BMF: Digitale Medien und die Frage nach dem Steuersatz
Die Überlassung elektronischer Bücher und Zeitschriften sowie die Bereitstellung von Zugängen zu elektronischen Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten, unterliegen dem ermäßigten Steuersatz. Das BMF greift nun Abgrenzungsfragen auf, die sich insbesondere im Rahmen von einheitlichen Leistungen ergeben, die sowohl ermäßigt besteuerte als auch dem Regelsteuersatz unterliegende Elemente enthalten.
Hintergrund
Seit Ende 2019 unterliegt die Überlassung elektronischer Bücher und Zeitschriften sowie der Zugang zu elektronischen Datenbanken dem ermäßigten Steuersatz. Was heute vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung unglaublich erscheint, nämlich auf gedruckte und digitale Medien unterschiedliche Steuersätze anzuwenden, war bis zum 18.12.2019 Realität. Erst durch die Änderung der MwStSystRL konnte die nationale Anpassung in § 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG erfolgen und die umsatzsteuerrechtliche Gleichstellung von gedruckten und elektronischen Produkten erreicht werden. Gleichwohl gibt es in der Praxis eine Reihe von Abgrenzungsfragen, bspw. im Rahmen von sogenannten „bundling-Angeboten“, auf die das BMF mit Schreiben vom 17.12.2021 teilweise eingeht. Neben der Klärung einzelner Fragestellungen und der Aufnahme einer Reihe von Beispielen überrascht das Schreiben, durch seine großzügige Übergangsregelung.
BMF-Schreiben: Einfügung eines neuen Abschn. 12.17 UStAE
Für die Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes ist es entscheidend, ob die digitalen Produkte in ihrer Funktion über die gedruckten Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften deutlich hinausgehen. Die Finanzverwaltung betont, dass allein die digitale Möglichkeit das Produkt zu durchsuchen, zu filtern oder Verlinkungen einzufügen, die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht ausschließt.
Bei einem Angebot verschiedener kombinierter Produkte zu einem einheitlichen Entgelt, sogenannte bundling-Angebote) bleibt es dabei, dass nach den allgemeinen Kriterien (Abschn. 3.10 UStAE) zu entscheiden ist, ob eine einheitliche Leistung oder ein Leistungsbündel vorliegt, dessen einzelne Leistungsbestandteile separat zu betrachten sind und ggf. unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen.
Die Bereitstellung eines Zugangs zu einer Datenbank, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitschriften, Zeitungen oder Teile von diesen enthält und damit primär durch die Bereitstellung begünstigter Werke geprägt ist, stellt eine einheitliche Leistung dar, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Das gilt unabhängig davon, ob ein reiner Online-Zugang oder ein Zugang über einen physischen Datenträger erfolgt. Die Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes beurteilt sich sowohl quantitativ als auch qualitativ anhand der in der Datenbank enthaltenen Werke. Enthält eine Datenbank überwiegend nicht begünstigte Werke, ist der Zugang zur Datenbank insgesamt nicht begünstigt.
Übergangsregelung
Für Leistungen, die nach dem 17.12.2019 und vor dem 01.01.2022 ausgeführt wurden und für die eine Rechnung in diesem Zeitraum ausgestellt wurde, in der zu Unrecht der ermäßigte Steuersatz ausgewiesen wurde, da die Leistung tatsächlich dem Regelsteuersatz unterliegt, geht die Finanzverwaltung davon aus, dass die ausgewiesene Steuer, die tatsächlich geschuldete ist. Wurde hingegen der Regelsteuersatz zu Unrecht ausgewiesen, da die Leistung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, und hat der leistende Unternehmer die ausgewiesene Umsatzsteuer abgeführt, beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn der Unternehmer die Rechnung nicht berichtigt. Der Leistungsempfänger darf die ausgewiesene Umsatzsteuer bei Vorliegen aller weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG abziehen. Für Umsätze, für die der Leistungsempfänger die Steuer nach §13b UStG schuldet, gilt dies entsprechend für die vom Leistungsempfänger berechnete Steuer.
Anmerkung
Insbesondere die großzügige Übergangsregelung ist aus Unternehmenssicht zu begrüßen. Erhalten bleiben dem Rechtsanwender die Unsicherheiten im Einzelfall, wie z.B. bei bundling-Angeboten und dem Zugang zu Datenbanken. Die Finanzverwaltung greift in den Beispielen einige Fallgestaltungen auf, was jedenfalls zur Klärung dieser Fälle beiträgt und Hinweise auf die Beurteilung anderer Sachverhaltsgestaltungen gibt – an einer abschließenden Darstellung mangelt es hingegen, was allerdings in der Natur der Sache liegt. Darauf, dass die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auch nicht im Wege einer unverbindlichen Zolltarifauskunft (uvZTA) geklärt werden kann, weist die Finanzverwaltung für ausschließlich in elektronischer Form vertriebene Produkte ausdrücklich hin. Dies schließt jedoch die Beantragung einer verbindlichen Auskunft nach der Steuerauskunftsverordnung nicht aus.
Betroffene sind daher gut beraten, ihre Leistungen und deren umsatzsteuerrechtliche Behandlung detailliert zu dokumentieren.
Betroffene Norm
§ 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG
Fundstelle
BMF, Schreiben vom 17.12.2021, III C 2 - S 7225/19/1001 :0005