umschichtung ihrer Fremdwährungsdarlehen die jeweils darlehensweise überlassene Valuta vorübergehend zur Verfügung stand und sodann in andere Fremdwährungsbestände getauscht worden ist. Darin läge dann eine Anschaffung dieser anderen Fremdwährungsbestände. Deren neuerlicher Rück- oder Umtausch wäre eine Veräußerung, so dass insoweit Veräußerungsgeschäfte gemäß § 23 EStG in Betracht kommen. Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang die einzelnen Umtauschvorgänge nachverfolgen und beurteilen müssen.

Betroffene Normen

§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, § 22 Nr. 2 EStG, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG
Streitjahr 2002

Vorinstanz

Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.05.2007, 3 K 1667/04, EFG 2007, S. 1513

Fundstelle

BFH, Urteil vom 30.11.2010, VIII R 58/07, BStBl II 2011, S. 491

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 09.10.1979, VIII R 67/77, BStBl II 1980, S. 116
BFH, Urteil vom 24.10.2000, VIII R 28/99, BStBl II 2001, S. 97
BFH, Urteil vom 22.09.2005, IX R 44/03, BFH/NV 2006, S. 279
BFH, Urteil vom 02.05.2000, IX R 73/98, BStBl II 2000, S. 614
BFH, Urteil vom 02.05.2000, IX R 74/96, BStBl II 2000, S. 469

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