Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz: Auswirkungen der geplanten Änderungen auf die Höhe der Grunderwerbsteuer im Fall von Share Deals
Aktuell:
- Der Bundesrat hat am 07.05.2021 zum Gesetzentwurf Stellung genommen
- Der Bundestag hat am 21.04.2021 das Gesetz verabschiedet, siehe Deloitte Tax-News
Die Bundesregierung sieht aus Anlass der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhof Handlungsbedarf zur Anpassung des steuerlichen Bewertungsgesetzes. Die angedachten Änderungen sind insbesondere für die Ermittlung der Höhe der Grunderwerbsteuer im Fall von Share Deals maßgeblich.
Hintergrund
Die Bundesregierung hat am 31.03.2021 den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur erleichterten Umsetzung der Reform der Grundsteuer und Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz – GrStRefUG) verabschiedet (zum Überblick des Gesetzentwurfes siehe Deloitte Tax-News). Damit soll der Gesetzgebungsbedarf umgesetzt werden, der sich nach Auffassung der Bundesregierung im Rahmen der laufenden Umsetzung der Grundsteuer-Reform (siehe Deloitte Tax-News) sowie aus der in letzter Zeit ergangener höchstrichterlicher Rechtsprechung bei der Bewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteure sowie Grunderwerbsteuer ergeben hat. Eine weitere Änderung betrifft Änderungen am Forschungszulagengesetz.
Regelungen mit Auswirkung auf die Grunderwerbsteuer
Nachfolgend sollen die angedachten Änderungen näher beleuchtet werden, die insbesondere für die Ermittlung der Höhe der Grunderwerbsteuer im Fall von Share Deals maßgeblich sind.
Derzeit ist gemäß § 8 Absatz 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) für Share Deals der Grundbesitzwert, welcher die Grundlage für die Höhe der Grunderwerbsteuer bildet, nach dem Regelwerk des Bewertungsgesetzes (BewG) zu ermitteln.
Für die einzelnen Teilschritte im jeweilig anzuwenden Verfahren des Bewertungsgesetzes (Vergleichswertverfahren, Ertragswertverfahren, Sachwertverfahren) wird neben den einschlägigen gesetzlichen pauschalen Wertansätzen auch auf Faktoren zurückgegriffen, die der örtlich zuständige Gutachterausschuss für Grundstücksbewertung in jährlichem / zweijährlichem Turnus regelmäßig ermitteln soll (u.a. der sog. Liegenschaftszinssatz, Sachwertfaktoren sowie Bewirtschaftungskosten).
Die schematische und pauschalierende Bewertung durch das Bewertungsgesetz führt teilweise zu Ergebnissen, die den tatsächlichen Verkehrswert des Grundbesitzes übersteigen. Der Gesetzgeber hat daher in § 198 BewG die Möglichkeit für den Steuerpflichtigen vorgesehen, einen niedrigeren gemeinen Wert („Verkehrswert“) des Grundbesitzes nachzuweisen.
Der Nachweis kann grundsätzlich durch ein Gutachten auf den Bewertungsstichtag (Verkehrswertgutachten) oder einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommenen Kaufpreis für das Grundstück nachgewiesen werden.
Bezüglich der Anwendung der o.g. von den Gutachterausschüssen herausgegebenen Faktoren (Liegenschaftszinssätze etc.) und über die Kriterien und Anforderungen, die an ein Verkehrswertgutachten zu stellen sind, herrscht jedoch derzeit Uneinigkeit zwischen der Rechtsprechung des BFH und der Finanzverwaltung.
Deshalb soll laut Gesetzesbegründung (Entwurf) durch ergänzende und klarstellende Formulierungen innerhalb der entsprechenden Normen Rechtsicherheit geschaffen werden. Für die Bewertung insbesondere in den Fällen von „Share-Deals“ kommt diesen Neuerungen erhebliche Bedeutung zu.
Nachfolgend sollen die wichtigsten Details dazu näher betrachtet werden.
Liegenschaftszinssätze, Sachwertfaktoren, Bewirtschaftungskosten
Die u.a. für die Bewertung maßgeblichen Faktoren (u.a. Liegenschaftszinssatz, Sachwertfaktoren, Bewirtschaftungskosten) sind derzeit grundsätzlich diejenigen, welche von den Gutachterausschüssen ermittelt werden. Soweit beispielsweise keine Liegenschaftszinssätze der Gutachterausschüsse auf den Bewertungsstichtag zur Verfügung stehen, gelten die gesetzlichen Zinssätze gemäß § 188 Absatz 2 Satz 2 BewG. Sehr vereinfacht dargestellt kann gesagt werden, dass ein niedrigerer Liegenschaftszins regelmäßig zu einem höheren Grundbesitzwert und damit zu einer höheren Grunderwerbsteuerbelastung führt. Die Finanzverwaltung hat in etlichen Verfahren für Bewertungsstichtage, für die kein Liegenschaftszins zum Bewertungsstichtag von den Gutachterausschüssen ermittelt worden ist, nicht auf die gesetzlich vorgesehenen Zinssätze zurückgegriffen. Stattdessen hat die Finanzverwaltung zu Ungunsten der Steuerpflichtigen auf (gegenüber den gesetzlichen Zinssätzen) niedrigere, in der Vergangenheit von den Gutachterausschüssen ermittelte Liegenschaftszinssätze zurückgegriffen, die für das entsprechende Grundstück ermittelt worden sind, auch wenn diese schon einige Jahre vor dem Bewertungsstichtag lagen.
