BMF: Begleitung der geplanten befristeten Senkung der Umsatzsteuersätze durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz
Veranstaltungshinweis
- In einem Webinar am 26.06.2020 von 13.00-14.00 Uhr werden praktische Hinweise gegeben, was bei der Umsetzung der befristeten Absenkung der Umsatzsteuersätze im Unternehmen zu bachten ist. Mehr zum Webinar
Hintergrund
Die geplante Senkung der Umsatzsteuersätze für den Zeitraum 01.07. bis 31.12.2020 im Rahmen des vom Koalitionsausschuss am 03.06.2020 beschlossenen Konjunkturpakets (siehe Deloitte Tax-News, Umsetzung im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz siehe Deloitte Tax-News) stellt die deutsche Wirtschaft vor große Herausforderungen. Der Aufwand für die notwendige Umstellung der ERP- / Buchhaltungs- und Kassensysteme ist enorm und steht außer Verhältnis zu dem verhältnismäßig kurzen Zeitraum von sechs Monaten, in dem die niedrigeren Steuersätze anwendbar sein sollen.
Das BMF hat am 15.06.2020 den Entwurf eines Schreibens veröffentlicht (ausführlich zum Entwurf siehe Deloitte Tax-News), das die befristete Absenkung der Umsatzsteuersätze begleiten soll. Das Schreiben ist im Wesentlichen inhaltsgleich mit den Ausführungen des BMF aus dem Schreiben vom 11.08.2006 zur letzten Steuersatzänderung (Erhöhung des Regelsteuersatzes auf 19% zum 01.01.2007), was wir so auch erwartet hatten (vgl. Deloitte Tax News).
Praktische Hinweise zur geplanten Umstellung: Wohin mit den Umsätzen in der Umsatzsteuer-Voranmeldung ab 01.07.2020?
Die Hoffnung, dass das BMF den Steuerpflichtigen Erleichterungen durch Nichtbeanstandungs- oder Billigkeitsregelungen z.B. für falsch ausgewiesene Umsatzsteuer gewähren wird, hat sich bislang nicht erfüllt. Auch zu der praktisch relevanten Frage, wie die Umsätze ab dem Voranmeldungszeitraum Juli bzw. 3. Quartal 2020 in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzubilden sind oder ob es neue Formulare geben wird, hat das BMF keine klare Aussage getroffen. Aus den Hinweisen zur Erklärung von Anzahlungen und (Teil)Entgelten, die vor dem 30.06.2020 vereinnahmt wurden und auf Leistungen entfallen, die im 2. Halbjahr 2020 erbracht werden (siehe dazu unten), lässt sich jedoch vermuten, dass es keine neuen Formulare geben wird. Vielmehr schließen wir daraus, dass alle im 2. Halbjahr erbrachten Umsätze zu 16% und 5% insgesamt in das Feld „Steuerpflichtige Umsätze zu anderen Steuersätzen“ (Zeile 28) aufzunehmen sind. Anders als bei den Feldern für Umsätze zu 19% und 7% (Zeilen 26 und 27) wird hier die Umsatzsteuer bei Eintragung der Bemessungsgrundlage nicht automatisch berechnet, sondern muss manuell ermittelt und eingetragen werden. Insbesondere bei Unternehmen, die sowohl Leistungen ausführen, die dem ermäßigten als auch solche, die dem Regelsteuersatz unterliegen, kann dies zu Schwierigkeiten führen. Zur Nachvollziehbarkeit der Umsätze im Nachhinein und um Fehler möglichst zu vermeiden, sollte die Berechnung sorgfältig dokumentiert werden. Diese Dokumentation kann auch als Nachweis z.B. im Rahmen von späteren Betriebsprüfungen dienen.
