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23.07.2020
Internationales Steuerrecht

EU Kommission: Steuerpaket für eine faire und einfache Besteuerung

Aktuell: Der Europäische Rat hat am 22.03.2021 die Änderungsrichtlinie (2011/16/EU) über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung, die insbesondere Meldepflichten für digitale Plattformbetreiber vorsieht, verabschiedet (siehe Deloitte Tax News).
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Die EU Kommission hat am 15.07.2020 ein Steuerpaket für eine faire und einfache Besteuerung veröffentlicht. Das Steuerpaket umfasst einen Steuer-Aktionsplan mit 25 Maßnahmen (überwiegend im Bereich der Mehrwertsteuer), einen Vorschlag einer Änderungsrichtlinie hinsichtlich der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, der insbesondere Meldepflichten für digitale Plattformbetreiber vorsieht und eine Mitteilung über verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich.  

Hintergrund

Die EU Kommission hat am 15.07.2020 ein neues Steuerpaket verabschiedet. Ziele des Steuerpakets sind insbesondere die wirtschaftliche Erholung und das langfristige Wachstum in Europa zu unterstützen, den Steuermissbrauch zu bekämpfen und bestehende Steuervorschriften und -verfahren zu vereinfachen.

Das Steuerpaket besteht aus drei Initiativen:

  • einem Steuer-Aktionsplan mit 25 Maßnahmen,
  • einem Vorschlag einer Richtlinie (DAC 7) (COM (2020) 314 final) zur Änderung der Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden (Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15.02.2011), um u.a. einen automatischen Informationsaustausch zwischen den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten über Einkünfte/Umsätze, die von Verkäufern auf digitalen Plattformen erzielt werden, einzuführen.
  • einer Mitteilung über „verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich“ (COM (2020) 313 final). 

Steuerpaket der EU Kommission

Steuer-Aktionsplan:

Bei dem vorgelegten Aktionsplan der EU Kommission handelt es sich um einen Art Arbeitsplan, indem aufgelistet wird, mit welchen Themen sich die EU Kommission in den nächsten Jahren (2020-2023) näher beschäftigen will. Teilweise sollen bestehende Richtlinien/ Verordnungen überprüft und nur falls erforderlich Änderungsvorschläge erarbeitet werden und teilweise steht bereits fest, dass Änderungsvorschläge gemacht werden. 

Inhaltlich betrifft die ganz überwiegende Zahl der Maßnahmen die Mehrwertsteuer. Schwerpunkt ist hier einerseits Erleichterungen für die Steuerpflichtigen zu schaffen, indem Meldepflichten u.ä. vereinfacht und vereinheitlicht werden und andererseits die Informationsmöglichkeiten für die Steuerbehörden bzgl. grenzüberschreitenden Transaktionen mit dem Ziel der effizienten Missbrauchsbekämpfung zu verbessern. Im Bereich der direkten Steuern kann eine Maßnahme, nämlich eine Gesetzgebungsinitiative zur Einführung eines gemeinsamen, standardisierten EU-weiten Systems für Quellensteuererleichterungen, hervorgehoben werden. Diese Gesetzgebungsinitiative bezweckt zum einen die Kosten für die Einhaltung der Steuervorschriften für grenzüberschreitend tätige Anleger erheblich zu senken und zum anderen die Steuerhinterziehung zu verhindern.

Im Folgenden werden die 25 Maßnahmen des o.g. Aktionsplans im Einzelnen aufgelistet:

