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10.08.2012
Internationales Steuerrecht

Veröffentlichung des FATCA-Musterabkommens

Nachdem Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und die USA am 08.02.2012 in einer gemeinsamen Erklärung vereinbart hatten, die bilaterale Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung weiter auszubauen, wurde nun am 26.07.2012 ein entsprechendes Musterabkommen veröffentlicht. Das Musterabkommen soll als Grundlage für entsprechende bilaterale Vereinbarungen dienen und hat folgenden Inhalt: 

  • Die fünf Staaten verpflichten sich jeweils, von den in ihrem Gebiet ansässigen Finanzinstituten die Informationen über, für US Kunden geführte, Konten zu erheben und der US-Behörde zur Verfügung zu stellen. 
  • Die USA verpflichten sich im Gegenzug, dem jeweiligen Vertragspartner Informationen über Zins- und Dividendeneinkünfte zur Verfügung zu stellen, die die US-Steuerbehörde von US Finanzinstituten erheben. 
  • Die USA verpflichten sich, alle Finanzinstitute des jeweiligen Vertragspartners von der Pflicht auszunehmen, mit der US-Steuerbehörde Vereinbarungen abschließen zu müssen, um in den USA Quellensteuereinbehalte unter FATCA zu vermeiden.

Dieses Musterabkommen schafft einen Rahmen für die Meldung bestimmter Kontodaten durch die Finanzinstitute an ihre jeweiligen Steuerbehörden mit anschließendem Austausch der betreffenden Daten im Rahmen der bestehenden bilateralen Doppelbesteuerungs- bzw. Steuerinformationsabkommen. Es beseitigt die im Zusammenhang mit dem Foreign Account Tax Compliance Act aufgetretenen rechtlichen Probleme, vereinfacht dessen Umsetzung für die Finanzinstitute und sieht einen auf Gegenseitigkeit beruhenden Informationsaustausch vor. 

Nachfolgend finden Sie die wesentlichen Unterschiede des veröffentlichten Musterabkommens im Vergleich zu den im Februar veröffentlichten „Proposed Regulations“:

Definitionen

Investment Entity: 
Abweichend von den „Proposed Regulations“ werden Investmentvehikel als eine Untergruppe der „Financial Institution“ explizit genannt und definiert. Die entscheidenden Kriterien sind: 

  • Handel mit Finanzinstrumenten (u.a. Geldmarktinstrumente, FX, Zertifikate, andere Wertpapiere, (Waren-)Termingeschäfte) 
  • Individuelles und kollektives Portfoliomanagement oder 
  • anderweitige Investment-, Administrations- bzw. Managementtätigkeiten für fremde Dritte in Bezug auf Fonds oder Geld.

Gegenüber den „Proposed Regulations“ wird klargestellt, dass eine Vermögens-verwaltung auf eigene Rechnung nicht zu einer Investment Entity im Sinne von FATCA führt. Allerdings gibt es die Einschränkung, dass eine Gesellschaft doch als Investment Entity im Sinne von FATCA qualifiziert, wenn sie von einer Investment Entity gemanaged wird. 

Die Kriterien sind im Sinne der FATF-Terminologie (Financial Action Task Force) zu verstehen und auszulegen. In Bezug auf die Abgrenzung für bestimmte Investmentvehikel, die als „passive NFFE“ anzusehen sind, sind die Ausführungen des IGA auf Seite 28 zu beachten (Annex I, VI. B. 4. e) )

Specified Insurance Company:  
Neu ist hier, dass die Größengrenze von USD 50.000 bereits bei der Qualifikation der Versicherung als FI zu berücksichtigen ist.

[FATCA Partner] Financial Institution:  
Im jeweiligen FATCA-Partnerland ansässige FIs gelten als sogenannte [FATCA Partner] Financial Institution. Dies führt somit zu jeweils länderbezogenen (im Sinne der einzelnen FATCA-Partnerländer) [FATCA Partner] Financial Institutions

Zu beachten ist jedoch, dass dies unabhängig von Gruppenzugehörigkeiten gilt. Betriebstätten oder Niederlassungen einer deutschen Bank in der Schweiz fallen nicht unter den Begriff der [Deutschen FATCA Partner] Financial Institution

Umgekehrt gilt eine deutsche Betriebstätte oder Niederlassung einer Schweizer Bank als [Deutsches FATCA Partner] Financial Institution.

Related Entity:  
Der Begriff der „Expanded Affiliated Group“ wird innerhalb des Musterabkommens durch den Begriff der „Related Entity“ ersetzt. Im Unterschied zur EAG im Sinne der „Proposed Regulations“ müssen die Kriterien 

  • mehr als 50 % der Anteile bzw. 
  • mehr als 50 % der Stimmrechte

nicht mehr kumulativ, sondern nur noch alternativ erfüllt sein, um unter dem Musterabkommen als „Related Entity“ zu gelten. 

Der Kreis der „Related Entities“ könnte somit weiter ausfallen, als die EAG.

