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15.10.2020
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

Ländererlasse: Anwendung des § 6a GrEStG

Aktuell: 

OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung vom 25.02.2021

Mit ihrer Verfügung vom 25.02.2021 hat die OFD Nordrhein-Westfalen ergänzende Hinweise betreffend den Ländererlass vom 22.09.2020 zur Anwendung des § 6a GrEStG gegeben. Mehr siehe unter „Anmerkung“.

OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung vom 25.02.2021, S 4518-2014/0006-St 255
                                                                                                                              

Als Reaktion auf die jüngste Rechtsprechung des BFH zur grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel haben die obersten Finanzbehörden der Länder ihren Erlass zur Anwendung des § 6a GrEStG aktualisiert. Die Vorgängerschreiben vom 19.06.2012 und vom 09.10.2013 werden ersetzt.

Hintergrund

Der BFH hat sich mit Urteilen vom 21.08.2019 und 22.08.2019 in sieben Urteilen zur Anwendung der Konzernklausel des § 6a GrEStG geäußert (siehe Deloitte Tax-News). In seinen Entscheidungen legt er die Regelungen der grunderwerbsteuerlichen Vergünstigung weit aus und tritt dabei der bisherigen Verwaltungsauffassung entgegen. Das gilt sowohl für den in der Norm verwendeten Begriff des herrschenden Unternehmens als auch für die von der Steuerbegünstigung erfassten Umwandlungsvorgänge. Insbesondere fordert der BFH die Einhaltung der für die Steuerbegünstigung vorausgesetzten Vor- und Nachbehaltensfristen nur insoweit, als dies aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch möglich ist. Als Reaktion auf die aktuelle Rechtsprechung haben die obersten Finanzbehörden der Länder mit Erlass vom 22.09.2020 nun ihre Hinweise zur Anwendung des § 6a GrEStG überarbeitet.

Verwaltungsanweisung

Im Folgenden werden die wesentlichen Punkte des aktualisierten Erlasses sowie Änderungen gegenüber den Vorgängerschreiben vom 19.06.2012 und 09.10.2013 dargestellt.

Allgemeines

An der Verwaltungsauffassung zu dem Begriff „Verbund“ (vgl. gleich lautende Erlasse vom 19.06.2012 und vom 09.10.2013) wird nicht weiter festgehalten.
Die Steuervergünstigung des § 6a GrEStG ist nicht grundstücksbezogen. § 6a GrEStG stellt nicht auf den Verbleib der durch den Umwandlungsvorgang übergehenden Grundstücke, sondern allein auf die Beteiligungsverhältnisse ab (vgl. BFH-Urteil vom 22.08.2019, II R 17/19). Änderungen in der grunderwerbsteuerrechtlichen Zurechnung der Grundstücke in den Vor- und Nachbehaltensfristen sind somit unbeachtlich.

Begünstigungsfähige Erwerbsvorgänge

Begünstigt sind Umwandlungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 - 3 UmwG. Die Steuervergünstigung in § 6a GrEStG erfasst dabei u.a. die Fälle,

  • dass eine abhängige Gesellschaft auf das herrschende Unternehmen verschmolzen wird (vgl. BFH-Urteil vom 22.08.2020, II R 18/19 und vom 21.08.2020, II R 20/19) 
  • dass eine abhängige Gesellschaft auf eine natürliche Person als herrschendes Unternehmen verschmolzen wird (vgl. BFH-Urteil vom 21.08.2020, II R 15/19) und
  • dass eine abhängige Gesellschaft durch Ausgliederung aus dem herrschenden Unternehmen neu entsteht (vgl. BFH-Urteil vom 21.08.2020, II R 16/19).

Es erfolgt keine Differenzierung, in welche Richtung, ob horizontal auf eine Schwestergesellschaft (Umwandlung in der Seitenlinie – sidestream-Merger) oder ob vertikal auf die Muttergesellschaft (Umwandlung von unten nach oben – upstream-Merger), eine Gesellschaft verschmolzen wird (BFH-Urteil vom 21.08.2020, II R 15/19). Auch die Umwandlung der Muttergesellschaft auf eine Tochtergesellschaft (Umwandlung von oben nach unten – downstream-Merger) wird begünstigt. 

Darüber hinaus sind Umwandlungen i.S. des § 1 Abs. 2 UmwG begünstigt, wenn sie durch ein anderes Bundesgesetz oder ein Landesgesetz ausdrücklich vorgesehen sind. Die formwechselnde Umwandlung (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UmwG) ist nicht begünstigt. In Fällen der Ausgliederung bzw. Aufnahme eines Einzelunternehmens auf eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft ist die Steuervergünstigung in § 6a GrEStG nicht einschlägig.

Herrschendes Unternehmen

An den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des herrschenden Unternehmens sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn das herrschende Unternehmen über eine Beteiligung an einer abhängigen Gesellschaft am Markt teilnimmt (vgl. BFH-Urteil vom 21.08.2019, II R 19/19). Hierfür ist erforderlich, dass mindestens eine am Umwandlungsvorgang beteiligte abhängige Gesellschaft am Markt wirtschaftlich tätig ist.