  1. Vorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie (Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006) mit dem Ziel einer einzigen Mehrwertsteuerregistrierung in der EU, mit der überall in der Union Dienstleistungen erbracht und/oder Waren verkauft werden können (Zeitraum: 2022/2023)
  2. Pilotprojekt zur Schaffung neuer digitaler Dienste für Steuerpflichtige und zur Unterstützung der Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen auf Unionsebene (Zeitraum: 2022/2023)
  3. Initiative zur Erleichterung und Förderung der Steuerehrlichkeit von Unternehmen („Cooperative Compliance“ im Rahmen der EU) (Zeitraum: 2020/2021)
  4. Legislativvorschlag zur Modernisierung der Mehrwertsteuermeldepflichten, um einen schnelleren und detaillierteren Informationsaustausch über Mehrwertsteuer auf Umsätze innerhalb der EU zu gewährleisten (Zeitraum: 2022/2023)
  5. Vorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie, um den Zuständigkeitsbereich der einzigen Mehrwertsteueranlaufstelle auf alle B2C-Umsätze auszuweiten (Zeitraum: 2022/2023)
  6. Empfehlungen zur verbesserten Unterstützung bei der Beitreibung nicht entrichteter Steuern (Zeitraum: 2020/2021)
  7. Initiative zur Sicherstellung einer einheitlicheren Bestimmung der Steueransässigkeit im Binnenmarkt (Zeitraum 2022/2023)
  8. Gesetzgebungsinitiative zur Einführung eines gemeinsamen, standardisierten EU-weiten Systems für Quellensteuererleichterungen an der Quelle (Zeitraum: 2022/2023)
  9. (ggfs.) Vorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuer-EU-Verordnung Nr. 904/2010 des Rates vom 07.10.2010, um im Rahmen von Eurofisc eine echte EU-Fähigkeit zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs bei grenzüberschreitenden Umsätzen zu schaffen (Zeitraum: 2022/2023)
  10. Aktualisierung der Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, um ihren Anwendungsbereich auf eine sich weiterentwickelnde Wirtschaft mit alternativen Zahlungsmitteln (wie E-Geld) auszudehnen (Zeitraum: 2020/2021)
  11. Einrichtung einer EU-Steuerbeobachtungsstelle, um Trends in Bezug auf Ausmaß und Umfang von Steuermissbrauch zu überwachen (Zeitraum: 2020/2021)
  12. (ggfs.) Vorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuer-EU-Verordnung Nr. 904/2010 des Rates vom 07.10.2010, um grenzüberschreitende Umsätze automatisiert überprüfen zu können (Zeitraum: 2022/2023)
  13. (ggfs.) Vorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuer-EU-Verordnung Nr. 904/2010 des Rates vom 07.10.2010, zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Geschäftsverkehrs für ehrliche Unternehmen und zur stärkeren Konzentration der Steuerbehörden auf Steuerpflichtige, die die Vorschriften nicht befolgen (Zeitraum: 2022/2023)
  14. Vorschlag das Verfahren zur Aushandlung von Übereinkünften über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer mit Drittländern einzuleiten (Zeitraum: 2022/2023)
  15. Überwachung der Wirksamkeit der Richtlinie über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten bei Doppelbesteuerung (Zeitraum: 2020/2021)
  16. (ggfs.) Gesetzgebungsvorschlag über einen Mechanismus zur Vermeidung und Beilegung von Streitigkeiten im Bereich der Mehrwertsteuer (Zeitraum: 2022/2023)
  17. Veröffentlichung einer Bestandsaufnahme der bestehenden Rechte der Steuerpflichtigen (Zeitraum: 2020/2021)
  18. Gesetzgebungsvorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuervorschriften für Finanzdienstleistungen (Zeitraum: 2020/2021)
  19. Vorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie, um den Mehrwertsteuerausschuss umzuwandeln, so dass dieser mit qualifizierter Mehrheit die Annahme von Durchführungsrechtsakten durch die Kommission überwachen kann (Zeitraum: 2020/2021)
  20. Ausrichtung einer Konferenz über Datenanalyse und digitale Lösungen im Jahr 2021 (Zeitraum: 2020/2021)
  21. Einrichtung einer Sachverständigengruppe für Verrechnungspreise, die pragmatische, nichtlegislative Lösungen für praktische Probleme erarbeiten soll (Zeitraum: 2020/2021)
  22. Vorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie, um die Mehrwertsteuer-Sonderregelung für Reisebüros zu vereinfachen (Zeitraum: 2022/2023)
  23. Vorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie, um den Mehrwertsteuerrahmenzweck an die (digitale) Plattformwirtschaft anzupassen (Zeitraum: 2022/2023)
  24. Gesetzgebungsvorschlag zur Überprüfung der Steuerbefreiungen für den Bereich des Personenverkehrs (Zeitraum: 2022/2023)
  25. (ggfs.) Gesetzgebungsvorschlag zur Änderung der Richtlinie des Rates über das allgemeine Verbrauchsteuersystem (Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16.12.2008), um den Fernverkauf verbrauchsteuerpflichtiger Waren zu vereinfachen

