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28.07.2016
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

BFH: Keine GrESt bei Abtretung des Anspruchs auf Übertragung eines Gesellschaftsanteils

Die Abtretung eines kaufvertraglichen Anspruchs auf Übertragung von mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft und die Begründung der Verpflichtung dazu unterliegen nicht der Grunderwerbsteuer. Gleiches gilt für die Anteilsübertragung vom bisherigen Gesellschafter unmittelbar auf den Abtretungsempfänger.

Sachverhalt

Mit Vertrag vom 01.09.2006 verkaufte die A-Bank ihre 100%-Beteiligung an der B-AG, die ihrerseits an verschiedenen grundbesitzenden Kapitalgesellschaften beteiligt war, an die C-Bank. Der C-Bank stand das Recht zu, vor dem Vollzug des Vertrages eine Gesellschaft ihrer Unternehmensgruppe als Käuferin zu benennen. Zur Umsetzung des ausgeübten Benennungsrechts schlossen die A-Bank, die C-Bank und die Klägerin am 1. Dezember 2006 eine entsprechende Änderungsvereinbarung. Mit Vertrag gleichen Datums übertrug die A-Bank ihre Anteile an der B-AG unmittelbar auf die Klägerin.

Das Finanzamt sah aufgrund des Vertrags vom 01.09.2006 und in der Anteilsübertragung vom 01.12.2006 je einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG verwirklicht. Das FG ersetzte letzteren Vorgang durch einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG.

Entscheidung

Das Finanzamt habe den am 01.12.2006 vereinbarten Eintritt der Klägerin in den zwischen der A-Bank und der C-Bank am 01.09.2006 geschlossenen Anteilskaufvertrag zu Unrecht der Grunderwerbsteuer unterworfen. Zudem unterliege die Anteilsübertragung von der A-Bank auf die Klägerin nicht der Grunderwerbsteuer.

§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG erfasse nach seinem eindeutigen Wortlaut nur die Begründung eines Anspruches auf Übertragung von mindestens 95% der Anteile an einer Gesellschaft, nicht aber die Abtretung eines bereits bestehenden Übertragungsanspruches oder die Begründung der Verpflichtung dazu. Dies werde insbesondere dadurch deutlich, dass § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 GrEStG vergleichbare Zwischengeschäfte in den im Einzelnen genannten Fällen durch eigenständige Regelungen ausdrücklich der Grunderwerbsteuer unterwerfen. Eine entsprechende Anwendung würde gegen das im Steuerrecht geltende Verbot verstoßen, über den Wortsinn des Gesetzes hinaus Steuertatbestände auszuweiten oder neue Tatbestände zu schaffen.

Die Übertragung der Anteile an der B-AG durch den Vertrag vom 1. Dezember 2006 sei zudem auch nicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG steuerbar. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG unterliegt der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95% der Anteile der Gesellschaft nur dann der Grunderwerbsteuer, wenn dem Übergang der Anteile zuvor kein schuldrechtliches Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, durch das ein Anspruch auf Übertragung der Anteile i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG begründet wurde. Im Streitfall sei somit die Besteuerung der Übertragung der Anteile der A-Bank an der B-AG auf die Klägerin nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG ausgeschlossen, da dieser Übertragung ein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das seinerseits nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterlegen habe. Aufgrund des Vertrags vom 01.09.2006 sei ein Anspruch der C-Bank gegen die A-Bank auf Übertragung der Anteile an der B-AG begründet worden, der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG erfüllt. Damit seien die Grundstücke der Beteiligungsgesellschaften der B-AG grunderwerbsteuerlich der C-Bank und nicht mehr der A-Bank zuzurechnen gewesen. Das schließe eine erneute fiktive Veräußerung derselben Grundstücke durch die A-Bank nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG aus.

Unerheblich sei, dass die Klägerin nicht an dem ursprünglichen, den Anspruch auf Übertragung der Anteile begründenden Rechtsgeschäft beteiligt war. Die zum Verhältnis zwischen § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG und § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG entwickelten Grundsätze, wonach die Auflassung bei vorausgegangenem Verpflichtungsgeschäft ungeachtet der Personenverschiedenheit der am Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft Beteiligten nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt, würden auch für das Verhältnis zwischen § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG und § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG gelten.

Aus § 1 Abs. 6 GrEStG, wonach ein in § 1 Abs. 1, 2 oder 3 GrEStG bezeichneter Rechtsvorgang der Grunderwerbsteuer auch dann unterliegt, wenn ihm ein in einem anderen dieser Absätze bezeichneter Rechtsvorgang vorausgegangen ist, ergebe sich nichts anderes, da die Vorschrift nur Rechtsvorgänge betreffe, die in verschiedenen Absätzen, nicht aber in verschiedenen Nummern eines Absatzes geregelt sind (BFH-Urteil vom 15.01.2003, II R 50/00).

Betroffene Norm

§ 1 Abs. 3 Nr. 3, 4 GrEStG

Streitjahr 2006

Vorinstanz

Finanzgericht Köln, Urteil vom 26.03.2014, 5 K 235/11 

Fundstelle

BFH, Urteil vom 12.05.2016, II R 26/14, BStBl II 2016, S. 748 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 15.01.2003, II R 50/00, BStBl. II 2003, S. 320 

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