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20.06.2018
Indirekte Steuern/Zoll

EU-Kommission schlägt detaillierte technische Maßnahmen zur Schaffung eines künftigen betrugssicheren EU-Mehrwertsteuersystems vor

Die Vorschläge der EU-Kommission basieren auf dem Übergang zur Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat und beinhalten Änderungen von 200 der insgesamt 408 Artikeln der MwStSystRL.

Hintergrund

Im vergangenen Oktober schlug die Kommission die wichtigsten Grundsätze für die Schaffung eines einheitlichen EU-Mehrwertsteuerraums vor (siehe Deloitte Tax-News), der dabei helfen soll, den Mehrwertsteuer-Betrug, der die nationalen Haushalte der EU-Mitgliedstaaten derzeit schätzungsweise 50 Mrd. EUR jährlich kostet, zu bekämpfen. Während dieser Vorschlag nur die Eckpunkte der angestrebten künftigen Regelungen beinhaltete, legte die Kommission nunmehr die detaillierte technische Umsetzung der im Oktober vorgeschlagenen Maßnahmen vor. Das Maßnahmenpaket würde die bestehenden Vorschriften erheblich ändern und den 25jährigen „vorläufigen“ MwSt-Vorschriften am Binnenmarkt ein Ende setzen.

Hauptelemente des Vorschlags

Die Hauptelemente des Vorschlags beziehen sich auf die angestrebten Vereinfachungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr zwischen Unternehmen, die Einführung eines einzigen Online-Portals für Händler und den Bürokratieabbau.

Grenzüberschreitender Warenverkehr zwischen Unternehmen

Die derzeitige Aufspaltung des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs in eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung im Ursprungsmitgliedstaat und einen steuerpflichtigen Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat würde abgeschafft. Künftig soll es eine einheitliche steuerpflichtige Lieferung („intra-Union supply of goods“) geben, die im Mitgliedstaat, in dem die Beförderung der Ware endet, besteuert wird. Steuerpflicht, Bemessungsgrundlage und Steuersatz sowie alle weiteren mit dem Umsatz in Zusammenhang stehenden Fragen beurteilen sich nach den Regeln des Bestimmungsmitgliedstaats. Unter welchen Voraussetzungen grenzüberschreitende Lieferungen sogenannte „intra-Union supply of goods“ vorliegen und welche Lieferungen gerade nicht unter diesen Begriff fallen, ist anhand einer neu eingefügten Definition zu beurteilen.

Ein zentrales Online-Portal („One Stop Shop“) für Händler

Der Vorschlag beinhaltet die Voraussetzungen für die Schaffung eines zentralen Online-Portals für alle B2B-Händler der EU zur Abführung der Mehrwertsteuer. Das Portal wird auch für Unternehmen außerhalb der EU, die an Unternehmen innerhalb der Union verkaufen und sich andernfalls in jedem Mitgliedstaat für Zwecke der MwSt registrieren lassen müssten, zugänglich sein. Mit der Einführung des Systems haben diese Unternehmen lediglich einen Intermediär in der EU zu benennen, der sich für sie um die MwSt kümmert.

Bürokratieabbau

Die Änderungen verringern die Anzahl der administrativen Schritte, die Unternehmen durchlaufen müssen, wenn sie an Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten verkaufen wollen. Bestimmte Berichtspflichten im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer übergangsregelung werden für den Warenhandel nicht mehr nötig sein. Die Rechnungsstellung im EU-weiten Handel wird den Gesetzen des Mitgliedstaats des Verkäufers unterliegen, was eine Erleichterung für Anbieter ist.

Verkäufer/Lieferer ist zuständig für die Mehrwertsteuererhebung

Ferner hat der Verkäufer/Lieferer die bei einem Verkauf von Waren in einem anderen EU-Land anfallende MwSt zum Steuersatz des Bestimmungsmitgliedstaates zu berechnen. Nur wenn es sich bei dem Kunden um einen zertifizierten Steuerpflichtigen (d.h. um einen von der Finanzverwaltung als zuverlässig angesehenen Steuerzahler) handelt, ist der Erwerber der Ware steuerpflichtig.

Anmerkung

Der Umfang der detaillierten technischen Maßnahmen zur Umsetzung des endgültigen MwStSyst zeigt das Ausmaß der vorgeschlagenen Reform, nach der das künftige System auf der Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat basiert. Der Vorschlag wirft eine Reihe von Fragen auf, die die Mitgliedstaaten untereinander klären müssen:

  • Führt künftig der Sitzstaat bei der Abwicklung der einheitlichen steuerpflichtigen Lieferung („intra-Union supply of goods“) über einen One-Stop-Shop die materiell-rechtliche Prüfung der angemeldeten Umsätze nach den Regelungen des jeweiligen Bestimmungsmitgliedstaats durch?
  • Muss der Lieferer künftig alle Besteuerungsregelungen des jeweiligen Erwerbslands kennen?
  • Wie können Unternehmer rechtssicher den Status (Nicht zertifizierter vs. zertifizierter Steuerpflichtiger) von beteiligten Unternehmern überprüfen?
  • Führt das Nebeneinander der verschiedenen Systeme (nicht zertifizierter Steuerpflichtiger -> Steuerschuld des Lieferers im Bestimmungsmitgliedstaat; zertifizierter Steuerpflichtiger -> Umkehrung der Steuerschuldnerschaft) tatsächlich zu den von der Kommission angestrebten Vereinfachungen für Unternehmen?

Neben diesen und weiteren inhaltlichen Fragestellungen werden die Mitgliedstaaten auch ihre eigenen haushaltspolitischen Erwägungen in der anstehenden, gemeinsamen Diskussion beachten. Denn die vorgeschlagene Systemumstellung kann zu größeren Aufkommensverschiebungen zwischen den Mitgliedstaaten führen.

Fundstelle

European Commission, Proposal for a COUNCL DIRECTIVE amending Directive 2006/112/EC as regards the introduction of the detailed technical measures for the operation of the definitive VAT system for the taxation of trade between Member States, COM(2018) 329

Ihre Ansprechpartner

Marcus Sauer
Director

msauer@deloitte.de
Tel.: +49 211 8772 3934

Dr. Diana-C. Kurtz
Senior Manager

dkurtz@deloitte.de
Tel.: +49 89 29036 8025

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