Vorschlag einer Richtlinie zur Änderung der Richtlinie über die Verwaltungszusammenarbeit (DAC 7)

Aus Sicht der EU Kommission ist es erforderlich die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf neue Bereiche auszuweiten, um die Herausforderungen der Digitalisierung der Wirtschaft zu bewältigen. Die spezifischen Merkmale der digitalen Plattformwirtschaft erschweren die Rückverfolgbarkeit und Erkennung von Steuertatbeständen durch die Steuerbehörden erheblich. Das Problem verschärfe sich noch, wenn Betreiber digitaler Plattformen in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind.

Folglich sieht der o.g. Vorschlag Meldevorschriften für digitale Plattformbetreiber vor. Meldepflichtige Informationen umfassen Auskünfte über Verkäufer, die auf ihrer Plattform tätig sind, um ihre Waren zu verkaufen, ihre Dienstleistung anzubieten, Immobilien oder Transportmittel aller Art zu vermieten oder im Rahmen von Crowdfunding zu investieren oder Geld zur Verfügung zu stellen. Diese Informationen sind an die zuständige Behörde des Mitgliedstaates, in dem der Verkäufer ansässig ist, zu übermitteln.

Der Vorschlag präzisiert auch die Vorschriften in anderen Bereichen, in denen die Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, z.B. bei der Steuermissbrauchsbekämpfung und bei gemeinsamen Steuerprüfungen.

Mitteilung über „verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich“:

Die EU Kommission schlägt eine Reform des Verhaltenskodexes vor, der den Steuerwettbewerb regelt und schädliche Steuerpraktiken in der EU bekämpft. Ferner wird eine Aktualisierung der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete vorgeschlagen, in der Drittländer aufgeführt werden, die sich weigern, international vereinbarte Standards einzuhalten.

Ausblick

Der o.g. Aktionsplan ist ein Bestandteil einer weitreichenden steuerpolitischen Agenda der EU, die auch eine tief greifende Reform des Körperschaftsteuersystems umfasst. Im Rahmen einer Reform des Körperschaftsteuersystems sollen die Herausforderungen der digitalen Wirtschaft angegangen und sichergestellt werden, dass sich alle multinationalen Konzerne in gerechter Weise am Steueraufkommen beteiligen. Folglich sollen Besteuerungsrechte an die Wertschöpfung geknüpft und eine effektive Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen festgelegt werden. Die EU Kommission weist in dem o.g. Aktionsplan daraufhin, dass sie in diesem Bereich bereit ist tätig zu werden, auch wenn auf OECD-Ebene keine Einigung erzielt wird. Die EU Kommission will demnach vor Ende des Jahres im Nachgang zu den Diskussionen auf globaler Ebene in einem Aktionsplan zur Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert die nächsten Schritte darlegen.

Im Rahmen des BEPS-Projekts auf OECD-Ebene sollen bis Mitte 2021 Lösungen für die Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle vorliegen (siehe Deloitte Tax News)

Weiter wird die EU Kommission auch noch in diesem Jahr eine Konferenz über die Ökologisierung der Besteuerung veranstalten. Im Rahmen des Grünen Deals wird die Kommission Vorschläge von steuerpolitischen Maßnahmen unterbreiten, die einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten sollen.

Fundstellen

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung vom 25.11.2020, siehe Deloitte Tax News 

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie, vom 15.07.2020 

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung vom 15.07.2020 

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, Verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich in der EU und darüber hinaus, vom 15.07.2020

Pressemitteilung vom 15.07.2020 

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