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24.03.2015
Internationales Steuerrecht

EU Kommission: Steuertransparenzpaket vorgestellt

Am 18.03.2015 hat die EU Kommission ihr Steuertransparenzpaket vorgestellt. Darin ist u. a. ein automatischer Informationsaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten betreffend „Rulings“ und „Vorabverständigungsvereinbarung“ („APAs“) mit grenzüberschreitender Bedeutung vorgesehen. In diesem Zusammenhang soll auch die Zinsbesteuerungsrichtlinie aufgehoben werden. Außerdem soll noch vor dem Sommer ein Aktionsplan zur Unternehmensbesteuerung vorgestellt werden, in dem u. a. ein (erneuter) Vorschlag für eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) wieder ins Gespräch gebracht werden soll.

Hintergrund

Transparenz ist nach Aussage der EU Kommission ein wichtiger Aspekt beim Kampf gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung. Aus diesem Grund habe die OECD am 21.07.2014 den neuen weltweiten Standards für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen veröffentlicht (siehe Deloitte Tax-News). Auch im Rahmen des BEPS-Aktionsplans sind mit dem sog. „Country by Country“-Reporting (Maßnahme Nr. 13) sowie dem verpflichtenden spontanen (im Ergebnis also automatischen) Informationsaustausch hinsichtlich steuerlicher Vorzugsregime wie z. B. Patentboxen (Teil von Maßnahme Nr. 5), Transparenzmaßnahmen auf OECD/G20-Ebene vorgesehen.

Die EU sei ebenfalls an einem umfassenden automatischen Informationsaustausch interessiert, um grenzüberschreitende Steuerumgehung und Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Bereits im Rahmen des ECOFIN-Treffens am 09.12.2014 hatten sich die EU-Minister auf einen erweiterten Anwendungsbereich für die Amtshilferichtlinie verständigt (siehe Deloitte Tax-News). Am 18.03.2015 stellte die EU Kommission ihr Steuertransparenzpaket vor.

Aktuelle Entwicklung

Schwerpunkt des Steuertransparenzpakets ist ein automatischer Informationsaustausch von sogenannten Rulings (in Deutschland z.B. verbindliche Auskunft) und Vorabverständigungsvereinbarungen. Bislang erfolgte der Austausch entsprechender Informationen nur sporadisch nach dem Ermessen des Staates, der das Ruling / die Vorabverständigungsvereinbarung erlassen / durchgeführt hatte.
Rulings waren zuletzt bereits häufiger von der EU Kommission unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten untersucht worden (siehe Übersicht in den Deloitte Tax-News).
Das Steuertransparenzpaket der EU Kommission umfasst folgende Maßnahmen

  • Automatischer Informationsaustausch von Rulings
  • Prüfung etwaiger neuer Transparenzanforderungen an multinationale Unternehmen
  • Reform des Verhaltenskodexes für die Unternehmensbesteuerung
  • Quantifizierung des Ausmaßes von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung
  • Aufhebung der Zinsbesteuerungsrichtlinie

Automatischer Informationsaustausch von Rulings
Aktuell erfolgt der Informationsaustausch von Rulings nach dem Ermessen des Staates, der das Ruling erlassen hat. Die EU Kommission möchte zu einem automatischen Informationsaustausch übergehen. Dazu soll die Amtshilfe-Richtlinie (Richtlinie 2011/16/EU vom 15.01.2011, geändert durch Richtlinie 2014/107/EU vom 09.12.2014) überarbeitet werden. Die EU Kommission verspricht sich davon ein besseres Vorgehen gegen missbräuchliche Steuergestaltungen und einen faireren Steuerwettbewerb, da ein Rückgang selektiver Begünstigungen von Unternehmen erwartet wird.

Zukünftig soll jeder Mitgliedsstaat den anderen Mitgliedsstaaten einen Monat nach Ablauf des Quartals, in dem der Mitgliedsstaat ein „Ruling“ oder eine „Vorabverständigungsvereinbarungen" erteilt oder geändert hat, die hierzu relevanten Informationen mitteilen, wenn das Ruling oder die Vorabverständigungsvereinbarung eine „grenzüberschreitende Transaktion“ betrifft. Auch die EU Kommission soll über ein von ihr eingerichtetes technisch gesichertes Zentralverzeichnis Zugang zu den Informationen haben. Ein Austausch erfolgt nicht, sofern ausschließlich die Steuerangelegenheiten einer oder mehrerer natürlicher Personen betroffen sind.

Zeitlich sollen nicht nur geänderte oder (neu) erlassene Rulings / Vorabverständigungsvereinbarungen erfasst werden, sondern auch solche, die bis zu 10 Jahre vor dem Tag des Inkrafttretens der vorgeschlagenen Richtlinie erteilt wurden und zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch gültig sind.

Die Mitgliedsstaaten haben nach einer Bestätigung durch den Rat die Richtlinie bis zum 31.12.2015 in nationales Recht umzusetzen und dieses ab dem 01.01.2016 anzuwenden.

Prüfung etwaiger neuer Transparenzanforderungen an multinationale Unternehmen
Die EU Kommission wird die Durchsetzbarkeit neuer Transparenzanforderungen an Unternehmen (z. B. Offenlegung bestimmter Steuerinformationen durch multinationale Unternehmen) prüfen, um später auf einer fundierten Grundlage über deren Einführung entscheiden zu können.

Reform des Verhaltenskodexes für die Unternehmensbesteuerung
Die EU Kommission will den Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung zusammen mit den Mitgliedstaaten überarbeiten, da dessen aktuelle Fassung nach Ansicht der EU Kommission nicht ausreicht, um auch „ausgefeiltere Formen missbräuchlicher Steuergestaltung“ auf Unternehmensebene zu erfassen.

Quantifizierung des Ausmaßes von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung
Die EU Kommission möchte mit Eurostat und den Mitgliedstaaten Ausmaß und Wirkungen von Steuerhinterziehung und -vermeidung präzise quantifizieren, um gezielter dagegen vorgehen zu können.

Aufhebung der Zinsbesteuerungsrichtlinie
Die Zinsbesteuerungsrichtlinie soll aufgehoben werden, da ihre Bestimmungen inzwischen in weiterreichenden EU-Vorschriften aufgegangen sind und durch die Aufhebung ein einheitlicher Rahmen für den automatischen Austausch von Finanzinformationen geschaffen werden soll.

Die Aufhebung soll grundsätzlich zum 01.01.2016 erfolgen. Allerdings sollen einige Regelungen für die Mitgliedsstaaten noch weiterhin gelten; für Österreich gelten dabei Besonderheiten

Ausblick

Die Vorschläge zum automatischen Informationsaustausch hinsichtlich der Rulings und der Aufhebung der Zinsbesteuerungsrichtlinie werden an das Europäische Parlament und den Rat weitergeleitet. Die EU Kommission strebt eine Einigung bis Ende 2015 an, damit die Bestimmungen zum 01.01.2016 in Kraft treten können. Da der Europäische Rat die EU Kommission im Dezember 2014 zur Vorlage dieses Vorschlags aufgefordert hatte, erwartet die EU Kommission, dass die politische Bereitschaft für eine rechtzeitige Einigung vorhanden ist.

Noch vor dem Sommer soll zudem der Aktionsplan zur Unternehmensbesteuerung vorgelegt werden. Darin soll auch die Idee einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage
(GKKB; siehe Übersicht in den Deloitte Tax-News) wieder ins Gespräch gebracht werden.

Zudem teilte die EU Kommission in einer Presseerklärung vom 19.03.2015 mit, dass die Verhandlungen über einen automatischen Informationsaustausch mit der Schweiz hinsichtlich Konteninformationen abgeschlossen wurden. Die ersten Verhandlungsrunden hierzu wurden bereits Anfang 2014 geführt.

Schließlich ist noch die Überführung der neuen OECD/G20-Maßnahmen zur Bekämpfung von BEPS in die EU-Regelungen ein Thema.

Fundstellen

EU Kommission, Vorschlag vom 18.03.2015, automatischer Informationsaustausch
EU Kommission, Vorschlag vom 18.03.2015, Aufhebung der Zinsbesteuerungsrichtlinie
EU Kommission,Mitteilung vom 18.03.2015 an das Europäische Parlament und den Rat über Steuertransparenz als Mittel gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung
EU Kommission, Pressemitteilung vom 18.03.2015, automatischer Informationsaustausch (EU)
EU Kommission, Fact Sheet vom 18.03.2015 (engl.)
EU Kommission, Pressemitteilung vom 19.03.2015, automatischer Informationsaustausch (Schweiz) (engl.)

Weitere Beiträge

Übersicht zu den Beihilfe-Verfahren der EU-Kommission,siehe Deloitte Tax-News
Übersicht zur GKKB, siehe Deloitte Tax-News
EU-Ministerrat: Politische Einigung zur Erweiterung der Amtshilferichtlinie, siehe Deloitte Tax-News
OECD: Veröffentlichung des weltweiten Standards für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen, siehe Deloitte Tax-News

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