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20.08.2010
Internationales Steuerrecht

BFH: Keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung der Gewinnausschüttung einer ausländischen (hier: polnischen) Kapitalgesellschaft

Sachverhalt

Die Klägerin – eine deutsche GmbH – war bis zum 01.01.2003 wirtschaftliche Eigentümerin von 75 % der Anteile an einer polnischen Kapitalgesellschaft. Im Kaufvertrag über die Anteile an dieser Gesellschaft wurde vereinbart, dass das Recht auf Dividende für das Jahr 2002 bei der Klägerin verbleiben sollte. Die Dividende wurde am 18.02.2003 beschlossen und unter Einbehalt polnischer Abzugssteuern an die Klägerin ausgezahlt. Das Finanzamt wandte § 8b Abs. 1, 5 KStG 2002 auf die Gewinnausschüttung an, vertrat jedoch die Auffassung, dass der steuerfreie Gewinnanteil nach § 8 Nr. 5 GewStG 2002 dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen sei, da die Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG 2002 nicht erfüllt seien. Die Klägerin berief sich demgegenüber auf das abkommensrechtliche Schachtelprivileg gem. Art. 21 Abs. 1 Buchst. a Satz 3 DBA-Polen. Das Finanzgericht gab der Klage der GmbH statt.

Entscheidung

Der BFH hat sich im Revisionsverfahren der Auffassung des Finanzgerichts angeschlossen. Das Gericht sah drei Fragen in diesem Rechtstreit aufgeworfen. Zum einen war fraglich, ob eine Mindestbeteiligungsdauer der Beteiligung an der polnischen Kapitalgesellschaft für den betroffenen Erhebungszeitraum für den Tatbestand der Kürzung nach § 9 Nr. 7 GewStG 2002 erforderlich ist. Zweitens war fraglich, ob die Klägerin eine hinzurechnungsrelevante Kapitalbeteiligung i.S.d. § 8 Nr. 5 GewStG 2002 gehalten hat. Als Drittes war zu beantworten, ob das sog. abkommensrechtliche Schachtelprivileg gem. Art. 21 Abs. 1 Buchst. a Satz 3 DBA-Polen der unilateral gewährten Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 KStG 2002 regelungssystematisch vorgeht und nicht die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG 2002 auslöst. Die ersten beiden Fragen konnte der BFH unbeantwortet lassen, da eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG 2002 auf Grund der Beanspruchung des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs ausschied und das Gewerbesteuergesetz hierfür keine Hinzurechnung vorsieht.

Nach Auffassung des BFH stehen das sog. nationale Schachtelprivileg des § 8b Abs. 1 KStG 2002 einerseits und das sog. abkommensrechtliche Schachtelprivileg anderseits selbständig nebeneinander und schließen sich nicht wechselseitig aus. Zwar laufe die abkommensrechtliche Freistellung auf Grund der weniger einschränkenden Tatbestandvoraussetzungen des § 8b Abs. 1 KStG 2002 gemeinhin leer. Das Abkommensprivileg tritt dann wieder in Erscheinung, wenn § 8b Abs. 1 KStG 2002 auf Grund einer besonderen gesetzlichen Regelung unanwendbar bleibt. Da durch § 8 Nr. 5 GewStG 2002 die Freistellung des § 8b Abs. 1 KStG 2002 im Ergebnis neutralisiert wird, lebt die abkommensrechtliche Freistellung im vorliegenden Fall wieder auf. Eine Hinzurechnung auch der hiernach freigestellten Gewinnanteile wird von § 8 Nr. 5 GewStG 2002 nicht angeordnet.

Betroffene Norm

§ 8 Nr. 5 GewStG 2002

Anmerkungen

Ab dem Erhebungszeitraum 2004 ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb um Gewinne aus Anteilen an einer ausländischen Kapitalgesellschaft, die auf Grund des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs von der Gewerbesteuer befreit sind nach § 9 Nr. 8 GewStG zu kürzen.

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2009, 8 K 3412/06 G.F, EFG 2010, S. 899.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 23.06.2010, I R 71/09, BStBl II 2011, S. 129

Englische Zusammenfassung

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