Der BFH hat in seinem Urteil vom 18. September 2019 (II R 13/16) jedoch entschieden, dass es für diese Vorgehensweise keine gesetzliche Grundlage gibt und die Finanzverwaltung (bzw. in diesem konkreten Fall der Steuerpflichtige) nicht auf einen Liegenschaftszinssatz zurückgreifen darf, der für Zeiträume ermittelt wurde, der nicht den Bewertungsstichtag mit umfasst. Dann sind die gesetzlichen Liegenschaftszinssätze nach § 188 Abs. 2 Satz 2 BewG heranzuziehen.
Der Gesetzgeber möchte nun die Vorgehensweise der Finanzverwaltung durch den vorgelegten Gesetzentwurf rechtlich legitimieren. Er ist der Ansicht, dass durch die in der Regel erst nachlaufende Ermittlung solcher Faktoren wie den Liegenschaftszins durch die Gutachterausschüsse und den dadurch häufig angewandten gesetzlichen Zinssatz die Ergebnisse verfälscht werden und dies zu Rechtsunsicherheit führt. Änderungsbedarf sieht der Gesetzgeber wohl jedoch insbesondere deshalb, weil die gesetzlichen Liegenschaftszinssätze aufgrund des derzeitigen Zinsniveaus zu Gunsten der Steuerpflichtigen meistens deutlich über dem Marktniveau liegen. Deshalb soll zukünftig, wie bei der Bodenwertermittlung, das sog. Stichtagsprinzip gelten, bei dem stets die Faktoren des letzten vorangegangenen Stichtages vor dem Bewertungsstichtag für die Grundbesitzbewertung maßgeblich sind, sofern auf den Bewertungsstichtag keine Werte der Gutachterausschüsse verfügbar sind.
Beispiel:
Der die Grunderwerbsteuer auslösende Bewertungsstichtag ist der 01.08.2021. Für das Jahr 2021 existieren noch keine vom Gutachterausschuss herausgegebenen Bodenrichtwerte und auch keine Liegenschaftszinssätze. Gemäß dem Stichtagsprinzip muss derzeit für die Bewertung auf den Bodenrichtwert - festgestellt zum Stichtag 31.12.2020 - zurückgegriffen werden. Dies soll nunmehr auch für den Liegenschaftszinssatz sowie die weiteren o.g. Faktoren gelten. Der Rückgriff erfolgt dabei laut Gesetzesentwurf auf das Kalenderjahr, das vor dem Jahr endet, in dem der Bewertungsstichtag liegt.
Verkehrswertgutachten
Um unbillige Ergebnisse zu vermeiden, die ggf. durch die pauschalierende Bewertung des BewG zustande kommen, kann der Steuerpflichtige gemäß § 198 BewG den niedrigeren gemeinen Wert nachweisen. Die steuerliche Bewertung nach dem Bewertungsgesetz hat jedoch stets zu erfolgen. Über die Anforderungen an ein Gutachten zum Nachweis des Verkehrswertes hat der BFH in seiner Rechtsprechung im Urteil vom 5. Dezember 2019 (II R 9/18) erneut seine Ansicht bekräftigt, dass der Nachweis nur durch ein Gutachten, das der örtlich zuständige Gutachterausschuss oder ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Grundstücksbewertung erstellt hat, geführt werden kann.
Die Finanzverwaltung eröffnet dem Steuerpflichtigen hingegen derzeit die Möglichkeit, den Nachweis darüber hinaus auch durch ein Gutachten zu erbringen, dass ein Sachverständiger verfasst hat, der über besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Bewertung von Grundstücken verfügt (Erbschaftssteuerrichtlinien: R B 198 Absatz 3). Der Sachverständige muss dazu von einer staatlich, staatlich anerkannten oder DIN EN ISO/IEC akkreditierten Stelle für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt worden sein.
Durch die nunmehr vom Gesetzgeber angedachte Änderung soll die Meinung der Finanzverwaltung in das Bewertungsgesetz aufgenommen werden. Weiterhin soll es bei der Nachweismöglichkeit eines (niedrigeren) gemeinen Werts durch den im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommenen Kaufpreises bleiben.
Einig dagegen sind sich der BFH und die Finanzverwaltung aber unverändert darüber, dass Gutachten, die von Architekten, Steuerberatern (Sozietäten oder Einzelpersonen), Bauunternehmern oder sonstigen Beratungsunternehmen (wie z.B. Wirtschaftsprüfungs-gesellschaften, sog. Consulting-Gesellschaften, Beleihungsgutachten von Kreditinstituten, etc.) erstellt worden sind, auch weiterhin nicht zum Nachweis des gemeinen Wertes geeignet sind. Dies gilt für Gutachten von vorgenannten Unternehmen selbst dann, wenn Verfasser der Gutachten Personen sind, die für sich die Kriterien (z.B. als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger) erfüllen.
Fundstelle
Bundesregierung, Regierungsentwurf eines Gesetzes zur erleichterten Umsetzung der Reform der Grundsteuer und Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften