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16.03.2022
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BMF: Lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer

Mit Schreiben vom 03.03.2022 nimmt das BMF zu den gesetzlichen Neuregelungen und der aktuellen BFH-Rechtsprechung hinsichtlich der lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer Stellung. Das BMF ermöglicht nun u.a. eine rückwirkende Änderung des Lohnsteuerabzugs. Das aktuelle Schreiben ersetzt das bisherige Schreiben vom 04.04.2018.

Hintergrund

Die lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer ist in § 8 Abs. 2 S. 2 bis 5 EStG sowie R 8.1 Abs. 9 und 10 LStR geregelt.

Verwaltungsanweisung

Im Folgenden werden die wesentlichen Änderungen bzw. Ergänzungen der Verwaltungsauffassung aufgrund von neuer Rechtslage und aktueller Rechtsprechung gegenüber dem Vorgängerschreiben vom 04.04.2018 (siehe Deloitte Tax News) dargestellt.

Allgemeines

  • Der Anwendungsbereich für die pauschale Besteuerung des Nutzungswerts nach § 40 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 lit. a EStG wird auf Fahrten zu einem Sammelpunkt oder zu einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 EStG erweitert. Hierzu verweist das BMF auf sein Schreiben vom 18.11.2021.
  • Die Definition von Kraftfahrzeugen i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 2 bis 5 EStG wird umfassend erweitert und konkretisiert. Elektrofahrräder, die verkehrsrechtlich als Fahrrad einzuordnen sind (u.a. keine Kennzeichen- und Versicherungspflicht; vgl. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 09.01.2020, siehe Deloitte Tax-News), fallen nicht unter diese Definition.
  • Ein geldwerter Vorteil ist für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nicht zu erfassen, wenn das betriebliche Kraftfahrzeug dem Arbeitnehmer ausschließlich an den Tagen für seine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte überlassen wird, an denen es erforderlich werden kann, dass er dienstliche Fahrten von der Wohnung aus antritt oder dort beendet.

Pauschale Nutzungswertmethode (§ 8 Abs. 2 S. 2, 3 und 5 EStG sowie R 8.1 Abs. 9 Nr. 1 LStR)

  • Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte:
    Die pauschale Nutzungswertmethode (0,03 %-Regelung) findet bei der dauerhaften Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an den Arbeitnehmer auch Anwendung für volle Kalendermonate, in denen das Fahrzeug nicht für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird. Der pauschale Nutzungswert ist auch dann anzusetzen, wenn diese Fahrten entweder wegen arbeitsvertraglicher Vereinbarungen oder anderen Umständen nicht arbeitstäglich stattfinden (z.B. Homeoffice, Urlaub oder Krankheit).
    Eine rückwirkende Änderung des Lohnsteuerabzugs (Wechsel von der 0,03 %-Regelung zur Einzelbewertung (sog. 0,002 %-Regelung) oder umgekehrt für das gesamte Kalenderjahr) ist dabei im laufenden Kalenderjahr und vor Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung grundsätzlich im Rahmen des § 41c EStG möglich.
  • Listenpreis:
    Der Listenpreis für ein Importfahrzeug, für das kein inländischer Listenpreis ermittelbar ist, kann auf Grundlage verschiedener inländischer Endverkaufspreise freier Importeure geschätzt werden (vgl. BFH-Urteil vom 09.11.2017, siehe Deloitte Tax-News).

Individuelle Nutzungswertmethode (§ 8 Abs. 2 S. 4 EStG sowie R 8.1 Abs. 9 Nr, 2 LStR)

Bei der Führung eines elektronischen Fahrtenbuchs sind die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) zu beachten (vgl. BMF-Schreiben vom 28.11.2019).

Wechsel der Bewertungsmethode

Für die Bewertung des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs ist im Gegensatz zu einem unterjährigen Wechsel zwischen der pauschalen Nutzungswertmethode (1 %-Regelung) und der Fahrtenbuchmethode nun eine rückwirkende Änderung des Lohnsteuerabzugs (Wechsel von der pauschalen Nutzungswertmethode (1 %-Regelung) zur Fahrtenbuchmethode oder umgekehrt für das gesamte Kalenderjahr) vor Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung grundsätzlich im Rahmen des § 41c EStG möglich.

Nutzungsentgelt

Als Nutzungsentgelt i.S.v. R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 LStR gilt bei der pauschalen und der individuellen Nutzungswertmethode auch ein vereinbarter nutzungsunabhängiger pauschaler Betrag in Form einer zeitraumbezogenen (Einmal-)Zahlung des Arbeitnehmers für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs. Diese Zahlungen sind bei der Bemessung des geldwerten Vorteils auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, gleichmäßig zu verteilen und vorteilsmindernd zu berücksichtigen (vgl. BFH- Beschluss vom 16.12.2020).

Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten oder Leasingsonderkosten

Sofern arbeitsvertragliche Vereinbarungen hinsichtlich des Zuzahlungszeitraums bestehen, sind zeitraumbezogene (Einmal-)Zahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur privaten Nutzung überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeugs bei der Bemessung des geldwerten Vorteils auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, gleichmäßig zu verteilen und vorteilsmindernd zu berücksichtigen (vgl. BFH- Beschluss vom 16.12.2020). Maßgeblich ist dabei der vereinbarte Zuzahlungsraum, nicht die tatsächliche Nutzugsdauer.

Sowohl im Fall von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen als auch im Fall von keinen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen liegen in Bezug auf die Zuzahlungen weder negativer Arbeitslohn noch Werbungskosten vor. Auch eine Übertragung verbleibender Zuzahlungen auf ein anderes überlassenes Kraftfahrzeug ist nicht zulässig.

Elektromobilität

Zur einkommen- und lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Elektro- und Hybridfahrzeugs an Arbeitnehmer verweist das BMF auf seine nachfolgenden Schreiben:

Anwendungsregelungen

​Das aktuelle Schreiben ersetzt das bisherige Schreiben vom 04.04.2018 und ist in allen offenen Fällen anzuwenden.​ 

Betroffene Normen

​§ 8 Abs. 2 S. 2 bis 5 EStG, R 8.1 Abs. 9 und 10 LStR

Fundstelle

​BMF, Schreiben vom 03.03.2022, IV C 5 - S 2334/21/10004 :001

Weitere Fundstellen

​BFH, Beschluss vom 16.12.2020, VI R 19/18, BStBl II 2021, S. 761

BFH, Urteil vom 09.11.2017, III R 20/16, BStBl II 2018, S. 278, siehe Deloitte Tax-News

BMF, Schreiben vom 18.11.2021, IV C 5 - S 2351/20/10001 :002

BMF-Schreiben vom 05.11.2021, IV C 6 - S 2177/19/10004:008, siehe Deloitte Tax-News

BMF-Schreiben vom 29.09.2020, IV C 5- S 2334/19/10009 :004, siehe Deloitte Tax-News

BMF, Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 09.01.2020, siehe Deloitte Tax-News 

BMF, Schreiben vom 28.11.2019, BStBl I 2019, S. 1269

BMF, Schreiben vom 04.04.2018, IV C 5 – S 2334/18/10001, siehe Deloitte Tax-News

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