EU-Kommission: ViDA – Entwurf veröffentlicht; Überblick über das Maßnahmenpaket
Die EU-Kommission hat im Rahmen der Initiative „VAT in the digital age (ViDA)“ einen Richtlinienentwurf veröffentlicht, der die Digitalisierung der Meldepflichten, neue Vorschriften im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung, der Besteuerung der Plattformwirtschaft sowie eine einheitliche EU-weite MwSt-Registrierung beinhaltet.
Hintergrund
Bereits 2019 im Rahmen der EU-Konferenz „Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter“ stellten deren Teilnehmer fest, dass die vorhandenen MwSt-Vorschriften nicht ausreichen, um die Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen durch die fortschreitende Digitalisierung entsprechend zu berücksichtigen und den Steuerbetrug wirksam zu bekämpfen. Die Teilnehmer gelangten zu dem Ergebnis, dass nur durch Änderungen der MwStSystRL (2016/112/EG) neue Geschäftsmodelle erfasst, Steuerbetrug wirksam bekämpft, der Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Behörden möglichst geringgehalten und eine Kostenreduzierung erreicht werden kann. Im Rahmen der Veröffentlichung des Aktionsplans für eine faire und einfache Besteuerung berücksichtigte die Kommission die Ergebnisse dieser Konferenz, so dass die Maßnahmen für die Modernisierung der MwSt Eingang in das Arbeitsprogramm der Kommission für das Jahr 2022 unter dem Stichwort „VAT in the digital age (ViDA)“ gefunden haben. Nach dem Richtlinienvorschlag sollen die Änderungen der MwStSystRL schrittweise ab dem 01.01.2024, dem 01.01.2025, dem 01.01.2026 und dem 01.01.2028 umgesetzt werden. Das Maßnahmenpaket soll den Mitgliedstaaten dabei helfen, jährlich zusätzliche MwSt-Einnahmen in Höhe von bis zu 18 Mrd. EUR zu erzielen.
Richtlinienvorschlag / Maßnahmenpaket
Das Gesamtpaket der Initiative besteht aus drei wesentlichen Aspekten:
- 1.Digitale Meldepflichten / E-Invoicing (Stichwort: DRR – digital reporting requirements);
- 2.Behandlung der Plattformwirtschaft (Stichwort: platform economy);
- 3. Einzige und einheitliche Registrierung in der gesamten EU (Stichwort: SVR – single VAT registration)
Überblick über die einzelnen Aspekte
Zu 1. Digitale Meldepflichten/ DRR:
Umstellung auf die digitale Meldung in Echtzeit auf Grundlage der elektronischen Rechnungsstellung für Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind.
Der Vorschlag enthält die Modernisierung der Meldepflichten durch die Einführung der digitalen Meldung in Echtzeit auf Grundlage der elektronischen Rechnungsstellung. Diese soll dazu dienen, die Informationen, die Steuerpflichtige den Behörden für jeden Umsatz in elektronischer Form übermitteln müssen, zu strukturieren und standardisieren. Gleichzeitig wird die Verwendung der elektronischen Rechnungsstellung für grenzüberschreitende Umsätze vorgeschrieben. Dadurch erhalten die Mitgliedstaaten wertvolle Informationen, die für eine bessere Bekämpfung des Steuerbetrugs, insbesondere Karussellbetrug, notwendig sind. Ab dem 01.01.2024 müssen elektronische Rechnungen in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen werden können, mithin einem strukturierten Datensatz entsprechen (Rechnungsstandard DIN EN 16931 wird von der Kommission befürwortet). Die Ausstellungsfrist von Rechnungen im Rahmen von innergemeinschaftlichen Lieferungen/Verbringen sowie bei sonstigen Leistungen, bei denen der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, wird schrittweise ab dem 01.01.2025 und dann ab dem 01.01.2028 verkürzt.
Zu 2. Behandlung der Plattformwirtschaft:
Fiktive Leistungskette bei kurzfristiger Unterkunftsvermietung und Personenbeförderung, sowie Ausweitung der Lieferkettenfiktion für Online-Marktplätze.
Die Herausforderungen im Rahmen der Besteuerung der Plattformwirtschaft sowie die Gleichbehandlung zwischen Plattformbetreibern und traditionellen Anbietern, insbesondere in den Bereichen Kurzzeitvermietung von Unterkünften und Personenbeförderung, sollen durch die Aktualisierung der geltenden Vorschriften erreicht werden. Neben der Ausweitung der fiktiven Leistungskette auf sämtliche Lieferungen innerhalb der EU über Online-Marktplätze, soll dies auch für die kurzfristige Unterkunftsvermietung und die Personenbeförderung gelten. Damit wird klargestellt, dass Vermittlungsplattformen in den genannten Bereichen für die Erhebung und Abführung der MwSt auf die von ihnen vermittelten Verkäufe sorgen müssen, wenn der zugrunde liegende Anbieter das nicht getan hat. Die Änderungen sollen zum 01.01.2025 in Kraft treten.
Zu 3. Einzige und einheitliche Registrierung in der gesamten EU (SVR):
Keine Notwendigkeit mehrfacher Registrierungen in der EU
Die seit Juli 2021 bestehenden Systeme der einzigen Anlaufstelle (OSS)/Einfuhrstelle (IOSS) und der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft sollen verbessert und erweitert werden, um die Zahl der Fälle, in denen sich ein Steuerpflichtiger in einem anderen Mitgliedstaat registrieren lassen muss, zu minimieren. Unternehmen sollen sich für ihre Lieferungen in der gesamte EU nur einmal für Zwecke der MwSt registrieren lassen (auch wenn sie ihre Waren nur in den anderen Mitgliedstaat bringen, um sie dort zu einem späteren Zeitpunkt direkt an die Verbraucher zu verkaufen) und sollen ihre Steuerpflichten über ein einziges Online-Portal in nur einer Sprache erfüllen können. Zu den weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Mehrwertsteuererhebung gehört unter anderem die verpflichtende Nutzung der einzigen Anlaufstelle für die Einfuhr durch bestimmte Plattformen, die Verkäufe an Verbraucher in der EU erleichtern.
Nächste Schritte
Bei dem Maßnahmenpaket handelt es sich um Änderungen der Mehrwertsteuerrichtlinie (2006/112/EG), der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates und der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden.
Die Legislativvorschläge werden dem Rat zur Zustimmung und dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss zur Konsultation übermittelt.
Fundstellen
Europäische Kommission, Questions and Answers: VAT in the Digital Age, 08.12.2022
Europäische Kommission, Fragen und Antworten: Bericht über die Mehrwertsteuerlücke 2022, 08.12.2022
Europäische Kommission, VAT in the Digital Age, 08.12.2022
European Commission, Proposal for a Council Directive amending Directive 2006/112/EC as regards VAT rules for the digital age, 08.12.2022 COM(2022) 701 final 2022/0407(CNS)