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04.05.2018
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

FG Düsseldorf: Lohnversteuerung von Zuwendungen im Zusammenhang mit Betriebsveranstaltungen

In die Bemessungsgrundlage des dem Arbeitnehmer zugewandten Vorteils sind nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Aufwendungen des Arbeitgebers, die die Ausgestaltung einer Betriebsveranstaltung selbst betreffen, bewirken bei den Teilnehmern dagegen keinen unmittelbaren Wertzugang. Das Urteil ist zur alten Rechtslage vor 2015 ergangen.

Sachverhalt

Im Streitjahr 2008 richtete die Klägerin eine abendliche Veranstaltung zur Ehrung von Jubilaren aus, zu welcher die ganze Belegschaft eingeladen war. Die Veranstaltung fand außerhalb der Räumlichkeiten des Arbeitgebers statt. Die Arbeitnehmer waren grundsätzlich darauf verwiesen selbständig an- und abzureisen. Es bestand jedoch die Möglichkeit, von der Hauptverwaltung der Klägerin zum Veranstaltungsort und für den späteren Rückweg einen Shuttle-Bus in Anspruch zu nehmen. Mit der Zusage, an der Veranstaltung teilnehmen zu wollen, war auch die beabsichtigte Busbenutzung getrennt für die Hin- und Rückfahrt kenntlich zu machen.

Das Finanzamt hat bei seiner Berechnung des den Arbeitnehmern zugewendeten geldwerten Vorteils die gesamten Aufwendungen der Klägerin um Gemeinkosten und Sonderkosten gekürzt und den verbliebenen Betrag einschließlich der Kosten für den Shuttle-Bus auf die angemeldeten Teilnehmer verteilt. Der daraus resultierende Betrag lag über der 110 Euro-Grenze und führte zur Lohnversteuerung. Bei der Berechnung der Höhe des geldwerten Vorteils pro Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber, hat dieser die Kosten für den Shuttle-Bus nicht mit einbezogen und der Wert pro Arbeitnehmer lag leicht unter der 110 Euro-Grenze.

Entscheidung

Das Finanzamt habe zu Unrecht die Kosten des Shuttle-Busses in die Berechnung des geldwerten Vorteils einbezogen und hieraus die lohnsteuerlichen Folgerungen gezogen.

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Allerdings liegt Arbeitslohn dann nicht vor, wenn die Arbeitnehmer durch Sachzuwendungen zwar bereichert werden, der Arbeitgeber jedoch mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 21.01.2010).

Im ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers können auch Zuwendungen des Arbeitgebers aus Anlass von Betriebsveranstaltungen liegen. Rechtsprechung und Verwaltung haben hierzu typisierend festgelegt, ab wann den teilnehmenden Arbeitnehmern geldwerte Vorteile von solchem Eigengewicht zugewendet werden, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann. Danach waren die Zuwendungen des Arbeitgebers im Streitjahr erst bei Überschreiten einer Freigrenze von 110 Euro in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren (vgl. BFH-Urteil vom 12.12.2012).

Die Bewertung der Leistungen bestimmt sich grundsätzlich nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG. Es ist allerdings nach ständiger Rechtsprechung nicht zu beanstanden, wenn der Wert der dem Arbeitnehmer anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen anhand der entstandenen Kosten geschätzt wird (vgl. BFH-Urteil vom 16.05.2013). Jedoch seien nur solche Kosten des Arbeitgebers in die Schätzungsgrundlage zur Bemessung des dem Arbeitnehmer zugewandten Vorteils einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen.

Nach Ansicht des FG führen typischerweise nur solche Leistungen zu einer objektiven Bereicherung, die die teilnehmenden Arbeitnehmer unmittelbar konsumieren können, also vor allem Speisen, Getränke und Musikdarbietungen. Dagegen bewirken Aufwendungen des Arbeitgebers, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung selbst betreffen (z.B. Kosten der Buchhaltung oder für die Beschäftigung eines Eventmanagers), bei den Teilnehmern keinen unmittelbaren Wertzugang. Bei dem durch den auswärtigen Ort der Feier notwendig gewordenen Bustransfer handele es sich um einen Teil der Aufwendungen für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung ohne eigenen Konsumwert. Die betreffenden Arbeitnehmer würden überdies schon deshalb nicht bereichert, weil die Teilnahme an der Veranstaltung beruflich veranlasst war. Die Reisekosten seien wie steuerfreier Werbungskostenersatz nach § 3 Nr. 16 EStG zu behandeln.

Das FG teile auch nicht die Auffassung des Finanzamts (unter Berufung auf das BMF-Schreiben vom 14.10.2015), es komme für die Beurteilung von Reisekosten als geldwerter Vorteil entscheidend darauf an, ob der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer selbst die Anreise organisiere, mit der Folge, dass bei der Organisation durch den Arbeitgeber die Betriebsveranstaltung mit der „Abreise“ beginne und daher die „Reise“ notwendig Teil der Betriebsveranstaltung sei. Die im Schreiben des BMF geschilderten Fälle unterschieden sich von dem hier zu beurteilenden Fall, da sie gemeinsame Betriebsausflüge und keine Veranstaltung zur Ehrung von Jubilaren betreffen.

Betroffene Normen

§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, § 3 Nr. 16 EStG
Streitjahr 2008

Anmerkungen

Mit dem Zollkodex-Anpassungs-Gesetz wurde, mit Geltung ab dem 01.01.2015, die lohnsteuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen in einem neuen § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG ausdrücklich gesetzlich geregelt (siehe Deloitte Tax-News). Es wurde unter anderem die bisher aus Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen bekannte Freigrenze von 110 Euro in einen Freibetrag umgewandelt. Zu dieser Neuregelung hatte die Finanzverwaltung am 14.10.2015 ein BMF-Schreiben erlassen, auf das sich im vorliegenden Fall das Finanzamt bei der Beurteilung von Reisekosten berufen hat. Das FG teilt ausdrücklich nicht die Auffassung des Finanzamtes und damit auch die Auffassung der Finanzverwaltung. Dieser Teil der Urteilsbegründung des FG dürfte danach auch auf die neue Gesetzeslage ab 2015 anzuwenden sein.

Die neue gesetzliche Regelung sieht ausdrücklich auch die vom Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufgewendeten Kosten als Bestandteil der Zuwendungen an den Arbeitnehmer mit an.

Fundstelle

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2018, 9 K 580/17 L

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 16.05.2013, VI R 94/10, BStBl. II 2015, S. 186, siehe Deloitte Tax-News  
BFH, Urteil vom 12.12.2012, VI R 79/10, BFH/NV 2013, S. 637, siehe Deloitte Tax-News  
BFH, Urteil vom 21.01.2010, VI R 2/08, BStBl II 2010, S. 639, siehe Deloitte Tax-News  
BFH, Urteil vom 21.01.2010, VI R 51/08, BStBl II 2010, S. 700
BMF, Schreiben vom 14.10.2015, IV C 5-S 2332/15/10001, BStBl I 2015, S. 832, siehe Deloitte Tax-News  

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