Finanzverwaltung und V. Senat des BFH schränken den Vorsteuerabzug der Holding ein
Die Finanzverwaltung folgt dem V. Senat des BFH, der entgegen der Rechtsprechung des EuGH und des XI. Senats den Vorsteuerabzug einer Holding einschränkt. Demnach komme es für den Vorsteuerabzug darauf an, ob der entsprechende Aufwand erforderlich sei.
Hintergrund
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 16.07.2015 in der Rechtssache Larentia und Minerva (siehe Deloitte-Tax-News) entschieden, dass eine Holding, die an der Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften teilnimmt und insoweit eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, hinsichtlich der Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften zum vollständigen Vorsteuerabzug berechtigt ist, da diese Kosten der wirtschaftlichen Tätigkeit der Holding zuzuordnen sind.
Der XI. Senat folgt dem EuGH und spricht einer geschäftsleitenden Holding für Umsatzsteuerbeträge, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an Tochtergesellschaft stehen, grundsätzlich den vollen Vorsteuerabzug zu.
Aktuelle Entwicklung
Dieser Rechtsprechung scheint sich der V. Senat nicht vollumfänglich anzuschließen. Nach seiner Auffassung kommt es für den Vorsteuerabzug auch auf das Verhältnis der geltend gemachten Vorsteuerbeträge zum Umfang der eigenen Umsätze an. Zwar seien Kosten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften von einer geschäftsleitenden und wirtschaftlich tätigen Holdinggesellschaft getragen werden, als der wirtschaftlichen Tätigkeit dieser Gesellschaft zugeordnet anzusehen und berechtigen daher zum Vorsteuerabzug. Im vom BFH entschiedenen Streitfall seien die Kosten für die Einwerbung von Kapital in der konkreten Größenordnung aber Kosten, die nicht im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an Tochtergesellschaften stehen, weil es des eingeworbenen Kapitals nach Ansicht des Gerichts jedenfalls nicht in dieser Größenordnung bedurfte.
Diese auf einen untypischen konkreten Sachverhalt bezogene Aussage des BFH übernimmt die Finanzverwaltung in den UStAE. Demnach besteht ein Recht auf Vorsteuerabzug für eine Holding im Zusammenhang mit dem Einwerben von Kapital zur Anschaffung einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung nicht, soweit das eingeworbene Kapital in keinem Verhältnis zu der im unternehmerischen Bereich gehaltenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung steht (Abschn. 15.22 Abs. 2 Satz 4 UStAE).
Anmerkung
Die verallgemeinernde Übernahme der Rechtsauffassung des BFH in einem außergewöhnlich gelagerten Einzelfall in den UStAE birgt die Gefahr, dass die Finanzverwaltung bei der Prüfung des Rechts zum Vorsteuerabzug insbesondere bei Holdings generell Erforderlichkeitsprüfung vornimmt, für die eine Rechtsgrundlage in § 15 UStG nicht erkennbar ist.
Betroffene Norm
§ 15 UStG
Fundstellen
BMF, Schreiben vom 26.05.2017, III C 2 - S 7105/15/10002, Abschn. 15.22 Abs. 2 Satz 4 UStAE
EuGH, Beschluss vom 16.07.2015, C-108, 109/14, Larentia und Minerva, MwStR 2015, 583, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Beschluss vom 19.01.2016, XI R 38/12, MwStR 2016, 262, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Beschluss vom 01.06.2016, XI R 17/11, MwStR 2016, 712
BFH, Beschluss vom 06.04.2016, V R 6/14, MwStR 2016, 626