BFH: EuGH-Vorlage zur Hinzurechnungsbesteuerung
Aktuell: Mit Urteil vom 26.02.2019 hat der EuGH geurteilt, dass die Hinzurechnung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter ohne Möglichkeit eines Motivtests gegen EU-Recht verstößt. Es erfolgt eine Ausweitung der Cadbury Schweppes Rechtsprechung auf die Kapitalverkehrsfreiheit bei Drittstaaten.
EuGH, Urteil vom 26.02.2019, C 135/17, siehe Deloitte Tax-News
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BFH-Vorlage vom 12.10.2016
Der BFH legt dem EuGH die Frage vor, ob die sog. Hinzurechnungsbesteuerung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter in Drittstaatensachverhalten mit dem Unionsrecht vereinbar ist.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine deutsche GmbH, war zu 30 % an einer Schweizer AG beteiligt. Diese erzielte Einkünfte aus abgetretenen Geldforderungen, die vom Finanzamt zu Lasten der GmbH als Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter der Hinzurechnungsbesteuerung unterworfen wurden. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos.
Entscheidung
Das FG habe die aus dem Forderungsabtretungsvertrag resultierenden Einkünfte der Y-AG nach deutschem Recht zutreffend als Zwischeneinkünfte mit Kaitalanlagecharakter i.S. von § 7 Abs. 6 und 6a AStG beurteilt.
Diese im Streitfall steuerbegründenden deutschen Rechtsvorschriften über die Hinzurechnung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter könnten gegen Unionsrecht verstoßen, da sie nur für Beteiligungen an ausländischen Zwischengesellschaften gelten. Der EuGH hat hinsichtlich einer vergleichbaren britischen Regelung im Jahr 2006 entschieden, dass eine Hinzurechnungsbesteuerung nur dann mit der unionsrechtlich verbürgten Niederlassungsfreiheit vereinbar ist, wenn der Steuerpflichtige die Besteuerung durch den Nachweis abwenden kann, dass es sich bei der Beteiligung an der Zwischengesellschaft nicht um eine rein künstliche Gestaltung handelt, die nur dazu dient, den höheren inländischen Steuersätzen zu entgehen (sog. Motivtest). Der deutsche Gesetzgeber hat auf diese EuGH-Rechtsprechung reagiert, indem er für Beteiligungen an Zwischengesellschaften aus EU- und EWR-Staaten (ab dem Jahr 2008 und Erweiterung durch das Amtshilfe-UmsG für nach dem 31.12.2012 beginnende Wj) eine Entlastungsmöglichkeit durch einen Motivtest gesetzlich verankert hat (§ 8 Abs. 2 AStG). Doch ist die Vorschrift weder zeitlich noch sachlich, da die Schweiz nicht Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR ist, auf den Streitfall anwendbar. Für in Drittstaaten wie der Schweiz ansässige Zwischengesellschaften gibt es jedoch keine vergleichbare Entlastungsmöglichkeit.
Der BFH bittet den EuGH zu prüfen, ob die Hinzurechnungsbesteuerung ohne Möglichkeit eines Entlastungsbeweises in Bezug auf Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter gemäß § 7 Abs. 6 und 6a AStG im Streitfall gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, die – anders als die Niederlassungsfreiheit – nach Art. 56 Abs. 1 EG grundsätzlich auch den Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern schützt. Da es sich bei den Hinzurechnungsbeträgen um zum Zwecke der Besteuerung fingierte Beteiligungserträge der Beteiligung an ausländischen Gesellschaften handelt (Zurechnung ausländischer Einkünfte ohne vorhergehende Ausschüttung), die bei Beteiligungen an Inlandsgesellschaften nicht vorgenommen wird, könnte der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit grundsätzlich eröffnet sein.
Betroffene Norm
§ 7 Abs. 6 und 6a AStG, § 8 Abs. 2 AStG
Streitjahr 2006
Vorinstanz
Finanzgericht, Urteil vom 21.10.2014
Fundstellen
EuGH, Urteil vom 26.02.2019, C 135/17, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Beschluss vom 12.10.2016, I R 80/14, BStBl II 2017 Seite 615, BFH-anhängig: I R 11/19
Pressemitteilung Nr. 15 vom 15.03.2017