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06.01.2023
Indirekte Steuern/Zoll

LfSt Niedersachsen: Ertragsteuerliche und gewerbesteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen

Das Landesamt für Steuern Niedersachsen nimmt in seiner Verfügung vom 07.11.2022 zur ertragsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen Stellung. 

Hintergrund

Die Vergütungen für Stromeinspeisungen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen regelt seit Inkrafttreten am 01.04.2000 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Danach sind Netzbetreiber verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien anzuschließen, den daraus erzeugten Strom abzunehmen und mindestens in der gesetzlich festgelegten Höhe zu vergüten. Um Planungssicherheit für die Betreiber der Anlagen zu erhalten, werden die Mindestvergütungen vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme über einen Zeitraum von 20 Jahren zuzüglich des Inbetriebnahmejahres gezahlt. Zur ertrag- und gewerbesteuerlichen Behandlung des Betreibens von Photovoltaikanlagen und der damit erzielten Vergütungen hat das Landesfinanzamt Niedersachsen in seiner Verfügung vom 07.11.2022 Stellung genommen. 

Verwaltungsanweisung

Im Folgenden werden die wesentlichen Punkte der Verfügung dargestellt:

I. Ertragsteuerliche Behandlung

Einkunftsart und Gewinnerzielungsabsicht

Das Betreiben einer Photovoltaikanlage und die damit einhergehende Stromerzeugung führt zu Einnahmen aus einer gewerblichen Betätigung i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG, wenn Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist. Für Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW kann bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen unterstellt werden, dass diese ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden (vgl. BMF-Schreiben vom 29.10.2021; das JStG 2022 sieht zudem für ab dem 01.01.2022 zufließende Einnahmen aus dem Betrieb einer einzelnen Anlage oder mehrerer Anlagen bis max. 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG vor, siehe Deloitte Tax-News).

Gewerbliche Infizierung bei Personengesellschaften

Erzielt eine Personengesellschaft aus der Vermietung eines Gebäudes Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 EStG und betreibt daneben auf dessen Dach eine Photovoltaikanlage, mit der Strom erzeugt und in das Stromnetz eingespeist wird, kommt es grundsätzlich zu einer Infizierung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in gewerbliche Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Es kommt allerdings nicht zur Anwendung der Infektionstheorie, wenn die gewerblichen Umsätze eine Bagatellgrenze in Höhe von 3 % der Gesamtnettoumsätze und zusätzlich den Betrag von 24.500 Euro im VAZ nicht übersteigen (BFH-Urteile vom 27.08.2014, VIII R 16/11, VIII R 41/11, und VIII R 6/12).

Eine gewerbliche Infizierung kann bei Überschreiten der Bagatellgrenze durch Ausgliederung der gewerblichen Tätigkeit auf eine zweite Personengesellschaft vermieden werden. Ob eine oder mehrere Personengesellschaften vorliegen, kann grundsätzlich nur mithilfe des Gesellschaftsvertrags bestimmt werden. Ein Indiz für das Vorliegen von verschiedenen Gesellschaften kann eine unterschiedliche (geschäftsübliche) Bezeichnung der Personengesellschaften sein.

Werden zur Installation von Aufdachanlagen Dachflächen von einer Personengesellschaft an eine Schwesterpersonengesellschaft überlassen, die die Photovoltaikanlage betreibt, stellen die Dachflächen wesentliche Betriebsgrundlagen dar. Daher ist zu prüfen, ob eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung vorliegt, wenn die Dachflächen entgeltlich zur Nutzung überlassen werden und zwischen den beiden Personengesellschaften eine personelle Verflechtung besteht. Dies hat zur Folge, dass bei der Besitzpersonengesellschaft die Einkünfte aus der Verpachtung der Dachflächen als solche aus Gewerbebetrieb ankommen, die dann zu einer Abfärbung führen. Bei unentgeltlicher Überlassung der Dachflächen ist allerdings keine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung anzunehmen.

Dachintegrierte Photovoltaikanlagen

Photovoltaikanlagen sind i.d.R. als Betriebsvorrichtungen dem Gewerbebetrieb zuzuordnen. Nach R 4.2 Abs. 3 S. 4 EStR sind dachintegrierte Photovoltaikanlagen - wie herkömmliche Aufdachanlagen auch - für ertragsteuerliche Zwecke wie selbständige, vom Gebäude losgelöste, bewegliche Wirtschaftsgüter zu behandeln.

