BFH: Grundsteuerpflicht bei Ausführung von Hoheitsaufgaben durch private Unternehmer
Sachverhalt
Ein privater Unternehmer (GmbH) verpflichtete sich gegenüber einer Stadt zur Durchführung der Abwasserbeseitigung. Ihm wurde hierfür ein 30-jähriges Erbbaurecht an einem der Stadt gehörenden Grundstück, auf dem sich entsprechende Gebäude und Abwasserbeseitigungsanlagen befanden, eingeräumt. Die Stadt ist zu 25% an der GmbH beteiligt. Das FA setzte für das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück Grundsteuer fest, da es an der für eine Steuerbefreiung erforderlichen Identität zwischen Grundstückseigentümer und unmittelbar Nutzendem fehle. Nach Ansicht der Klägerin sei diese gegeben, da die Abwasserbeseitigung nach wie vor eine Pflichtaufgabe der Stadt sei. Zudem würde die Versagung der Steuerbefreiung bei der vom Gesetz zugelassenen funktionalen Privatisierung von Hoheitsaufgaben gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) verstoßen.
Entscheidung
Ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück bildet für Zwecke der Grundsteuer zwei selbständige Grundstücke (Grundstück und Erbbaurecht). Beträgt die Laufzeit des Erbbaurechts weniger als 50 Jahre, ist der Gesamtwert des Grundstücks aufzuteilen. Schuldner der Grundsteuer sowohl für das Grundstück, als auch für das Erbbaurecht, ist der Erbbauberechtigte.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GrStG ist Grundbesitz von der Grundsteuer befreit, der von einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch in dem durch § 3 Abs. 2 und 3 GrStG umschriebenen Sinn benutzt wird. Der Grundbesitz muss ausschließlich demjenigen, der ihn für den begünstigten Zweck nutzt, zuzurechnen sein. § 7 Satz 1 GrStG verlangt zudem eine unmittelbare Nutzung für den steuerbegünstigten Zweck.
Das Grundsteuergesetz befreit weder allgemein den Grundbesitz juristischer Personen des öffentlichen Rechts, noch die hoheitliche Nutzung von Grundbesitz, sondern knüpft an das formale Kriterium der Rechtsträgeridentität von Eigentümer und Nutzendem an. An dieser fehlte es im vorliegenden Fall, da das Grundstück unmittelbar zur Abwasserbeseitigung von der GmbH genutzt wird. Die bloße Überlassung eines Grundstücks durch Einräumung eines Erbbaurechts kann nicht als unmittelbare hoheitliche Tätigkeit angesehen werden.
Die vom Gesetz zugelassene funktionale Privatisierung bewirkt nicht, dass die Tätigkeit zur unmittelbar eigenen der juristischen Person des öffentlichen Rechts wird.
Vorinstanz
FG Bremen, Urteil v. 16.04.2008, 3 K 33/07 (5), EFG 2008, S.1657.
Fundstelle
BFH-Urteil v. 16.12.2009, II R 29/08.
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Andrea Kochenbach | München