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05.02.2010
Erbschaftsteuer

BFH: Steuerberechnung bei Auflösung einer Familienstiftung

Sachverhalt

Die Eheleute D und B hatten im Jahre 1973 die B-Stiftung errichtet. Das der B-Stiftung bei ihrer Errichtung übertragene Vermögen stammte zu 69,1% von D und zu 30,9% von B. Der Vorstand der B-Stiftung beschloss in 1995 deren Auflösung, die von der Bezirksregierung Düsseldorf genehmigt wurde. Erwerber des Stiftungsvermögens waren u.a. die Töchter und Enkelkinder der Stifter sowie weitere Personen (Kläger). Die von der B-Stiftung gehaltenen Beteiligungen wurden mit notariell beurkundetem Vertrag in eine GbR eingebracht, an der die Kläger entsprechend dem ihnen zustehenden Anteil an dem Vermögen der B-Stiftung beteiligt waren. Das Finanzamt setzte gegen die Kläger Schenkungsteuer fest, wobei im Rahmen der Steuerberechnung jeweils ein Erwerb der Kläger von der B-Stiftung zugrunde gelegt und ein einziger Freibetrag gewährt wurde. Den Einspruch der Kläger, das aus der Aufhebung der B-Stiftung erworbene Vermögen für jeden von ihnen jeweils getrennt in Höhe von 69,1% als von D und in Höhe von 30,9% als von B stammenden Erwerb zu behandeln und entsprechend der Anzahl der Stifter für jeden Erwerb jeweils zwei persönliche Freibeträge anzusetzen, lehnte das Finanzamt ab.

Entscheidung

Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden, was bei Aufhebung einer Stiftung erworben wird. Zuwendender ist die Stiftung, da das an die Anfallberechtigten fallende Vermögen zivilrechtlich das Vermögen der Stiftung und nicht das des Stifters ist. In den Fällen des § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 ErbStG gilt für die Berechnung der Steuer gemäß § 15 Abs. 2 S. 2 1. Halbsatz ErbStG hinsichtlich der anzuwendenden Steuerklasse der Stifter als Schenker. Ohne diese Regelung wäre auf den Erwerb der Anfallberechtigten stets die ungünstigste Steuerklasse anzuwenden. Dies soll § 15 Abs. 2 S. 2 1. Halbsatz ErbStG verhindern, indem ausschließlich zum Zweck der Steuerberechnung auf das persönliche Verhältnis des Destinatärs zum Stifter verwiesen wird. § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG enthält hingegen keine Regelung in Bezug auf den Steuertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG und trifft insbesondere keine von § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG abweichende Bestimmung über die Person des Zuwendenden. Der Regelungsinhalt des § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG beschränkt sich auch dann auf die Bestimmung der Steuerklasse für den gesamten Erwerb des Anfallberechtigten, wenn - wie im Streitfall - eine von mehreren Stiftern errichtete Stiftung aufgelöst wird. Aus § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG ergibt sich keine Rechtsgrundlage dafür, für den nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG steuerbaren Erwerb von der Stiftung im Rahmen der Steuerberechnung eine Aufteilung des Erwerbs entsprechend der Herkunft des Stiftungsvermögens von den Stiftern vorzunehmen. Somit liegt auch bei mehreren Stiftern schenkungsteuerlich nur eine einheitliche Zuwendung der Stiftung vor und keine Mehrheit von Zuwendungen entsprechend der Anzahl der Stifter. 

Der BFH lehnt damit die Auffassung ab, § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG fingiere ein anderes Zuwender-Empfänger-Verhältnis und enthalte damit auch eine Neubestimmung der am steuerpflichtigen Vermögensübergang beteiligten Personen. § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG betrifft unter Berücksichtigung der Systematik des ErbStG allein die Berechnung der Steuer und nicht die Steuerpflicht. Ein davon abweichender Regelungswille kann der zu § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG gegebenen Gesetzesbegründung, die ausdrücklich die Vergünstigungswirkung dieser Vorschrift im Hinblick auf die anzuwendende Steuerklasse bei Auflösung einer Familienstiftung hervorhebt, nicht entnommen werden. Bei der Berechnung der Schenkungsteuer gemäß § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG ist für die Bestimmung der Steuerklasse auf das jeweilige Verhältnis des Anfallberechtigten zu den Stiftern abzustellen. Dabei können bei mehreren Stiftern entsprechend den persönlichen Verhältnissen der Anfallberechtigten auch unterschiedliche Steuerklassen anzuwenden sein. Dies entspricht der Regelung des § 6 Abs. 2 S. 3 ErbStG. Ist - wie im Streitfall - für das Verhältnis der Anfallberechtigten zu den Stiftern jeweils dieselbe Steuerklasse anzuwenden, ist im Rahmen der Steuerberechnung weder der Erwerb noch der persönliche Freibetrag aufzuteilen. Die Steuerfestsetzungen waren im vorliegenden Streitfall daher nicht etwa deshalb zu hoch, weil der persönliche Freibetrag zugunsten der Kläger nach § 16 ErbStG entsprechend der Zahl der Stifter zweifach anzusetzen gewesen wäre. Denn der Freibetrag wird nach dem Eingangssatz des § 16 Abs. 1 ErbStG jeweils für den "Erwerb" gewährt, wobei die maßgebende Steuerklasse nach § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG zu bestimmen ist. Da im Fall des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG nur ein einheitlicher Erwerb des Anfallberechtigten von der Stiftung vorliegt, fehlt es an einer Rechtsgrundlage für den mehrfachen Ansatz des persönlichen Freibetrags.

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 10.01.2007, Az. 4 K 1136/02 Erb, EFG 2007, S. 533.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 30.11.2009, Az. II R 6/07.

Ansprechpartner Deloitte

Rudolf Pauli | München

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