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17.11.2016
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Kein Zufluss von Arbeitslohn bei Übernahme einer Pensionsverpflichtung durch einen Dritten

Die Ablösung einer vom Arbeitgeber erteilten Pensionszusage durch einen Dritten führt beim Arbeitnehmer dann zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn dieser die Ablösungszahlung an den Dritten verlangt hat (Bestätigung der Rechtsprechung). Hat der Arbeitnehmer jedoch kein Wahlrecht, sich den Ablösebetrag alternativ selbst auszahlen zu lassen, ist kein Zufluss von Arbeitslohn anzunehmen.

Sachverhalt

Der Kläger war Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der A-GmbH, die ihm eine Pensionszusage erteilt hatte. Vor dem Hintergrund der vom Kläger beabsichtigten Veräußerung seiner Geschäftsanteile gründete er die B-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er war.
Anschließend veräußerte der Kläger sämtliche Geschäftsanteile an der A-GmbH an die X-AG. Da die X-AG die Pensionszusage nicht übernehmen wollte, vereinbarte A mit der X-AG, dass die Pensionsverpflichtung auf die B-GmbH übergehen sollte. Diese übernahm die Pensionszusage des A gegen Zahlung einer Vergütung. Das Finanzamt wertete die Zahlung des Ablösungsbetrags durch die A-GmbH als Einnahmen des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Entscheidung

Das FG Düsseldorf sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die von der A-GmbH als Gegenleistung für die Übernahme der Pensionszusage an die B-GmbH gezahlte Ablöse beim Kläger zu einem Zufluss von Arbeitslohn geführt hat.

Das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten führe regelmäßig noch nicht zum Zufluss von Arbeitslohn (ständige Rspr. vgl. BFH-Urteil vom 27.05.1993). Gleiches gelte für die Zusage, Leistungen zukünftig zu erbringen (BFH-Urteil vom 03.07.1964). Erst mit der Erfüllung des Anspruchs (tatsächliche Erbringung der geschuldeten Leistung) sei der Zufluss gegeben (vgl. BFH-Urteil vom 23.07.1999). Ferner liege ein Zufluss vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit seinen Leistungen einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen einen Dritten verschaffe (vgl. BFH-Urteil vom 16.04.1999). Auch in diesem Fall werde der Zufluss aber nicht durch das Versprechen des Arbeitgebers herbeigeführt, sondern erst durch die Erfüllung dieses Versprechens.

Demnach seien Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung gegenwärtig zufließender Arbeitslohn, wenn es sich wirtschaftlich betrachtet so darstellt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Beiträge zur Verfügung gestellt und dieser sie zum Erwerb einer Zukunftssicherung verwendet hätte. Kein gegenwärtig zufließender Arbeitslohn liege hingegen vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Versorgung aus eigenen, erst im Zeitpunkt der Zahlung bereitzustellenden Mitteln zusagt. Erst mit den späteren aufgrund der Zusage geleisteten Versorgungszahlungen sei ein Zufluss anzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 15.07.1977).

Davon ausgehend habe die Ablösungszahlung im Rahmen der Schuldübernahme zu keinem Zufluss von Arbeitslohn geführt, da durch die Zahlung der A-GmbH kein Anspruch des Klägers, sondern ein solcher der B-GmbH erfüllt worden sei. Es sei lediglich ein Schuldnerwechsel (§ 415 Abs. 1 BGB) erfolgt. Dies führe bei der Übernahme einer Versorgungszusage gem. § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG jedoch nicht zu einem lohnsteuerlich relevanten Vorgang für den Arbeitnehmer (vgl. BMF-Schreiben vom 24.07.2013). Dass der Kläger als alleiniger Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der A-GmbH nach § 17 Abs. 1 BetrAVG nicht in den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes fiele, ändere daran nichts. Unabhängig davon, ob die B-GmbH zum neuen Arbeitgeber des Klägers wurde, sei das (ehemalige) Dienstverhältnis mit der A-GmbH weiterhin der Rechtsgrund für die Versorgungsansprüche.

Der Schuldnerwechsel habe auch keinen neuen Anspruch des Klägers – gegen einen Dritten – begründet. Zudem sei der Anspruch des Klägers durch die Zahlung der A-GmbH nicht wirtschaftlich erfüllt worden, da der Kläger, obwohl er alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der B-GmbH war, nicht über das Geld habe verfügen können. Die B-GmbH habe dem Kläger nie die Verfügungsmacht über den Ablösungsbetrag geschuldet, sondern lediglich die (späteren) laufenden Pensionszahlungen. Eine Zurechnung der Verfügungsmacht der B-GmbH beim Kläger, komme nicht in Betracht.

Auch aus dem BFH-Urteil vom 12.04.2007 ergebe sich nicht anderes. Zwar liege nach diesem Urteil im Zeitpunkt der Ablösezahlung ein Zufluss von Arbeitslohn vor, wenn der Arbeitnehmer alternativ zur Ablösung auch die Auszahlung an sich selbst verlangen könnte. Allerdings habe dem Kläger ein solches Wahlrecht nicht zugestanden und sei beim Kläger auch nicht deshalb anzunehmen, weil er alleiniger Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter war.

Anmerkung

FG Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2017, 9 K 1804/16 E
Das Urteil des FG Düsseldorf vom 13.07.2017 zur Besteuerung des Rentenbarwerts einer Pensionszusage bei Übertragung auf eine andere GmbH liegt auf einer Linie mit der Rechtsprechung des BFH in seinem Urteil vom 18.08.2016. Das FG-Urteil behandelt aber insoweit einen weiteren Aspekt, als dass hier nur eine Teilübertragung der Pensionsverpflichtung erfolgt war und nur dieser Teil tatsächlich auch werthaltig war. Der bei der übertragenden GmbH verbliebene Anspruch hingegen war wertlos.

Betroffene Norm

 § 11 Abs. 1 S. 4 EStG
Streitjahr 2006

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2012, 7 K 609/12 E

Fundstellen

BMF, Schreiben vom 04.07.2017: Hinweise zur Anwendung des BFH-Urteils
BFH, Urteil vom 18.08.2016, VI R 18/13 
BFH, Pressemitteilung Nr. 70 vom 09.11.2016

Weitere Fundstellen

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2017, 9 K 1804/16 E,  BFH-anhängig: X R 42/17
BFH, Urteil vom 12.07.2007, VI R 6/02, BStBl. II 2007, S. 581
BFH, Urteil vom 16.04.1999, VI R 66/97, BStBl. II 2000, S. 408
BFH, Urteil vom 23.07.1999, VI B 116/99, BStBl. II 1999, S. 684
BFH, Urteil vom 27.05.1993, VI R 19/92, BStBl. II 1994, S. 246
BFH, Urteil vom 15.07.1977, VI R 109/74, BStBl. II 1977, S. 761
BFH, Urteil vom 03.07.1964, VI 262/63, BStBl. III 1965, S. 83
BMF, Schreiben vom 24.07.2013, IV C 3-S 2015/11/1002, BStBl. I 2013, S. 1022

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