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05.06.2015
Erbschaftsteuer

Erbschaftsteuerreform: Bundesfinanzministerium legt Referentenentwurf vor

Das Bundesfinanzministerium hat am 02.06.2015 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorgelegt. Darin werden im Wesentlichen die bisherigen Eckpunkte des BMF zur Erbschaftsteuerreform gesetzlich umgesetzt.

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Hintergrund

Nach der am 17.12.2014 veröffentlichten Entscheidung des BVerfG sind die derzeit geltenden Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen grundsätzlich verfassungskonform, müssen jedoch in Teilen nachgebessert werden. Der Gesetzgeber ist zu einer Neuregelung bis spätestens 30.06.2016 aufgefordert. Trotz der für gleichheitswidrig befundenen Normen gelten die bisherigen Regelungen bis zu einer Neureglung fort. Das BVerfG hat den Vertrauensschutz lediglich für die Fälle einer exzessiven Ausnutzung der Verschonungsregelungen versagt.

Das Bundesfinanzministerium hat am 02.06.2015 den Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ an die Verbände mit der Möglichkeit zur Stellungnahme verschickt. Die Verbände haben Zeit, bis zum 25.06.2015 Stellung zum Referentenentwurf zu nehmen. Nach gegenwärtiger Zeitplanung ist die Kabinettsbefassung für den 08.07.2015 vorgesehen.

Mit dem vorliegenden Referentenentwurf soll eine verfassungsgemäße Ausgestaltung der Verschonung betrieblichen Vermögens hergestellt werden. Am bisherigen Verfahren der Verschonung soll grundsätzlich festgehalten werden. Im Folgenden werden die wesentlichen Änderungen kurz dargestellt.

Referentenentwurf

Begünstigtes Vermögen

Neue Abgrenzung des begünstigten Vermögens

Es wird eine Neudefinition des begünstigten Vermögens angestrebt. Danach soll, anders als bei der bisherigen Negativdefinition des Verwaltungsvermögenskatalogs, das Vermögen begünstigt werden, das seinem Hauptzweck nach überwiegend einer originären land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit entsprechend des Einkommensteuergesetzes diene. Nicht dem Hauptzweck diene der Teil des begünstigungsfähigen Vermögens, der ohne die eigentliche Tätigkeit zu beeinträchtigen, aus dem Betriebsvermögen herausgelöst werden könne. Finanzmittel würden zum begünstigten Vermögen gehören, soweit sie nach Abzug der Schulden 20 % des Wertes der Gesellschaft nicht übersteigen (Finanzmitteltest). Die danach verbleibenden Schulden sollen anteilig dem begünstigten und nicht begünstigten Vermögen zugeordnet werden. Das verbleibende nicht begünstigte Vermögen (soweit kein „junges“ Vermögen) im Umfang von 10 % des begünstigten Vermögens, soll ebenfalls in die Begünstigung mit einbezogen werden können.

Konsolidierung bei mehrstufigen Gesellschaftsstrukturen

Anders als bisher, soll bei mehrstufigen Beteiligungsgesellschaften eine Beteiligung nicht automatisch in Gänze dem begünstigten Vermögen zugeordnet werden, wenn die Gesellschaft, an der die Beteiligung gehalten wird, überwiegend aus begünstigtem Vermögen besteht. Nach dem Referentenentwurf soll vielmehr über eine sogenannte Verbundvermögensaufstellung das begünstigte und nicht begünstigte Vermögen konsolidiert ermittelt werden. Dabei soll für alle Tochter- und Enkelgesellschaften zu ermitteln sein, welche Wirtschaftsgüter dem begünstigten und nicht begünstigten Vermögen zuzuordnen sind. Dieses soll dann der nächst höheren Ebene entsprechend des Beteiligungsverhältnisses zuzuordnen sein. Es sollen nur Beteiligungen einbezogen werden, die grundsätzlich begünstigungsfähig sind (z.B. Kapitalgesellschaft größer 25 %). Der Finanzmitteltest, die anteilige Schuldenzurechnung sowie die 10 % Regelung für die Einbeziehung von nicht begünstigtem Vermögen sollen auf der konsolidierten Ebene der Verbundvermögensaufstellung vorgenommen werden.