Betriebseinnahmen 

  • Einspeisevergütungen:
    Als Betriebseinnahmen sind sämtliche Einspeisevergütungen zu berücksichtigen. Wurde der vom Anlagenbetreiber erzeugte Strom von einem Dritten verbraucht, sind auch die von dem Dritten erhaltenen Beträge als Betriebseinnahmen zu erfassen.
  • Bewertung der Entnahme des für betriebsfremde Zwecke verbrauchten Stroms:
    Bei Verwendung des Stroms für betriebsfremde Zwecke liegt eine Entnahme (§ 4 Abs. 1 S. 2 EStG) vor, bei dessen Bewertung der Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG) maßgeblich ist. Dieser bestimmt sich grundsätzlich nach den anteiligen „Herstellungskosten“ (Vollkosten) des selbst verbrauchten Stroms, zu denen auch die ertragsteuerlichen Abschreibungen und Finanzierungskosten gehören (BFH, Beschluss vom 08.12.2003, X B 43/03). Bei nach dem 01.04.2012 in Betrieb genommenen Anlagen kann der entnommene Strom aus Vereinfachungsgründen pauschal mit 0,20 EUR/kWh bewertet werden.
  • Marktprämien und Managementprämien:
    Bei Direktvermarktern sind neben den von Dritten erhaltenen Beträgen auch Marktprämien und ggf. erhaltene Managementprämien als Betriebseinnahmen zu erfassen.
  • Zuschüsse und Zulagen:
    (Investitions-)Zuschüsse aus bspw. öffentlichen Fördergeldern können entweder als Betriebseinnahme erfasst werden, oder die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten sind um die entsprechenden Beträge zu mindern (R 6.5 Abs. 2 EStR). Eine eventuell gewährte Investitionszulage ist dagegen nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen (§ 13 InvZulG).
    Bewertung bei unentgeltlicher Überführung nach § 6 Abs. 5 EStG:
    Wird der von einer Photovoltaikanlage produzierte Strom in einem anderen Betrieb der steuerpflichtigen Person verbraucht, ohne dass es zu einer Vergütung gekommen ist, erfolgt die Bewertung dieses Stroms zum Buchwert, d.h. zu den Herstellungskosten, nach § 6 Abs. 5 EStG. Das Gleiche gilt für Übertragungen nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG.

Betriebsausgaben

Aufwendungen, die durch den Betrieb der Anlage veranlasst sind, können als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG abgezogen werden. Dazu gehören u.a. Abschreibungen, Finanzierungskosten, Versicherungsbeiträge, Reparatur- und Wartungskosten, Rechts- und Beratungskosten sowie gezahlte EEG-Umlagen. 

  • Absetzungen für Abnutzungen (AfA):
    AfA sind nach § 7 Abs. 1 bis 3 EStG vorzunehmen. Dabei ist für Photovoltaikanlagen von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 20 Jahren auszugehen. Für zwischen dem 31.12.2019 und vor dem 01.01.2023 angeschaffte bzw. hergestellte Anlagen besteht alternativ die Möglichkeit der degressiven AfA gem. § 7 Abs. 2 EStG. Nicht zulässig sind Abschreibungen nach § 7 Abs. 4 und 5 EStG, erhöhte Absetzungen nach § 7h EStG oder die Übertragung von stillen Reserven nach § 6b Abs. 1 S. 2 Nr. 3 EStG. Bei Photovoltaikanlagen sind in die AfA-Bemessungsgrundlage grundsätzlich nicht die auf die Dachkonstruktion entfallenden Aufwendungen einzubeziehen (siehe Kosten der Dachsanierung).
  • Kosten der Dachsanierung:
    Aufwendungen für eine Dachsanierung sind, auch wenn sie im Zusammenhang mit der Installation einer Photovoltaikanlage angefallen sind, dem Gebäude zuzurechnen und damit als Anschaffungs-/Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand des Gebäudes anzusehen. Nur Kosten, die nachweisbar durch den Aufbau der Anlage verursacht werden, können als Betriebsausgaben beim Betrieb der Photovoltaikanlage angesehen werden. Für die übrigen Kosten kommt dagegen ertragsteuerlich eine Aufteilung der Dachsanierungskosten auf das Gebäude und dem Betrieb der Anlage grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17.10.2013, III R 27/12).

II. Gewerbesteuerliche Behandlung

Steuerbefreiung

Bestehende Gewerbebetriebe von Anlagebetreibern i.S.d. § 3 Nr. 2 EEG sind nach § 3 Nr. 32 GewStG von der Gewerbesteuer befreit, wenn sich deren Tätigkeit ausschließlich auf die Erzeugung und Vermarktung von Strom aus einer auf, an oder in einem Gebäude angebrachten Solaranlage bis zu einer installierten Leistung von 10 kW (Erhöhung auf 30 kW durch JStG 2022, siehe Deloitte Tax-News) beschränkt.

Beginn der Gewerbesteuerpflicht

Für Anlagen, die nicht unter § 3 Nr. 32 GewStG fallen, ist als Beginn der Gewerbesteuerpflicht i.d.R. der Zeitpunkt anzusetzen, an dem die regelmäßige Stromeinspeisung ins Netz beginnt. Vorbereitungshandlungen begründen noch keine Gewerbesteuerpflicht. Verluste aus der Zeit vor Beginn der Gewerbesteuerpflicht sind daher nicht zu berücksichtigen und nicht gem. § 10a S. 6 GewStG gesondert festzustellen.

Betroffene Normen

​§§ 4, 5, 7, 15 EStG, §§ 2, 3, 10a GewStG

Fundstelle

​Landesamt für Steuern Niedersachsen, Verfügung vom 07.11.2022, S 2240-St 222/St 221-2473/2022

Weitere Fundstellen

BFH, Urteile vom 27.08.2014, VIII R 16/11, BStBl II 2015, S. 996, VIII R 41/11, BStBl II 2015, S. 999, VIII R 6/12, BStBl. II 2015, S. 1002, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 17.10.2013, III R 27/12, BStBl II 2014, S. 372, siehe Deloitte Tax News

BFH, Beschluss vom 08.12.2003, X B 43/03

BMF, Schreiben vom 29.10.2021, IV C 6 - S 2240/19/10006 :006, BStBl I 2021, S. 2202

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