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07.11.2024
Indirekte Steuern/Zoll

BFH: Keine rückwirkende Rechnungsberichtigung bei fehlendem Hinweis auf innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft

​Einer Rechnungsberichtigung und der entsprechenden Änderung der Zusammenfassenden Meldung kommt keine Rückwirkung bei formell fehlerhaft behandeltem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft zu.

BFH, Urteil vom 17.07.2024, XI R 35/22 und XI R 34/22

Hintergrund

Mit dem vorliegenden Urteil schließt sich der BFH dem Urteil des EuGH in dem österreichischen Verfahren Luxury Trust (EuGH, Urteil vom 08.12.2022, C-247/21, Luxury Trust, siehe Deloitte Tax News) an. In der Rechtssache Luxury Trust ging es im Wesentlichen um die Frage, ob eine Rechnung, die keinen Hinweis auf die Umkehr der Steuerschuldnerschaft enthält, bei verunglückten Dreiecksgeschäften rückwirkend berichtigungsfähig ist. Der EuGH verneinte dies und führte aus, dass die fehlende Angabe nicht später durch Ergänzung eines Hinweises darauf berichtigt werden kann, dass die Rechnung ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft betrifft und dass die Steuerschuld auf den Empfänger der Lieferung übergeht. Im vorliegenden Fall wies der Kläger auf die Anwendung der Vereinfachungsregelung nach § 25b UStG (innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft) erst in seinen berichtigten Rechnungen und Zusammenfassenden Meldungen hin. Fraglich war, ob diese Rechnungskorrekturen rückwirkend zum Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungen anzuerkennen waren. Wesentlicher Unterschied zur Rechtssache des EuGH war, dass es sich nicht um einen Missbrauchsfall handelte.

Sachverhalt

Der in Deutschland ansässige Kläger lieferte landwirtschaftliche Maschinen u. a. belgischer und tschechischer Hersteller (insbesondere) nach Polen. Die Maschinen wurden direkt von den Herstellern zu den Abnehmern versendet. Alle Beteiligten verwendeten die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-ID) ihres jeweiligen Ansässigkeitsstaats. Der Kläger erklärte zunächst für Lieferungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten in seiner deutschen Umsatzsteuererklärung eingangsseitig innergemeinschaftliche Erwerbe im Inland und machte zugleich den Vorsteuerabzug geltend. Ausgangsseitig erklärte der Kläger steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen nach Polen. Weder seine Zusammenfassenden Meldungen noch seine Rechnungen enthielten zunächst einen Hinweis auf innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte.

Nach einer Betriebsprüfung stellte das Finanzamt fest, dass hier innergemeinschaftliche Reihengeschäfte vorlagen. Die Versendung sei der Lieferung der Hersteller an den Kläger zuzuordnen. Der Ort der Lieferungen des Klägers an seine Kunden liege dagegen als ruhende Lieferungen jeweils im Abnehmerstaat (Polen), wo die Beförderung oder Versendung geendet habe. Dort hätte der Kläger sich für Umsatzsteuerzwecke registrieren und einen innergemeinschaftlichen Erwerb sowie eine anschließende Inlandslieferung an die Kunden melden müssen. Weil er gegenüber den Herstellern mit deutscher Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aufgetreten war und eine Besteuerung des Erwerbs im Zielstaat Polen nicht nachgewiesen worden sei, schulde er daneben in Deutschland die Steuer aus einem „fiktiven“ innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 3d Satz 2 UStG), die er nicht als Vorsteuer abziehen könne. Von der Vereinfachungsregel des § 25b UStG habe der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Für deren Anwendung hätte der Kläger in der Rechnung an den letzten Abnehmer auf das Dreiecksgeschäft und die übergegangene Steuerschuldnerschaft hinweisen müssen.

Der Kläger erteilte daraufhin berichtigte Rechnungen und Zusammenfassende Meldungen derart, dass nun auf das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft hingewiesen wurde.

Er beantragte, die Rechnungskorrekturen rückwirkend zum Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsstellung anzuerkennen. 

Entscheidung

Im Anschluss an das EuGH Urteil Luxury Trust entschied der BFH, dass die nachträgliche Korrektur von Rechnungen im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 14a Abs. 7 UStG keine Rückwirkung entfaltet. Die Strafsteuer gilt so lange, bis der erste Abnehmer, der eine USt-ID Nr. verwendet, die nicht aus dem Land stammt, in dem der innergemeinschaftliche Erwerb bewirkt wird, nachweist, dass der Erwerb durch das Bestimmungsland besteuert worden ist oder im Rahmen der Vereinfachungsregelung als besteuert gilt, sofern der erste Abnehmer seiner Erklärungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.

Entscheidungsgründe

Der Ort der innergemeinschaftlichen Erwerbe des Klägers lag vorliegend im Bestimmungsland (Polen). Dieser Erwerb ist nachweislich nicht besteuert worden, noch gilt er als besteuert. Daher gilt der fiktive innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d S. 2 UStG in Deutschland als bewirkt. Die Voraussetzungen der Fiktion der Erwerbsbesteuerung im innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft in Polen haben in den Streitjahren nicht vorgelegen, noch sind sie rückwirkend eingetreten. Der Kläger (als erster Abnehmer) hat dem letzten Abnehmer in Polen ursprünglich keine Rechnung im Sinne des § 14a Abs. 7 UStG erteilt. Der Berichtigung der Rechnungen um den Hinweis, dass ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vorliegt sowie auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft, kann nach dem EuGH Urteil Luxury Trust keine Rückwirkung zukommen, da der Schuldner der Steuer, mangels Hinweises auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft, nicht wirksam bestimmt worden ist. Es handelt sich bei der nachträglichen Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung des Klägers daher um keine Korrektur, sondern um die erstmalige Ausstellung der vorausgesetzten Rechnung. Die Wirkungen der Vereinfachungsregelungen treten damit erst ex nunc ein. Das gilt grundsätzlich für alle Fälle des Dreiecksgeschäfts und nicht nur in den Fällen, in denen ein Steuerbetrug bzw. ein Missbrauchsfall vorliegt.

Hinweis

Anders als bei der Berichtigung von Rechnungen, die in den meisten Fällen zu einem rückwirkenden Vorsteuerabzug führt, gelten diese Grundsätze nicht für das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft. Hier gibt es Fehler, die sich nicht mehr rückwirkend beseitigen lassen. Denn bei der Regelung des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts handelt es sich um eine Vereinfachungsregelung, deren Anwendung optional ist. Wird die Vereinfachungsregelung angewendet, so müssen die materiellen Voraussetzungen der Regelung erfüllt sein. Sind sie es nicht, können diese Voraussetzungen nicht rückwirkend berichtigt werden. Grundsätzlich sollten Unternehmen daher sorgfältig prüfen, ob innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte vorliegen und ob sie die Vereinfachungsregelung des § 25b UStG nutzen wollen bzw. falls ja, ob deren Voraussetzungen (insbesondere § 14a Abs. 7 UStG) erfüllt sind, da es andernfalls zu Nachzahlungen kommen kann. Aufgrund der Risiken, die mit einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft verbunden sind, kann es sich unter Umständen bei längerfristigen Sachverhalten anbieten, sich doch im Abgangsland der Ware oder im Bestimmungsland der Ware registrieren zu lassen.  

Betroffene Normen

​§ 25b UStG ​

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17.07.2024, XI R 35/22 und XI R 34/22

Ihre Ansprechpartner

Ulrich Grünwald
Partner

ugruenwald@deloitte.de
Tel.: +493025468258

Diana-Catharina Kurtz
Senior Manager

dkurtz@deloitte.de
Tel.: +4989290368025

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