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13.12.2018
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

Ländererlasse: Grunderwerbsteuerliche Vergünstigungen bei Gesamthandsgemeinschaften

Die Ländererlasse zur Anwendung der grunderwerbsteuerlichen Vergünstigungen für Gesamthandsgemeinschaften (Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG) wurden aktualisiert. Die Aktualisierungen beruhen im Wesentlichen auf redaktionellen Änderungen. Das Vorgängerschreiben vom 09.12.2015 wird ersetzt.

Hintergrund

Da Gesamthandsgemeinschaften grunderwerbsteuerrechtlich selbständige Rechtsträger sind, unterliegen auch Erwerbsvorgänge zwischen einer Gesamthandsgemeinschaft und den an ihr Beteiligten bzw. zwischen Gesamthandsgemeinschaften untereinander der Steuer. Anders als bei Kapitalgesellschaften ist bei Gesamthandsgemeinschaften jeder Gesellschafter allein kraft seines Mitgliedschaftsrechts sachenrechtlich am Vermögen der Gesamthand beteiligt (gesamthänderische Mitberechtigung).

Nach Maßgabe der §§ 5 und 6 GrEStG wird die Steuer für den Grundstücksübergang dann nicht erhoben, wenn der übertragende oder erwerbende Gesamthänder am Gesamthandsvermögen beteiligt ist. Dies gilt entsprechend beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand, soweit deren Gesamthänder identisch sind und ihre Beteiligungshöhe übereinstimmt.

Verwaltungsanweisung

Zur Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG nehmen die Obersten Finanzbehörden der Länder in einem aktualisierten Erlass Stellung. Die Aktualisierungen beruhen im Wesentlichen auf redaktionellen Änderungen. Auch wenn somit nicht über Neuerungen zu berichten ist, soll im Folgenden ein Überblick über die Anwendung der grunderwerbsteuerlichen Vergünstigungen für Gesamthandsgemeinschaften gegeben und die grundlegenden Aussagen der Verwaltungsanweisung zusammengefasst werden.

Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG in den Fällen der § 1 Abs. 2a, Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG

  • Anwendung in den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG
    Die Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 GrEStG ist in den Fällen des § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG anwendbar. Die Steuer wird nicht erhoben, soweit der Anteil des in der fiktiv neuen Gesellschaft verbleibenden Gesellschafters dem Anteil entspricht, mit dem er am Vermögen der Gesamthand vor dem Gesellschafterwechsel beteiligt war.
    Im Rahmen der Anwendung des § 6 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 GrEStG gelten Kapitalgesellschaften, die durch die Änderung ihrer Beteiligungsverhältnisse in voller Höhe (vgl. BFH-Urteil vom 24.04.2013) bzw. um mindestens 95 % (ab 06.11.2015, StÄndG 2015) als Neugesellschafter anzusehen sind, nicht am Vermögen der fiktiv neuen Gesamthandsgemeinschaft beteiligt. Andernfalls würde die Besteuerung nach § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG, die auch mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand erfasst, entgegen dem gesetzgeberischen Willen neutralisiert (vgl. BFH-Urteil vom 29.02.2012). Die Vergünstigung ist damit im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2a GrEStG nach dem Zweck der Vorschriften einschränkend auszulegen.
  • Anwendung in den Fällen der § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG
    Die Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 2 und Abs. 3 GrEStG ist anwendbar, wenn der Tatbestand des § 1 Abs. 3 bzw. der des § 1 Abs. 3a GrEStG bei einer grundbesitzenden Personengesellschaft verwirklicht wird. Dies gilt sowohl im Fall der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG) als auch im Fall der Anteilsübertragung (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 GrEStG).

Versagung der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG

  • Allgemeines
    Zur Vermeidung von Steuerumgehungen regelt § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG, dass die gewährte Vergünstigung rückwirkend zu versagen ist, soweit sich innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand der Anteil des übertragenden Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand vermindert.
    Als Verminderung des Anteils des übertragenden Gesamthänders am Vermögen der Gesamthand ist z. B. das Ausscheiden aus der Gesellschaft, die Herabsetzung der Beteiligung durch Verkauf,
    Übertragung usw. auf andere Gesellschafter oder auf einen Treuhänder und die Aufnahme neuer Gesellschafter zu verstehen.
  • Formwechselnde Umwandlung
    Auch die formwechselnde Umwandlung der grundstückserwerbenden Gesamthand in eine Kapitalgesellschaft sowie die heterogene formwechselnde Umwandlung des grundstücksübertragenden Gesamthänders führt zum Wegfall der Steuervergünstigung für die Grundstücksübertragung. Im letzteren Fall verliert der grundstücksübertragende Gesamthänder seine gesamthänderische Mitberechtigung am Vermögen der Gesellschaft und damit auch an dem Grundstück. Nach Maßgabe der spezifischen grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnung ändert sich als Folge einer solchen Umwandlung das grunderwerbsteuerliche Zuordnungssubjekt (analoge Anwendung des BFH-Urteils vom 25.09.2013).
  • Veräußerung des Grundstücks
    Das Ausscheiden des Grundstücks aus dem Gesamthandsvermögen durch einen erneuten grunderwerbsteuerbaren Rechtsvorgang innerhalb der Frist des § 5 Abs. 3 bzw. des § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG führt nicht zur rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung, da eine Missbrauchsgestaltung objektiv nicht vorliegt.
  • Anwachsung
    Eine rückwirkende Versagung der Steuervergünstigung scheidet auch dann aus, wenn das Grundstück innerhalb der Fünfjahresfrist im Rahmen einer Anwachsung auf den grundstücksübertragenden Gesamthänder (in einem Rechtsakt oder mehreren Rechtsakten), einen Gesellschafter, der das Grundstück nicht übertragen hat (in einem Rechtsakt), oder einen fremden Dritten (in einem Rechtsakt) übergeht. In diesen Fällen liegt jeweils ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GrEStG steuerbarer Rechtsvorgang vor, der einen Missbrauch objektiv ausschließt.
  • Umwandlung einer mittelbaren in eine unmittelbare Beteiligung bzw. einer unmittelbaren in eine mittelbare Beteiligung
    Wenn innerhalb der maßgeblichen Fünfjahresfrist die Beteiligung an der erwerbenden Gesamthand von einer, über eine oder mehrere Gesamthandsgemeinschaften bestehenden, mittelbaren zu einer unmittelbaren Beteiligung verstärkt wird, findet § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG keine Anwendung. Eine Abschwächung von einer unmittelbaren zu einer mittelbaren Beteiligung führt dagegen zu einer rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung, soweit sich hierdurch der Anteil am Vermögen der erwerbenden Gesamthand vermindert. Mittelbare Beteiligungen über Kapitalgesellschaften bleiben unberücksichtigt, da deren Gesellschafter nicht an der Personengesellschaft beteiligt sind.
  • Verwirklichung der Tatbestände nach § 1 Abs. 2a, Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG
    Wenn durch die Anteilsverminderung ein steuerbarer Rechtsvorgang i.S. des § 1 Abs. 2a, Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG verwirklicht wird, scheidet eine rückwirkende Versagung der Steuervergünstigung aus.
    Erfolgt ein nach § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG steuerbarer Gesellschafterwechsel sukzessive, ist § 5 Abs. 3 oder § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG sowohl auf die Gesellschafterwechsel, die zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a GrEStG beitragen, als auch auf solche, die den Tatbestand auslösen, anzuwenden. Um eine mögliche Doppelbelastung zu vermeiden, enthält § 1 Abs. 2a S. 7 GrEStG eine Anrechnungsregelung für die Fälle, in denen wegen der Anteilsverminderung des übertragenden Gesellschafters am Vermögen der Gesamthand die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 GrEStG rückwirkend entfällt und wegen des Gesellschafterwechsels eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG vorzunehmen ist.

Anwendung

  • Der Erlass ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

Betroffene Norm

§§ 5, 6 GrEStG

Fundstelle

Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleich lautende Erlasse vom 12.11.2018 (zur Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG) 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 25.09.2013, II R 17/12, BStBl II 2014, S. 268

BFH, Urteil vom 24.04.2013, II R 17/10, BStBl II 2013, S. 833, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 29.02.2012, II R 57/09, BStBl II 2012, S. 917, siehe Deloitte Tax-News

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