Reporting und Non-Reporting [FATCA Partner] Financial Institution:  
Die bisher verwendeten FATCA-Kategorien, wie full-compliant oder deemed-compliant, werden ergänzt durch die Kategorien Reporting [FATCA Partner] Financial Institution und Non-Reporting [FATCA Partner] Financial Institution

Unter den Begriff der Non-Reporting [FATCA Partner] Financial Institution fallen alle 

  • in dem noch zu erstellenden Annex II genannten Institute, 
  • und die gemäß der „FATCA Final Regulations“ als
    ­   - deemed-compliant FFI,
    ­   - exempt beneficial owner oder
    ­   - als ein excepted FFI
    geltenden Institute / Vehikel.

Alle anderen Institute sind Reporting [FATCA Partner] Financial Institution, sofern sie nicht wegen signifikanter Non-Compliance vom IRS als NPFFI eingestuft werden.

Financial Account:  
Die Definitionen für den Begriff des Financial Accounts werden aus den „Proposed Regulations“ übernommen. Explizit ausgenommen werden Produkte und Verträge, die in dem noch zu erstellenden Annex II aufgeführt werden.

[FATCA Partner] Reportable Account:  
Dieser Begriff ist lediglich für US-Banken relevant. Er bezieht sich auf deutsche Accounts bei einer US-Bank. Für diese Accounts müssen die US-Banken gemäß dem Reziprozitäts-Gedanken folgende Ertragstypen nach Deutschland bzw. den anderen betroffenen FATCA-Partnerländern melden: 

  • Zinserträge auf Einlagekonten (Freigrenze von USD 10 pro Jahr) 
  • Bruttobetrag von US-Dividenden 
  • Bruttobetrag von US-Einkünften, die gem. Chapter 3 oder 61 IRC zu reporten sind.

Controlling Persons: 
Die “Controlling Person” ist die Person, die die Kontrolle über ein Vehikel ausübt. Die Kriterien sind im Sinne der FATF-Terminologie (Financial Action Task Force) zu verstehen und auszulegen. 

Die “Controlling Person” ersetzt den Begriff des „US-Substantial Owner“. Da der der Begriff „Controlling Person” im Sinne des deutschen Geldwäschegesetz auszulegen ist, kommt hier auch nicht mehr die 10 %-Grenze zur Anwendung. Die maßgebliche Hürde, über der von einer “Controlling Person” auszugehen ist, liegt nun bei 25 %. 

Für außerhalb der FATCA-Partnerländer ansässige FIs, die unter den Anwendungsbereich der „Final Regulations“ fallen würden, findet jedoch auch weiterhin der Begriff des „US-Substantial Owner“ Anwendung. 

Inwieweit im Rahmen der „Final Regulations“ eine Anpassung der 10%-Grenze an die 25%-Grenze erfolgen wird, bleibt abzuwarten.

US Source Withholdable Payments:  
Das Musterabkommen definiert die „US Source Withholdable Payments“ teilweise neu. Laut Musterabkommen gelten folgende Ertragstypen als „US Source Withholdable Payments“: 

  • Zinsen (inl. Dinskontbeträge) 
  • Dividenden 
  • Mieten 
  • Löhne 
  • Gehälter 
  • Lizenzgebühren 
  • Kompensationszahlungen 
  • Honorare 
  • Tantiemen 
  • Und sonstige FDAP-Bestandteile

„Gross Proceeds“ gelten laut Musterabkommen nicht mehr als „US Source Withholdable Payments“. Zahlungen die gem. relevanter „US-Treasury Regulation“ nicht als „withholdable payment“ zu behandeln sind, gelten auch laut Musterabkommen nicht als „US Source Withholdable Payments“. 

Hierunter dürften unseres Erachtens insbesondere Zahlungen zu verstehen sein, die als sogenannte ECI-Einkünfte („effectively connected income“) gelten. Zu beachten ist auch, dass der Umfang der „US Source Withholdable Payments“ nicht mit den Ertragsbestandteilen übereinstimmt, die gemäß Artikel 2 des Musterabkommens zu reporten sind.

Undefined Terms:  
Begriffe, die nicht in dem Musterabkommen definiert sind, sind aus Sicht des Anwenderstaats zu interpretieren, d.h. aus deutscher Sicht hat die Auslegung nach dem dt. Steuerrecht oder den einschlägigen Gesetzen zu erfolgen, wobei die steuerrechtliche Auslegung Vorrang hat.

Reporting

Der Inhalt des FATCA-Reporting hat sich durch den IGA nicht geändert. Die Inhalte entsprechen grundsätzlich den Regelungen in den „Proposed Regulations“. Geändert hat sich jedoch der Meldezeitpunkt. Das Reporting durch die deutsche Meldestelle für das jeweilige Kalenderjahr hat nun grundsätzlich spätestens zum 30. September des Folgejahres zu erfolgen. Dies hätte auf Basis der „Proposed Regulations“ zur Konsequenz, dass für ausländische Betriebstätten oder Niederlassungen einer deutschen Bank eine abweichende Meldefrist bis zum 31. März gilt. 

