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30.04.2010
Erbschaftsteuer

BFH: Schenkung eines Kommanditanteils – Freibetrag nur bei Mitunternehmerinitiative

Sachverhalt

Die Klägerin sowie ihre Mutter (M) waren Kommanditisten einer GmbH & Co. KG (KG). Mit notariell beurkundetem Schenkungsvertrag übertrug M in 2002 ihren Kommanditanteil an der KG einschließlich ihres Anteils an den offenen Rücklagen und zuzüglich der Forderung aus ihrem Darlehenskonto sowie ihren Geschäftsanteil an der GmbH auf die Klägerin. Dabei behielt sie sich einen lebenslänglichen Nießbrauch an den übertragenen Beteiligungen vor. Der M sollten die Ergebnisanteile aus der übertragenen Kommanditbeteiligung nebst den Zinsen auf die Darlehensforderung sowie die anteiligen Gewinnausschüttungen der GmbH zugerechnet werden. Außerdem sollten der M die mit der übertragenen Beteiligung an der KG verbundenen "Stimm- und sonstigen Verwaltungsrechte" zustehen. Im Falle einer Veräußerung der Beteiligungen sollte sich der Nießbrauch am "Netto-Veräußerungserlös" und ggf. an dessen Wiederanlage fortsetzen. M erklärte, dass der Freibetrag gemäß § 13a Abs. 1 ErbStG (in der in 2002 geltenden Fassung) in voller Höhe (256.000 €) in Anspruch genommen werde. Das Finanzamt versagte den Freibetrag.

Entscheidung

Gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG kommen die Vergünstigungen der Abs. 1 und 2 der Vorschrift in Betracht für inländisches Betriebsvermögen beim Erwerb u.a. eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG. Die Steuervergünstigungen sind jedoch nur dann zu gewähren, wenn das von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erworbene Vermögen durchgehend sowohl beim bisherigen als auch beim neuen Rechtsträger den Tatbestand des Abs. 4 Nr. 1 der Vorschrift erfüllt. Diese Voraussetzung ergibt sich nicht nur aus dem Begünstigungszweck der Norm, sondern auch aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Bevorzugung des Betriebsvermögens gegenüber anderen Vermögensarten bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer bedarf nämlich im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG einer Rechtfertigung. Das BVerfG hat die Milderung des Steuerzugriffs bei Betriebsvermögen ausdrücklich auf solche Erwerber beschränkt, die den Betrieb "weiterführen" und "fortführen". Dies zeigt, dass das BVerfG einen Erwerber im Blick hatte, bei dem das erworbene Vermögen Betriebsvermögen geblieben ist. Beim Erwerb eines Mitunternehmeranteils bedeutet "fortführen", dass auch der Erwerber Mitunternehmer geworden sein muss. 

Ist der Erwerber eines Anteils an einer Personengesellschaft bereits vor dem Erwerb Gesellschafter der Gesellschaft gewesen, geht der erworbene Anteil nach herkömmlicher Meinung in einer einheitlichen Mitgliedschaft mit der bisherigen Beteiligung des Erwerbers auf. Daraus wird abgeleitet, dass der Erwerber zwangsläufig Mitunternehmer auch bezüglich des in der einheitlichen Beteiligung aufgegangenen Hinzuerwerbs wird. Ob an dem Grundsatz der unteilbaren Mitgliedschaft eines Personengesellschafters auch dann noch festgehalten werden kann, wenn sich der Schenker – wie im Streitfall - einen Nießbrauch an dem zugewendeten Gesellschaftsanteil vorbehalten hat, ist jedoch fraglich. Zur Wahrung der Rechte des Nießbrauchers ist die Meinung im Vordringen, dass beim Erwerb eines nießbrauchsbelasteten Gesellschaftsanteils eine mehrfache Beteiligung des erwerbenden Gesellschafters zugelassen werden müsse. 

Für die Anwendung des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG kann offen bleiben, ob auch beim Erwerb eines Gesellschaftsanteils unter Nießbrauchsvorbehalt von der Unteilbarkeit der Mitgliedschaft abzurücken ist. Der Vorschrift ist nämlich nur Genüge getan, wenn die Mitunternehmerstellung durch den erworbenen Gesellschaftsanteil vermittelt worden ist. Nur dann kann angenommen werden, der erworbene Gesellschaftsanteil habe im Sinne eines "Weiter- oder Fortführen des Betriebes" durchgehend den Tatbestand des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG erfüllt. Es reichte daher nicht aus, wenn dem Erwerber hinsichtlich des erworbenen Gesellschaftsanteils nur deshalb eine Mitunternehmerstellung zukäme, weil er bereits Gesellschafter der Personengesellschaft war. Hat der Gesellschaftsanteil beim Übergang vom Schenker auf den Beschenkten seine Fähigkeit verloren, kraft eigener Beschaffenheit dem neuen Inhaber eine Mitunternehmerstellung zu vermitteln, fehlt es an einem durchgehend vorhandenen Gesellschaftsanteil i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG. 

Ein nach den Vorgaben des BGB ausgestalteter Nießbrauch lässt die Mitunternehmerinitiative des Nießbrauchbestellers nicht entfallen. Im Streitfall ist der für M bestellte Vorbehaltsnießbrauch so ausgestaltet, dass die Stimm- und Verwaltungsrechte der M als Nießbraucherin zustehen sollten, so dass die Mitunternehmerstellung bezüglich des übertragenen Kommanditanteils bei M verblieben und nicht auf die Klägerin übergegangen ist. Damit fehlt es an einem durchgehend vorhandenen Gesellschaftsanteil, der als solcher eine Mitunternehmerinitiative vermittelt. Die Steuervergünstigungen des § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG waren daher nicht zu gewähren.

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 19.06.2008, Az. 3 K 1086/06 Erb, EFG 2008, S. 1733.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 23.02.2010, Az. II R 42/08, BStBl II 2010, S. 555.

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