Konkrete Hinweise zur Erklärung der Umsätze in der Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. Umsatzsteuer-Jahreserklärung hat das BMF nur zum Thema Teilentgelte und Anzahlungen, die vor dem 30.06.2020 vereinnahmt werden und auf Leistungen im 2. Halbjahr 2020 entfallen, gegeben (Tz. 8 und 12 des BMF-Schreibens im Entwurf):
Grundsätzlich ist in Rechnungen bis zum 30.06.2020 über (Teil)Leistungen, die im 2. Halbjahr 2020 erbracht werden, der aktuell gültige Steuersatz anzugeben (19% oder 7%). Ab dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung zur Senkung der Umsatzsteuersätze ist es allerdings auch möglich, in entsprechenden Rechnungen bereits den niedrigeren, ab 01.07.2020 gültigen Steuersatz (16% oder 5%) anzugeben, und zwar auch dann, wenn die Rechnung vor dem 30.06.2020 erteilt wird. Die entsprechenden Umsätze sind u.U. schon in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juni bzw. das 2. Quartal 2020 anzugeben (wenn die Vereinnahmung auch noch im Juni erfolgt), und zwar dann nach allgemeinen Grundsätzen in dem Feld „Steuerpflichtige Umsätze zu anderen Steuersätzen“ (Zeile 28).
Hat ein Unternehmer in Anzahlungsrechnungen vor dem 30.06.2020 19% oder 7% Umsatzsteuer für eine im 2. Halbjahr 2020 erbrachte Leistung ausgewiesen, müssen diese Rechnungen nicht korrigiert werden. Es muss allerdings sichergestellt werden, dass das Entgelt für die Gesamtleistung nur in Höhe von 16% oder 5% der Umsatzsteuer unterworfen wird. Es ist daher empfehlenswert, eine End- / Schlussrechnung zu legen, in der die erhaltenen Anzahlungen einzeln und nach Entgelt, Steuerbetrag und Steuersatz aufgegliedert abgesetzt werden. In der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Zeitraum, in dem die Gesamtleistung erbracht und angemeldet wird, soll nach den Ausführungen des BMF dann wie folgt verfahren werden:
- Die bereits mit 19% oder 7% versteuerten Anzahlungen sind als negative Bemessungsgrundlage in den Feldern „Steuerpflichtige Umsätze zu 19% und 7%“ (Zeilen 26 und 27) anzugeben. Es ist ausdrücklich nicht vorgesehen, dass diese Umsätze als negative Bemessungsgrundlage in das Feld „Nachsteuer auf versteuerte Anzahlungen u.ä. wegen Steuersatzänderung“ (Zeile 62) eingetragen werden. Gleichzeitig ist die Bemessungsgrundlage im Feld „Steuerpflichtige Umsätze zu anderen Steuersätzen“ (Zeile 28) einzutragen und die darauf entfallende Umsatzsteuer manuell zu berechnen.
- Sind Anzahlungen bereits mit 16% oder 5% in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen erfasst worden, muss insofern auch keine Korrektur erfolgen.
- In beiden Fällen ist nach Erbringung der Gesamtleistung auch ein ggf. verbleibender, noch nicht angemeldeter Teil des Entgelts der Umsatzsteuer zu unterwerfen (16% oder 5%) und ebenfalls im Feld „Steuerpflichtige Umsätze zu anderen Steuersätzen“ (Zeile 28) einzutragen.
Das BMF hat zu der Frage, wie mit innergemeinschaftlichen Erwerben umzugehen ist, keine Hinweise gegeben. Da aber auch hierfür vergleichbare Felder in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen zur Verfügung stehen (Zeilen 33 bis 35) empfehlen wir, entsprechend vorzugehen. Da der Zeitpunkt der Steuerentstehung bei innergemeinschaftlichen Erwerben z.T. vom Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung abhängt, besteht hier für Unternehmer, die Waren aus dem EU-Ausland beziehen und nicht zum (vollen) Vorsteuerabzug berechtigt sind, ein gewisser Gestaltungsspielraum.
Zu den praktischen Auswirkungen der geplanten befristeten Senkung der Umsatzsteuersätze im Einzelnen v.a. unter prozessualen Gesichtspunkten werden wir am 26.06.2020 einen Webcast veranstalten. Die genauen Daten werden wir in Kürze auf unserer Homepage veröffentlichen. Bei Interesse an einer Einladung können Sie sich auch gern an Frau Raue (iraue@deloitte.de) werden.
Fundstelle
BMF, Befristete Absenkung des allgemeinen und ermäßigten Umsatzsteuersatzes zum 1. Juli 2020; Entwurf eines begleitenden BMF-Schreibens, III C 2 - S 7030/20/10009