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19.07.2012
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

BFH: Einheitlicher Erwerbsgegenstand bei nach dem Grundstückskaufvertrag abgeschlossenem Sanierungsvertrag

Bietet der Grundstücksveräußer auch die Sanierung des veräußerten Gebäudes mit einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis an und der Erwerber nimmt dieses Angebot nach dem Grundstückskauf an, so liegt unter besonderen Umständen ein einheitlicher Erwerbsgegenstand (Grundstück mit Gebäude + Sanierung) vor. Dies gilt auch, wenn das Angebot nach Abschluss des Kaufvertrags unwesentlich geändert wird und wenn der Käufer das Sanierungsangebot erst 19 Monate nach Abschluss des Kaufvertrags annimmt.

Sachverhalt
Am 19.02.2004 erwarb der Kläger von der X AG ein mit einem mehrere Jahrzehnte alten Verwaltungs- und Produktionsgebäude bebautes Grundstück. Beim Abschluss des Kaufvertrags war es an einen Dritten vermietet. Der Mietvertrag endete zum 31.12.2005. Bereits im Dezember 2003 hatte die X AG dem Kläger den Abschluss eines Generalübernehmervertrags zur Sanierung des Gebäudes und eines Generalmietvertrags angeboten. Dieses Angebot war bis zum 30.06.2005 befristet. Im Februar 2005 erstellte die X AG einen neuen Entwurf zur Sanierung des Gebäudes und schloss im September 2005 mit dem Kläger einen Generalübernehmervertrag. Dieser Vertrag hat weitgehend den gleichen Wortlaut wie der im Dezember 2003 angebotene Generalübernehmervertrag.

Das Finanzamt setzt gegen den Kläger Grunderwerbsteuer für den Erwerb des Grundstücks fest und bezog in die Bemessungsgrundlage die Sanierungskosten mit ein. Hiergegen richtet sich der Einspruch des Klägers. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Entscheidung
Das FG hat zutreffend entschieden, dass das vom Kläger erworbene Grundstück zusammen mit dem sanierten Gebäude einen einheitlichen Erwerbsgegenstand bildet.

Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs wird zunächst durch das zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand (BFH-Urteil vom 29.07.2009).

Zu Unrecht meint das Niedersächsische FG im Urteil vom 26.08.2011, die Rechtsprechung des BFH zum "einheitlichen Erwerbsgegenstand" finde im GrEStG keine Rechtsgrundlage.

Ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag wird u.a. indiziert, wenn der Veräußerer dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und der Erwerber dieses Angebot später annimmt (BFH-Urteil vom 29.07.2009). Abweichungen von der ursprünglichen Planung der Veräußererseite, die den üblichen Rahmen nicht überschreiten, schließen den objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen den Verträgen nicht aus. Diese Grundsätze gelten auch für den Erwerb bebauter Grundstücke, bei denen es lediglich um die Modernisierung, Sanierung und/oder den Ausbau eines bereits vorhandenen Gebäudes geht (BFH-Urteil vom 29.07.2009).

Für einen objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag ist es nicht erforderlich, dass das Angebot der Veräußererseite in einem Schriftstück und zu einem einheitlichen Gesamtpreis unterbreitet wird (BFH-Urteil vom 29.07.2009). Entscheidend ist vielmehr, dass die Veräußererseite das Angebot zur Bebauung des Grundstücks oder zur Sanierung des darauf befindlichen Gebäudes bis zum Abschluss des Grundstückskaufvertrags abgegeben und der Erwerber das Angebot später unverändert oder lediglich vom Umfang her mit geringen Abweichungen, die den Charakter der Baumaßnahmen nicht verändern, angenommen hat.

Im Streitfall steht dem Vorliegen eines einheitlichen, aus Grundstück und saniertem Gebäude bestehenden Erwerbsgegenstands nicht entgegen, dass der Generalübernehmervertrag erst rund 19 Monate nach dem Grundstückskaufvertrag und somit nicht in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrags abgeschlossen wurde. Mit der Sanierung konnte und sollte nämlich aufgrund des beim Abschluss des Kaufvertrags bestehenden, noch bis zum 31.12.2005 laufenden Mietvertrags mit einem Dritten erst nach diesem Zeitpunkt begonnen werden. Dies erklärt auch die Länge der Frist bis zum 30.06.2005, die die X AG dem Kläger zur Annahme des ursprünglichen Angebots vom Dezember 2003 eingeräumt hatte.

Betroffene Norm
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG

Vorinstanz
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2010, 5 K 5356/08, EFG 2011, S. 1644

Fundstelle
BFH, Urteil vom 28.03.2012, II R 57/10, BStBl II 2012, S. 920

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 29.07.2009, II R 58/07, BFH/NV 2010, S. 63
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 26.08.2011, 7 K 192/09, 7 K 193/09, EFG 2012, S. 730; BFH, Urteil vom 27.09.2012, II R 7/12, siehe Deloitte Tax-News

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