BFH: Gewinnvortrag mindert nicht Veräußerungsgewinn
Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns einer im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Beteiligung sind die auf den Verkäufer entfallenden anteiligen Gewinnvorträge sowie der anteilige Jahresüberschuss der GmbH als preisbildender Bestandteil des veräußerten Anteils zu sehen. Sie stellen keine (nachträglichen) Anschaffungskosten dar und mindern nicht den Veräußerungsgewinn.
Sachverhalt
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war zu 50 % an einer GmbH beteiligt. Zum 31.12.2003 wies die Bilanz der GmbH einen Gewinnvortrag sowie einen Jahresüberschuss für 2003 aus, der vorgetragen werden sollte. Im Juli 2004 verkaufte der Kläger seinen Geschäftsanteil an seinen Mitgesellschafter, wobei er auf den ihm anteilig zustehenden Jahresüberschuss aus dem Geschäftsjahr 2003 sowie den ihm anteilig zustehenden Gewinnvortrag aus früheren Jahren verzichtete. Streitig ist, ob der anteilige Gewinnvortrag und der anteilige Jahresüberschuss 2003 den Veräußerungsgewinn mindern.
Entscheidung
Der anteilige Gewinnvortrag und der anteilige Jahresüberschuss sind - entgegen der Ansicht des FG - keine Anschaffungskosten des Klägers und sind somit nicht bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns mindernd zu berücksichtigen.
Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Veräußerungskosten sind die durch die Veräußerung wirtschaftlich veranlassten Aufwendungen (§ 17 Abs. 2 S. 1 EStG). Anschaffungskosten sind Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben (§ 255 Abs. 1 S. 1 HGB). Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen z.B. nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungs- oder Auflösungskosten sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 09.06.2010 und 04.03.2008 m.w.N.).
Die ursprünglichen Anschaffungskosten des Klägers (eingezahltes Stammkapital plus Notarkosten) decken sein Mitgliedschaftsrecht mit allen seinen Bestandteilen - auch den streitigen Gewinnanteil (anteiliger Gewinnvortrag und Jahresüberschuss) - ab. Bei dem streitigen Gewinnanteil handelt es sich um unselbständige, preisbildende Bestandteile des veräußerten Anteils. Dass dem Kläger gerade im Hinblick auf diese Bestandteile besondere nachträgliche Anschaffungskosten entstanden wären, ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Erwerber der Anteile den unstreitigen Veräußerungspreis gerade auch dafür bezahlt, dass mit dem erworbenen Anteil der streitbefangene anteilige Gewinnvortrag und Jahresüberschuss verbunden ist. Die Realisierung dieser Werthaltigkeit seines Anteils soll aber gemäß § 17 EStG beim Veräußerer (Kläger) besteuert werden.
Betroffene Normen
§ 17 Abs. 1 und 2 EStG, § 255 Abs. 1 HGB
Streitjahr 2004
Vorinstanz
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 17.02.2010, 7 K 1213/09 E, EFG 2011, S. 133, siehe Beitrag in den Deloitte Tax-News (22.02.2010)
Fundstelle
BFH, Urteil vom 08.02.2011, IX R 15/10, BStBl II 2011, S. 684
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 09.06.2010, IX R 52/09, BStBl II 2010, S. 110, siehe Beitrag in den Deloitte Tax-News (02.11.2010)
BFH, Urteil vom 04.03.2008, IX R 78/06, BStBl II 2008, S. 575
BFH, Urteil vom 04.03.2008, IX R 80/06, BStBl II 2008, S. 577