BFH: Analoge Anwendung der Regelung des § 3b EStG auf Gefahrenzulagen?
Ist eine Ausdehnung der Regelung zur Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit aus verfassungsrechtlicher Sicht auch auf andere Gefahrenzulagen möglich?
Sachverhalt
Der klagende Arbeitnehmer erhielt aus seiner Tätigkeit bei einem Kampfmittelbeseitigungsdienst ein Grundgehalt und daneben je Bombenräumung eine Gefahrenzulage. Die vorgenannten Zahlungen wurden vollumfänglich der Einkommensteuer unterworfen. Im Rechtsbehelfsverfahren gegen seinen Einkommensteuerbescheid machte der Arbeitnehmer dagegen geltend, dass die Steuerbefreiung für Sonntags-, Nacht- und Feiertagszuschläge in verfassungskonformer Auslegung des § 3b des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf Gefahrenzuschläge der vorliegenden Art zu erstrecken sei. Die besondere Erschwernis, mit der die Steuerbefreiung für Sonntags-, Nacht- und Feiertagszuschläge begründet werde, sei auch bei Tätigkeiten im Kampfmittelräumdienst gegeben. Es sei im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) willkürlich, solche Zulagen nicht in den Bereich der Steuerbefreiung einzubeziehen.
Der Einspruch als auch das folgende Klageverfahren vor dem Finanzgericht blieben ohne Erfolg. Im Rahmen der Revision vor dem BFH rügt der Arbeitnehmer die Verletzung materiellen Verfassungsrechts.
Entscheidung
Die eingelegte Revision wird vom BFH als unbegründet zurückgewiesen. Die Gefahrenzuschläge sind nicht in den Anwendungsbereich des § 3 b EStG einzubeziehen, da die v. g. Regelung nach ihrem Wortlaut keinen Rechtsanspruch begründet Zuschläge aus Tätigkeiten im Bombenentschärf- und Kampfmittelräumdienst steuerfrei zu belassen.
Der Gesetzgeber ist auch nicht von Verfassungswegen aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) verpflichtet, die vom Kläger bezogenen Zuschläge analog § 3b EStG steuerfrei zu stellen. Denn trotz des unzureichend erkennbaren einkommensteuerrechtlichen Entlastungsgrundes des § 3b EStG gründet diese Norm ersichtlich nicht auf dem Subventionszweck, sämtliche gemeindienlichen, für die Gesellschaft nützlichen Tätigkeiten, die auf die Erzielung von Einkünften gerichtet sind, von der Einkommensteuer zu befreien. Daher mag zwar der Hinweis des Klägers zutreffen, dass die von ihm ausgeübte Tätigkeit der Kampfmittelräumung und Kampfmittelentschärfung im öffentlichen Interesse unverzichtbar sei. Daraus folgt aber nicht, dass der Gesetzgeber Zuschläge auch für diese Tätigkeit aus Gründen der Gleichbehandlung von der Einkommensteuer befreien müsste.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 21.06.2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, m.w.N.) kommt dem Gesetzgeber für direkte und auch für indirekte (steuerliche) Subventionen (Steuerbefreiung) hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Diagnose und Prognose sowie bei der Wahl sachgerechter Mittel und insbesondere auch hinsichtlich der sachgerechten Abgrenzung des Kreises der Begünstigten ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu, ohne dass es dabei insbesondere darauf ankommt, ob er die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat.
Betroffene Norm
§ 3b EStG
Fundstelle
BFH, Urteil vom 15.09.2011, VI R 6/09
Ansprechpartner
Nils Hupfer I Hamburg
