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23.03.2017
Rechnungslegung

FG Münster: Verdeckte Gewinnausschüttung bei Haftungsinanspruchnahme Organgesellschaft

Der BFH hat die Auffassung des FG bestätigt.
BFH, Urteil vom 24.10.2018, I R 78/16, siehe Deloitte Tax-News 
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FG Münster (Vorinstanz):
Bildet eine Organgesellschaft eine Rückstellung wegen drohender Haftungsinanspruchnahme für Körperschaftsteuerschulden des Organträgers, ist eine verdeckte Gewinnausschüttung mit der Folge einer außerbilanziellen Gewinnerhöhung anzunehmen.

Sachverhalt

Zwischen der Klägerin, einer GmbH, als Organgesellschaft (OG) und einer AG (als Organträger, OT) bestand bis zum 31.12.2000 eine körperschaftsteuerliche Organschaft. Im Jahr 2009 wurde über das Vermögen der AG das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Finanzamt teilte der Klägerin eine beabsichtigte Haftungsinanspruchnahme gem. § 73 AO für Körperschaftsteuerschulden der OT mit.

Die Klägerin bildete daraufhin in ihrem Jahresabschluss eine Rückstellung für die drohende Haftungsinanspruchnahme gem. § 73 AO. Das Finanzamt war der Auffassung, dass der Rückstellungsbetrag gem. § 10 Nr. 2 KStG außerbilanziell dem Gewinn zuzurechnen sei.

Entscheidung

Das Finanzamt habe zurecht die aufgrund der Rückstellungsbildung für eine drohende Haftungsinanspruchnahme eingetretene bilanzielle Gewinnminderung durch eine außerbilanzielle Gewinnerhöhung ausgeglichen. Diese Gewinnerhöhung sei allerdings nicht durch § 10 Nr. 2 KStG (Körperschaftsteuer als nicht abziehbare Ausgabe), sondern durch § 8 Abs. 3 S. 2 KStG (verdeckte Gewinnausschüttung, vGA) begründet.

Die OG habe zu Recht eine gewinnmindernde Rückstellung gebildet. Zwar dürften der OG Ausgleichsansprüche gegenüber der OT zugestanden haben. Diese seien aber wegen deren Insolvenz nicht werthaltig und damit weder als Anspruch zu aktivieren noch rückstellungsmindernd zu berücksichtigen.

Das Finanzamt habe die außerbilanzielle Gewinnerhöhung zu Unrecht auf § 10 Nr. 2 KStG gestützt, da Haftungsinanspruchnahmen nach § 73 AO für Körperschaftsteuerschulden der OT nicht unter diese Norm fielen. Nach dem Wortlaut der Norm greife das Abzugsverbot des § 10 Nr. 2 KStG für „Steuern“ vom Einkommen (auch Körperschaftsteuer). Nicht erfasst würden vom Wortlaut hingegen Haftungsschulden. Soweit ersichtlich entspreche es jedenfalls einhelliger Auffassung, dass Haftungsschulden, die sich auf die Steuer vom Einkommen dritter Personen beziehen, nicht unter das Abzugsverbot fallen.

Aufwendungen einer OG aufgrund einer Haftungsinanspruchnahme nach § 73 AO für Körperschaftssteuerschulden des OT seien aber als vGA gem. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG zu beurteilen. Zwar könne eine vGA nur angenommen werden, wenn die Vermögensminderung auf einer Rechtshandlung der Kapitalgesellschaft beruhe, d.h. auf einer Rechtshandlung ihrer Organe. Zu diesen gehöre neben den Geschäftsführern aber auch die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit, so dass eine vGA auch vorliegen könne, wenn die Vermögensminderung auf Handlungen zurückzuführen seien, die von den beherrschenden Gesellschaftern vorgenommen oder gebilligt wurden (vgl. BFH-Urteil vom 18.07.1990, I R 32/88).

Die Klägerin habe sich mit dem Abschluss des Gewinnabführungsvertrags erkennbar den Risiken des § 73 AO ausgesetzt. Für die Annahme einer vGA bedürfe es nicht zwingend eines Tätigwerdens der Geschäftsführung, sondern eine Kapitalgesellschaft müsse sich auch das Verhalten ihres beherrschenden Gesellschafters (wie z.B. eines OT) zurechnen lassen.

Die Haftungsinanspruchnahme der Klägerin beruhe auf der Nichtzahlung der Steuerschulden durch die OT, obwohl diese verpflichtet war, aufgrund des Gewinnabführungsvertrags und aus den erhaltenen Gewinnabführungen die auf die Gewinne der Organgesellschaft entfallenden Steuern zu zahlen.

Betroffene Normen

§ 73 AO, § 10 Nr. 2 KStG, § 8 Abs. 3 S. 2 KStG
Streitjahr 2009

Anmerkung

Soweit ersichtlich liegt mit dem Urteil des FG Münster erstmals ein finanzgerichtliches Urteil vor, wonach die Zahlung einer OG auf Haftungsschulden als vGA deren steuerlichen Gewinn nicht mindern darf. Neben den Steuerfolgen einer gescheiterten Organschaft hätte die Haftungsinanspruchnahme nach Beendigung einer Organschaft somit erhebliche wirtschaftliche Folgen. Abzuwarten bleibt, ob das Urteil vor dem BFH Bestand hat.

Fundstellen

BFH, Urteil vom 24.10.2018, I R 78/16, siehe Deloitte Tax-News 

FG-Urteil vom 04.08.2016, 9 K 3999/13 K,G

Weitere Fundstelle

BFH, Urteil vom 18.07.1990, I R 32/88, BStBl. II 1991, S. 484

 

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