Inwieweit im Rahmen der „Final Regulations“ eine Anpassung der Meldefristen erfolgen wird, bleibt grundsätzlich abzuwarten. Unseres Erachtens ist eine Anpassung der Meldefristen nicht unwahrscheinlich. 
 
Für das Reporting des Kalenderjahres 2013 soll eine einmalige verlängerte Meldefrist bis zum 30. September 2015 vereinbart werden mit dem Ziel, die Umsetzung des Reportings auf beiden Seiten der IGA-Vertragsländer technisch zu ermöglichen. Wird diese verlängerte Meldefrist ausgeschöpft, könnten die Meldungen für 2013 und 2014 gleichzeitig eingereicht werden. Im Rahmen des Kundenreportings für die Jahre 2013 und 2014 müssen für US-Konten folgende Information gemeldet werden: 

  • Name des Kontoinhabers 
  • Adresse des Kontoinhabers 
  • Tax Identification Number 
  • Kontonummer (oder ein Äquivalent) 
  • Kontostand 
  • Name und Identifikationsnummer der [FATCA Partner] Financial Institution.

Ab dem Reporting für das Jahr 2015 sind die entsprechenden Brutto-Erträge mit zu berichten. Verkaufserlöse sind ab dem Reportingjahr 2016 mitzuliefern. Es wurde ein Wahlrecht eingeführt, wonach die FFIs selbst bestimmen können, ob sie die Informationen in der Konto-Währung melden oder eine Umrechnung in US Dollar vornehmen. Die Ermittlung und Qualifikation der relevanten Beträge kann anhand des deutschen Steuerrechts erfolgen. 

Zur Umsetzung des Reziprozitäts-Gedanken verpflichten sich die USA im Gegenzug ab 2013 bei gleichen Meldefristen folgende Angaben zu Kunden mit Wohnsitz in Deutschland an die deutschen Steuerbehörden zu melden: 

  • Name, Adresse 
  • Steuerliche Identifikationsnummer (spätestens ab 2017) oder für den Fall, dass die FATCA-Partnerländer über keine entsprechende steuerliche Identifikationsnummer verfügen, das Geburtsdatum
  • Kontonummer (oder ein Äquivalent) 
  • Name und Identifizierungsnummer des U.S. Instituts 
  • Bruttoerträge aus Zinsen (´Bank Interest´), U.S. Dividenden bzw. andere Erträge aus U.S. Quellen, die nach Chapter 3 oder 61 des U.S. Internal Revenue Code (IRC) in den USA meldepflichtig sind.

Die Vertragspartner wollen zudem die Zusammenarbeit mit der OECD (Stichwort „TRACE“ Initiative) und der EU suchen, mit dem Ziel den Datenaustausch weiter zu vereinheitlichen und zu automatisieren. Darüber hinaus vereinbaren die involvierten Länder in Artikel 6 eine Zusammenarbeit zur Entwicklung von Alternativen für die Steuerabzugsverpflichtung auf „Passthru Payments“ und „Gross Proceeds“. Ziel dieser Zusammenarbeit ist es insbesondere den administrativen Aufwand, der durch eine Abzugsverpflichtung auf „Passthru Payments“ und „Gross Proceeds“ entstehen würde, zu minimieren.

Kundenidentifikation

(A) Bestandskonten
Bei der Identifikation von Bestandskonten orientiert sich das Musterabkommen weitgehend an den „Proposed Regulations“, insbesondere hinsichtlich der Verwendung von U.S. Indizien und bestimmter Betragsgrenzen. Anpassungen gibt es hingegen bei den Terminen: 

  • „Lower Value Accounts“ (Konten zwischen USD 50.000 bzw. USD 250.000 bei Versicherungen und USD 1 Mio.) sind bis zum 31.12.2015 zu überprüfen. 
  • „High Value Accounts“ (> USD 1 Mio) sind bis zum 31.12.2014 zu überprüfen. 
  • Entities mit einem Kontowert über USD 250.000 sind bis zum 31.12.2015 zu überprüfen. 
  • Entities, die zum 31.12.2013 noch keinen Kontowert über USD 250.000 haben, aber zu einem späteren Zeitpunkt einen Kontowert über USD 1 Mio haben, sind innerhalb von 6 Monaten nach Ende des Kalenderjahres, zu dem der Wert überschritten wurde, zu überprüfen.

Eine elektronische Überprüfung ist auch bei „High Value Accounts“ ausreichend, sofern dadurch alle relevante U.S. Indizien (Nationalität und (steuerliche) Ansässigkeit des Kunden; Adresse und Telefonnummer; Daueraufträge und Vollmachten) auswertbar sind. Bestehen bleibt eine erforderliche jährliche Bestätigung des Relationship Managers. 

(B) Neukonten
Bei Neukonten wird im Musterabkommen überwiegend auf die bestehenden KYC und AML Vorschriften abgestellt. Diese sind in Deutschland u. a. in der Abgabenordnung (AO) und dem Geldwäsche Gesetz geregelt. Hierdurch sollte es zumindest in Deutschland geringere Anpassungen an den Neukontenprozess geben, als ursprünglich erwartet.

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