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26.04.2013
Private Einkommensteuer

BFH: Doppelte Haushaltsführung bei einem gemeinsamen Haushalt von Eltern und erwachsenen, wirtschaftlich eigenständigen Kindern

Erwachsene, berufstätige Kinder, die zusammen mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt wohnen, können Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend machen, da im Regelfall davon auszugehen ist, dass sie die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmen. Dies gilt insbesondere, wenn ihnen die Zweitwohnung am Beschäftigungsort lediglich als Schlafstätte dient. Einer gleichmäßigen Beteiligung des Kindes an den laufenden Haushalts- und Lebenshaltungskosten bedarf es hierfür nicht.

Sachverhalt

Der im Jahr 1964 geborene Kläger erzielte im Streitjahr 2007 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Am Beschäftigungsort hatte er seinen Zweitwohnsitz begründet. An seinem Hauptwohnsitz wohnte er zusammen mit seiner Mutter in einem Einfamilienhaus. Nach eigenen Angaben nutzte er dort ein Schlaf- und Arbeitszimmer sowie ein Badezimmer allein. Küche, Ess- und Wohnzimmer wurden gemeinschaftlich mit seiner Mutter genutzt. Für das Streitjahr machte der Kläger erfolglos Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend. Einspruch und Klage blieben ebenfalls ohne Erfolg.

Entscheidung

Die Vorentscheidung wurde aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Das FG hat verkannt, dass bei einem erwachsenen, wirtschaftlich selbständigen Kind, das mit den Eltern in einem gemeinsamen Haushalt wohnt, regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass es die gemeinsame Haushaltsführung mitbestimmt und einen eigenen Hausstand im elterlichen Haushalt unterhält, mithin eine steuerliche doppelte Haushaltsführung begründen kann.

Notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, sind Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG). Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG). Bei einem nicht verheirateten Arbeitnehmer wird ein eigener Hausstand nicht unterhalten, wenn er als nicht die Haushaltsführung wesentlich bestimmender bzw. mitbestimmender Teil in einen Hausstand eingegliedert ist. Dies ist regelmäßig bei jungen Arbeitnehmern der Fall, die nach Beendigung der Ausbildung weiterhin, wenn auch gegen Kostenbeteiligung, im elterlichen Haushalt wohnen (BFH, Urteil vom 05.10.1994). Bei einem – wie im Streitfall – älteren, wirtschaftlich selbständigen, berufstätigen Kind, das mit seinen Eltern oder einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt lebt, ist hingegen davon auszugehen, dass es die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmt, so dass ihm dieser Hausstand als „eigener" zugerechnet werden kann. Diese Regelvermutung gilt insbesondere, wenn die Wohnung am Beschäftigungsort dem Arbeitnehmer im Wesentlichen nur als Schlafstätte dient.

Der Umstand, dass der Arbeitnehmer dabei am Heimatort nicht über eine abgeschlossene Wohnung verfügt, steht dieser Vermutung nicht entgegen. Auch bedarf es der Übernahme einer besonderen finanziellen Verantwortung für den gemeinsamen Hausstand durch die gleichmäßige Beteiligung an den laufenden Haushalts- und Lebenshaltungskosten durch den Steuerpflichtigen nicht. Denn eine finanzielle Beteiligung, aus der auf eine gemeinsame Haushaltsführung von Eltern und Kindern geschlossen werden kann, kann auch vorliegen, wenn etwa eine Aufteilung nach laufenden und einmaligen Kosten oder nach gewöhnlichem und außergewöhnlichem Aufwand vorgenommen wird. Im Übrigen ist die Entgeltlichkeit keine unerlässliche Voraussetzung einer steuererheblichen doppelten Haushaltsführung. Einen eigenen Hausstand kann auch unterhalten, wer die Mittel dazu von einem Dritten erhält (BFH, Urteil vom 28.03.2012).

Betroffene Norm
§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG
Streitjahr 2007

Vorinstanz  
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.02.2012, 3 K 2338/09, EFG 2012, S. 1921

Fundstelle  
BFH, Urteil vom 16.01.2013, VI R 46/12

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 05.10.1994, VI R 62/90, BStBl II 1995, S. 180
BFH, Urteil vom 28.03.2012, VI R 87/10, BStBl II 2012, S. 800

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