Verschonungsregelung

Grundregelung

An der bisherigen Regelung mit einem Verschonungsabschlag von 85 % und einer Behaltensfrist von 5 Jahren sowie einem Abschlag von 100 % und einer Behaltensfrist von 7 Jahren wird grundsätzlich festgehalten. Die Voraussetzungen, um diese in Anspruch zu nehmen werden weiter verschärft. So sollen die Verschonungsregelungen ohne weitere Prüfung nur bis zu einem begünstigten Vermögen von 20 Mio. Euro (Prüfschwelle) anzuwenden sein. Für größere Vermögen soll es eine Wahl zwischen einem verminderten Verschonungsabschlag und einer Verschonungsbedarfsprüfung geben. Bei der Ermittlung der Prüfschwelle werden alle begünstigten Erwerbe von derselben Person innerhalb von 10 Jahren zusammen gerechnet. Die Prüfschwelle erhöht sich auf 40 Mio. Euro, wenn der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung bestimmte Entnahme-, Verfügungs- und Abfindungsbeschränkungen (qualitative Merkmale) enthält. Diese müssen 10 Jahr vor und 30 Jahre nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer erfüllt sein.

Abschmelzen des Verschonungsabschlages für Großerwerbe

Übersteigt das begünstigte Vermögen die Prüfschwelle, so könnte auf unwiderruflichen Antrag ein verminderter Verschonungsabschlag in Anspruch genommen werden. Dieser würde grundsätzlich 85% / 100% beim begünstigten Vermögen im Wert von 20 Mio. Euro betragen und würde sich jeweils um 1 Prozentpunkt reduzieren für jede vollen 1,5 Mio. Euro, um die der Wert des begünstigten Vermögens die Schwelle von 20 Mio. Euro übersteigt. Ab einem begünstigten Vermögen von 110 Mio. Euro beträgt der Verschonungsabschlag im Fall der Regelverschonung 25 % (5 Jahre Behaltensfrist) und für die sogenannte Optionsverschonung 40 % (7 Jahre Behaltensfrist). Für die Bestimmung der Höhe des verminderten Verschonungsabschlags sind alle Erwerbe begünstigten Vermögens von derselben Person innerhalb der letzten zehn Jahre zusammen zu rechnen. Der sich danach ergebende Abschlag soll für alle zusammengerechneten Erwerbe gelten.

Verschonungsbedarfsprüfung

Bei Überschreiten der Prüfschwelle (20 Mio. Euro, 40 Mio. Euro bei Vorliegen qualitativer Merkmale) würde die Begünstigung entfallen. Auf Antrag des Steuerpflichtigen soll die Möglichkeit bestehen, die Steuer für begünstigtes Vermögen, bei Einhaltung der Voraussetzung für die Optionsverschonung (Behaltensfrist 7 Jahre, Lohnsumme 700 %) erlassen zu bekommen. Im Rahmen der Verschonungsbedarfsprüfung soll geprüft werden, ob „verfügbares Vermögen“ vorliegt, mit dessen Hilfe die Steuer beglichen werden kann. Als verfügbares Vermögen gelten 50 % von:

  • mitübertragenem nicht begünstigten Vermögen,
  • mitübertragenem sonstigen (Privat-)Vermögen,
  • bereits vorhandenem Vermögen des Erben oder Beschenkten, das dem Grunde nach nicht begünstigungsfähig wäre.

Der Erlass der Steuer würde entfallen, wenn der Erbe/Beschenkte innerhalb von 10 Jahren nach der Steuerentstehung weiteres verfügbares Vermögen erbt oder durch Schenkung erwirbt (unabhängig von der Höhe). Es könne jedoch erneut ein Antrag auf Verschonungsbedarfsprüfung, unter Berücksichtigung dieser Hinzuerwerbe, gestellt werden.

Härtefallregelung

Eine Härtefallregelung soll eine Stundung der Steuer auf begünstigtes Vermögen für bis zu 6 Monaten vorsehen, wenn die Einziehung der Steuer insbesondere dazu führen würde, dass zur Begleichung der Steuerschuld der Erbe/Beschenkte einen Kredit aufnehmen oder verfügbares Vermögen veräußern müsste.

Lohnsummenregelung

Die Grenze für die Anwendung der Lohnsummenregelung soll von 20 Beschäftigten auf 3 Beschäftigte gesenkt werden. Würde die Zahl der Beschäftigten zwischen 4 und 10 betragen, tritt an die Stelle der Mindestlohnsumme von 400 % (Regelverschonung) eine Mindestlohnsumme von 250 % und bei der Optionsverschonung an die Stelle von 700 % eine Mindestlohnsumme von 500 %.

Anwendung

Nach dem Referentenentwurf ist eine Anwendung der Neuregelung für Erwerbe, für die die Steuer nach dem Tag der Verkündung entsteht, vorgesehen. Eine Rückwirkung sieht der Entwurf dagegen nicht vor.

Fundstelle

Bundesfinanzministerium, Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

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