BFH: Gewinne aus der Veräußerung oder Einlösung von Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen ein Jahr nach Anschaffung nicht steuerbar
Gewinne, die durch die Veräußerung oder Einlösung von an der Börse gehandelten Inhaberschuldverschreibungen entstehen, sind weder nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, Abs. 2 S. 2 EStG noch nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG steuerpflichtig.
Sachverhalte
Zu VIII R 35/14
Der Kläger erwarb in 2008 Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen, die er in 2010 mit einem Gewinn veräußerte.
Zu VIII R 4/15
Der Kläger erwarb in 2009 Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen, die er sich in 2011 gegen Ausbuchung seines Wertpapierbestandes physisch aushändigen ließ. Dadurch erzielte er einen Buchdifferenzgewinn.
Während das Finanzamt in beiden Fällen bei der Einkommenssteuerfestsetzung den erzielten Gewinn als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG der Besteuerung zugrunde legte, gab das FG der dagegen erhobenen Klage statt.
Entscheidung
Die FG seien zu Recht davon ausgegangen, dass der von dem Kläger erzielte Gewinn aus der Veräußerung bzw. aus der Einlösung der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen zu nicht steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG führe.
Unter den Begriff der Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG fielen alle auf eine Geldleistung gerichteten Forderungen, deren Steuerbarkeit sich nicht bereits aus einem anderen Tatbestand i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 oder 8 bis 11 EStG ergebe, und zwar ohne Rücksicht auf die Dauer der Kapitalüberlassung oder den Rechtsgrund des Anspruchs. Nicht darunter fielen indes Ansprüche auf die Lieferung anderer Wirtschaftsgüter, insbesondere auf eine Sachleistung gerichtete Forderungen.
Danach seien die von dem Kläger veräußerten bzw. eingelösten Xetra-Gold keine sonstigen Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, da sie eine Sachleistung verkörperten. Nach den Emissionsbedingungen habe der Kläger gegen die Emittentin der Inhaberschuldverschreibungen ausschließlich einen Anspruch auf die Lieferung von Gold, der bei der Einlösung der Inhaberverschreibungen erfüllt worden sei. Zudem sei die Emittentin nach den Emissionsbedingungen nicht berechtigt gewesen, über das von ihr bei der Ausgabe der Inhaberschuldverschreibungen eingesammelte Kapital frei zu verfügen, da sie verpflichtet gewesen sei, dieses zur Besicherung der verbrieften Auslieferungsansprüche zu mindestens 95 % in physisches Gold zu investieren.
Es handele sich auch nicht um ein Termingeschäft i.S.d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG. Termingeschäfte in diesem Sinne seien nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpHG u.a. Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen seien und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines bestimmten Basiswertes ableite. Bei der Einlösung von Xetra-Gold sei dies nicht der Fall, da es für ein Optionsgeschäft an einem festgelegten Ausübungspreis fehle, durch welchen die Option erst eine Hebelwirkung erhalten könne.
Der Erwerb und die Einlösung oder der Verkauf von Xetra-Gold seien wie ein unmittelbarer Erwerb und unmittelbarer Verkauf physischen Goldes zu beurteilen. Der BFH habe derartige Goldgeschäfte bereits bisher stets als private Veräußerungsgeschäfte i.S. von § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG angesehen (vgl. BFH-Urteil vom 24.01.2012). Im Streitfall sei die insoweit maßgebliche Jahresfrist zwischen Anschaffung und Veräußerung jedoch überschritten, so dass auch die Voraussetzungen für eine Besteuerung nach dieser Vorschrift nicht erfüllt seien.
Betroffene Norm
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG i.V.m. Abs, 1 Nr. 7 EStG
Streitjahr 2010 / 2011
Vorinstanzen
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 23.6.2014, 9 K 4022/12, EFG 2014, S. 1791
Finanzgericht Münster, Urteil vom 10.12.2014, 10 K 2030/13 E, EFG 2015, S. 484
Fundstellen
BFH, Urteil vom 12.05.2015, VIII R 35/14
BFH, Urteil vom 12.05.2015, VIII R 4/15
Pressemitteilung Nr. 60 vom 02.09.2015
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 24.01.2012, IX R 62/10, siehe Deloitte Tax News