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25.06.2021
Indirekte Steuern/Zoll

EuGH: Steuerbefreiung für Dienstleistungen Dritter an Sonder-Vermögengesellschaften

Die Anwendung der Steuerbefreiung für die Verwaltung von Sondervermögen setzt voraus, dass spezifische und wesentliche Funktionen einer Verwaltung von Sondervermögen ausgelagert sind, die ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden. Fraglich ist, wann diese Voraussetzungen erfüllt sind.

Der EuGH hat sich in den verbundenen österreichischen Rechtssachen K (C-58/20) und DBKAG (C-59/20) erneut damit auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen in Outsourcing-Fällen die Steuerbefreiung für die Verwaltung von Sondervermögen zur Anwendung kommt (zur älteren Rechtsprechung siehe EuGH Urt. v. 04.05.2006, C-169/04, Abbey National; Urt. v. 07.03.2013, C-275/11, GfBk; Urt. v. 09.12.2015, C-595/13, Fiscale Eenheid).

Sachverhalte

Im Fall K hatten Verwaltungsgesellschaften steuerliche Leistungen zur Ermittlung der für die Einkünftebesteuerung der Fonds-Anteilinhaber maßgeblichen Werte (Sicherstellung der gesetzeskonformen Besteuerung der Fondseinkünfte der Anteilsinhaber) sowie die Durchführung, der in diesem Zusammenhang gesetzlich geforderten Meldungen an einen Dritten, K, ausgelagert. K behandelte die erbrachten Leistungen als steuerfrei. Die österreichische Finanzverwaltung versagte die Steuerfreiheit, da die Leistungen nicht zur Kerntätigkeit der Verwaltung von Sondervermögen gehörten. Das vorlegende österreichische BFG zweifelte daran, ob die Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte spezifisch und wesentlich für die Verwaltung des Sondervermögens ist.

In der Rechtssache DBKAG räumte ein in Deutschland ansässiger externer Dienstleister einer österreichischen KAG vertraglich und gegen Entgelt ein unbefristetes Nutzungsrecht an einer speziell auf das Investmentfondsgeschäft zugeschnittene Software zur Erstellung wesentlicher Berechnungen für das „Risikomanagement und Performancemessung“ (SC-Software) ein. Durch die SC-Software wurde sichergestellt, dass die für die Verwaltung von Sondervermögen benötigten Risiko- und Performancekennzahlen fristgerecht berechnet wurden und die DBKAG ihren gesetzlichen Verpflichtungen und den damit zusammenhängenden Markterfordernissen nachkommen konnte.

Der Softwaredienstleister überließ die Software, setzte die Vorgaben der Verwaltungsgesellschaft um und erbrachte Leistungen im Rahmen der Parametrisierung und Implementierung. Er haftete nur für die technische Entwicklung bzw. Umsetzung der Vorgaben der Verwaltungsgesellschaft sowie für das technische Funktionieren der Software. Die Verwaltungsgesellschaft hatte keinen Einfluss auf die von der Software vorgenommenen Berechnungen.

Entscheidung des EuGH

Die von einem Dritten an eine Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaft erbrachte Dienstleistungen und die Einräumung eines Nutzungsrechts an einer Spezialsoftware fallen unter die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, wenn sie eine enge Verbindung mit der Verwaltung von Sondervermögen aufweisen und ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht werden, auch wenn sie nicht vollständig ausgelagert sind. Ob es sich um eigenständige, für die Fondsverwaltung spezifische und wesentliche Dienstleistungen handelt, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Anmerkung

Damit hat der EuGH in der Sache selbst nicht entschieden. Die Hinweise, die er dem vorlegenden Gericht zur Anwendung der Steuerbefreiung mitgegeben hat, bestätigen zunächst die ständige Rechtsprechung, wonach Steuerbefreiungen grundsätzlich eng auszulegende Ausnahmetatbestände sind. Unter Verweis auf die Rechtssache Blackrock (EuGH, Urt. v. 02.07.2020, C-231/19 zur Frage, ob Softwareleistungen als Verwaltung von Investmentfonds steuerfrei sein können) stellt der EuGH klar, dass die von einem außenstehenden Verwalter erbrachte Dienstleistung nur dann ein steuerfreier Umsatz i.S.d. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL sein kann, wenn die Leistung ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bildet, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Verwaltung von Sondervermögen erfüllt. Bei der Auslegung des Begriffs der Verwaltung von Sondervermögen sind die einschränkenden Kriterien der Eigenständigkeit, Spezifizität und Wesentlichkeit der Leistung zu berücksichtigen.

Soweit entspricht das EuGH Urteil der bisherigen Rechtsprechung und auch der deutschen (Verwaltungs-)Sichtweise. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ist in § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG umgesetzt. Gesetzlich vorgeschriebene und im Rahmen der Fondsverwaltung vorgeschriebene Rechnungslegungsdienstleistungen (u.a. Fondsbuchhaltung und die Erstellung von Jahresberichten und sonstigen Berichten) sind danach steuerfrei. Im Hinblick auf die Auslagerung dieser Tätigkeit an Dritte regelt Abschn. 4.8.13 Abs. 19 S. 1 UStAE, dass die Steuerbefreiung nur dann in Betracht kommt, wenn die erbrachte Leistung ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bildet und für die Verwaltung von Investmentvermögen spezifisch und wesentlich ist.​​

An diesem Punkt setzt das EuGH Urteil an, indem es die Begrifflichkeiten weiter spezifiziert. So setzt das Merkmal der Eigenständigkeit nach dem vorliegenden EuGH Urteil nicht die vollständige Auslagerung voraus. Im Hinblick auf die Spezifizität und Wesentlichkeit führt der EuGH aus, dass die von einem Dritten erbrachte Dienstleistung eine enge Verbindung mit der Tätigkeit der Verwaltungsgesellschaft aufweisen muss. An einen Dritten ausgelagerte Verwaltungs- und Buchführungsleistungen, wie steuerliche Arbeiten, die die Besteuerung der Fondseinkünfte der Anteilinhaber gemäß dem nationalen Recht sicherstellen, sind demnach steuerfrei, soweit sie mit der Tätigkeit der Verwaltung von Sondervermögen eng verbunden sind.

In der Rechtssache K wird das vorlegende BFG daher prüfen müssen, ob die steuerlichen Arbeiten Pflichten nach österreichischem Recht begründen, die für Sondervermögen spezifisch sind.

Im Fall DBKAG gibt der EuGH zu erkennen, dass der Umstand, dass die Software der für die Fondsverwaltung notwendigen Berechnungen dient, die Wesentlichkeit der Software für die Fondsverwaltung begründen könnte.

Betroffene Normen

Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL; § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG; Abschn. 4.8.13 Abs. 19 S. 1 UStAE

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 17.06.2021, C-58/20, C -59/20

Ihre Ansprechpartner

Dr. Ulrich Grünwald
Partner

ugruenwald@deloitte.de
Tel.: +49 30 25468 258

Dr. Diana-C. Kurtz
Senior Manager

dkurtz@deloitte.de
Tel.: +49 89 29036 8025

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