BFH: Kein einheitlicher Erwerbsgegenstand bei wesentlich geändertem Generalübernehmervertrag
Ein einheitlicher Erwerbsgegenstand liegt dann nicht vor, wenn der Generalübernehmervertrag zur Bebauung des Grundstücks nach dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags wesentlich geändert wurde. Indizien für eine wesentliche Änderung können die Änderung der Flächengrößen und/oder Baukosten um mehr als 10 % sowie die Errichtung eines zusätzlichen Gebäudes sein.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GbR, erwarb im Jahr 2003 mehrere Grundstücke zur Bebauung. Das Angebot auf Abschluss eines Bauerrichtungsvertrags mit einem Generalübernehmer war auf die schlüsselfertige und funktionsgerechte Erstellung von mehreren Hallen gerichtet. Abweichend vom ursprünglichen Angebot schloss die Klägerin mit dem Generalübernehmer in 2004 einen Vertrag über die Errichtung von mehreren Hallen sowie einem zusätzlichen Konferenzgebäude. Dabei erhöhten sich die Baukosten um 12 %.
Streitig war die Annahme eines einheitlichen Vertragswerks. Finanzamt und FG waren der Ansicht, dass die von der Klägerin erworbenen Grundstücke nach den Grundsätzen über den einheitlichen Erwerbsgegenstand in bebautem Zustand Gegenstand der Erwerbsvorgänge gewesen seien.
Entscheidung
Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein einheitliches Vertragswerk vorliege, da es an einem objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Generalübernehmervertrag fehle. In die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer seien die Kosten für die Errichtung des Gebäudes nicht einzubeziehen.
Ergebe sich aus zusätzlich zum zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäft getroffenen Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, beziehe sich der Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 03.03.2015 und vom 06.07.2016).
Der objektiv sachliche Zusammenhang werde indiziert, wenn der Veräußerer dem Erwerber ein bestimmtes Gebäude zusammen mit dem Grundstück zu einem Preis anbietet und der Erwerber dieses später unverändert oder mit geringen Abweichungen annimmt (vgl. BFH-Urteil vom 27.09.2012). Indiz für eine wesentliche Abweichung vom ursprünglichen Angebot sei eine Änderung der Flächengrößen und/oder der Baukosten um mehr als 10 % (vgl. BFH-Urteil vom 28.03.2012). Ein weiteres Indiz für eine wesentliche Änderung könne die Errichtung eines zusätzlichen Gebäudes sein.
Ausgehend von diesen Grundsätzen habe die Klägerin das Grundstücksareal in unbebautem Zustand erworben. Denn der Generalübernehmervertrag beruhe auf einem erst nach Abschluss des Grundstückskaufvertrags wesentlich geänderten Angebot. Die Änderung ergebe sich aus der Aufnahme des Konferenzgebäudes und der Erhöhung der Baukosten um rund 12 %.
Betroffene Norm
§ 8 Abs. 1 GrEStG, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
Streitjahr: 2004
Vorinstanz
FG Köln, Urteil vom 16.10.2013, 5 K 1985/09
Fundstelle
BFH, Urteil vom 08.03.2017, II R 38/14
Pressemitteilung 35/17
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 28.03.2012, II R 57/10, BStBl II 2012, S. 920, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 27.09.2012, II R 7/12, BStBl II 2013, S. 86, siehe Deloitte Tax News
BFH, Urteil vom 03.03.2015, II R 9/14, BStBl II 2015, S. 660
BFH, Urteil vom 06.07.2016, II R 5/15, BStBl 2016, S. 895