Es ist nicht erforderlich, dass der an der Umwandlung als herrschendes Unternehmen beteiligte Rechtsträger ein Unternehmer im Sinne des § 2 UStG ist (vgl. BFH-Urteil vom 21.08.2019, II R 19/19). Unerheblich ist auch, ob das herrschende Unternehmen die Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft im Privat- oder im Betriebsvermögen hält. Der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann herrschendes Unternehmen im Sinne des § 6a GrEStG sein (vgl. BFH-Urteil vom 21.08.2019, II R 15/19). Der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann herrschendes Unternehmen im Sinne des § 6a GrEStG sein. Er ist über seine Beteiligung an der Gesellschaft wirtschaftlich tätig, sofern diese Gesellschaft selbst wirtschaftlich tätig ist. 

Fristen (§ 6a S. 4 GrEStG)

Die in § 6a S. 4 GrEStG genannten fünfjährigen Vor- und Nachbehaltensfristen müssen nur insoweit eingehalten werden, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch rechtlich eingehalten werden können (vgl. BFH-Urteile vom 21.08.2019, II R 15/19, II R 16/19, II R 20/19, II R 21/19 sowie vom 22.08.2019, II R 17/19, II R 18/19).

Vorbehaltensfrist

Die Einhaltung der Vorbehaltensfrist ist in Bezug auf die neu gegründete Gesellschaft in den nachfolgenden Fällen rechtlich nicht möglich und daher entbehrlich:

  • Aufspaltung zur Neugründung (§ 123 Abs. 1 Nr. 2 UmwG),
  • Abspaltung zur Neugründung (§ 123 Abs. 2 Nr. 2 UmwG),
  • Ausgliederung zur Neugründung (§ 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG).

Bei der Verschmelzung, Abspaltung und Ausgliederung zur Aufnahme einer von dem herrschenden Unternehmen abhängigen Gesellschaft auf eine andere abhängige Gesellschaft muss das herrschende Unternehmen fünf Jahre vor der Verschmelzung zu mind. 95 % am Kapital oder Gesellschaftsvermögen an beiden abhängigen Gesellschaften ununterbrochen beteiligt gewesen sein (vgl. BFH-Urteil vom 22.08.2019, II R 17/19).

Bei der Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf das herrschende Unternehmen muss das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor der Verschmelzung zu mind. 95 % am Kapital oder Gesellschaftsvermögen der verschmolzenen abhängigen Gesellschaft ununterbrochen beteiligt gewesen sein (vgl. BFH-Urteile vom 21.08.2019, II R 15/19 und vom 22.08.2019, II R 17/19, II R 18/19).

Nachbehaltensfrist

Die Einhaltung der Nachbehaltensfrist ist in Bezug auf die übertragenden Rechtsträger in den nachfolgenden Fällen rechtlich nicht möglich und daher unbeachtlich:

  • Verschmelzung zur Aufnahme (§ 2 Nr. 1 UmwG),
  • Verschmelzung zur Neugründung (§ 2 Nr. 2 UmwG),
  • Aufspaltung zur Aufnahme (§ 123 Abs. 1 Nr. 1 UmwG),
  • Aufspaltung zur Neugründung (§ 123 Abs. 1 Nr. 2 UmwG),
  • Vollübertragung des gesamten Vermögens eines Rechtsträgers (§ 174 Abs. 1 UmwG),
  • Vermögensübertragung durch Aufspaltung zur Aufnahme (§ 174 Abs. 2 Nr. 1 UmwG).

In den Fällen, in denen zwei von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften an der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung beteiligt sind, muss die Nachbehaltensfrist in Bezug auf beide abhängige Gesellschaften gewahrt bleiben, d. h. das durch den Umwandlungsvorgang begründete Abhängigkeitsverhältnis zu mind. 95 % muss nach dem Vorgang mind. fünf Jahre bestehen (vgl. BFH-Urteil vom 21.08.2019, II R 15/19).

Anwendung

Dieser Erlass tritt an die Stelle der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.06.2012 sowie vom 09.10.2013 und ist in allen offenen Fällen anzuwenden. 

Betroffene Normen

​§ 6a GrEStG

Anmerkung

OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung vom 25.02.2021, S 4518-2014/0006-St 255

Die OFD Nordrhein-Westfalen hat mit ihrer Verfügung vom 25.02.2021 ergänzende Bearbeitungshinweise betreffend den Ländererlass vom 22.09.2020 zur Anwendung des § 6a GrEStG gegeben. Im Rahmen der Verfügung wird unter anderem auf den Begriff des herrschenden Unternehmens, auf die Bestimmung begünstigungsfähiger Erwerbsvorgänge sowie auf die Einhaltung von Vor- und Nachbehaltensfristen bei begünstigten Umwandlungsvorgängen näher eingegangen. Zudem wird die Anwendung des § 6a GrEStG auf diverse Fallkonstellationen anhand von Beispielen diskutiert. Die Verwaltungsanweisung enthält außerdem den allgemeinen Hinweis, dass die Voraussetzungen des § 6a GrEStG im Zeitpunkt der Verwirklichung des steuerbaren Erwerbsvorgangs gemeinsam vorliegen müssen (Stichtagsprinzip).

Fundstelle

Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleich lautende Erlasse vom 22.09.2020

Weitere Fundstellen

OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung vom 25.02.2021, S 4518-2014/0006-St 255

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