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25.11.2016
Rechnungslegung

BMF-Entwurf zur Neuregelung betreffend die Übertragung passivierungsbeschränkter Verpflichtungen

Im Rahmen des AIFM-Steuer-Anpassungsgesetzes hat der Gesetzgeber die ertragsteuerlichen Folgen einer Übertragung passivierungsbeschränkter Verpflichtungen neu geregelt. Zur Anwendung der entsprechenden Vorschriften der § 4f und § 5 Abs. 7 EStG nimmt das BMF nun in einem Entwurfsschreiben Stellung.

Hintergrund

Der BFH ging – entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 16.12.2005 sowie vom 24.06.2011) – davon aus, dass die Ansatzverbote und Bewertungsvorbehalte beim Erwerber durch das Anschaffungskostenprinzip verdrängt werden, der Erwerber die erworbenen Schulden also mit den „Anschaffungskosten“ oder einem höheren Teilwert ausweisen könne (Urteile vom 14.12.2011, siehe Deloitte Tax-News und vom 12.12.2012, siehe Deloitte Tax-News). Der Gesetzgeber hat diese Rechtsprechung im Rahmen des AIFM-Steueranpassungsgesetzes durch Einführung der Vorschriften der §§ 4f, 5 Abs. 7 EStG „korrigiert“. Diese Vorschriften, die grundsätzlich erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden sind, die nach dem 28.11.2013 enden, regeln die ertragsteuerlichen Folgen von Schuldübernahmen, Schuldbeitritten und Erfüllungsübernahmen bei Passivierungsbeschränkungen unterliegenden Verpflichtungen. Nach der Neuregelung hat der Übernehmer einer Verpflichtung die gleichen Bilanzierungsvorschriften zu beachten, die auch für den ursprünglich Verpflichteten gegolten haben.

Verwaltungsanweisung

Am 22.11.2016 hat das BMF den Entwurf für ein Schreiben zur Anwendung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG veröffentlicht.

Schuldübernahme nach §§ 414 ff. BGB

Bilanzierung beim Verpflichtungsübernehmer

  • Wirtschaftsjahre, die vor dem 29.11.2013 enden:
    Grundsätzlich Anwendung der o. g. BFH-Rechtsprechung (Ansatz mit den „Anschaffungskosten“ oder einem höheren Teilwert), aber Anwendung von § 5 Abs. 7 EStG auf Antrag einheitlich für alle erworbenen Schulden möglich (§ 52 Abs. 9 S. 2 EStG)
  • Wirtschaftsjahre, die nach dem 28.11.2013 enden:
    Zwingende Anwendung von § 5 Abs. 7 EStG, d.h. Beachtung aller Bilanzierungsvorschriften, die ohne Erwerb für den ursprünglich Verpflichteten gegolten hätten. Dabei seien selbst dann die Regelungen des HGB und EStG maßgeblich, wenn der ursprünglich Verpflichtete nicht dem deutschen Handels- und Steuerrecht unterlag. Bei mehrfacher Übertragung einer Verpflichtung sei auf die Bilanzierung bei Demjenigen abzustellen, der die Schuld erstmalig begründet hat. Steuerliche Wahlrechte dürfe der Übernehmer jedoch eigenständig, d.h. abweichend vom ursprünglich Verpflichteten, ausüben.
    Zur Kompensation des sich ergebenden Gewinns besteht gemäß § 5 Abs. 7 S. 5 EStG die Möglichkeit zur Bildung einer gewinnmindernden Rücklage.

Bilanzierung beim ursprünglich Verpflichteten (für nach dem 28.11.2013 endende WJ)

  • Verteilung des sich ergebenden Übertragungsaufwands durch außerbilanzielle Hinzurechnungen und Abrechnungen über 15 Jahre (§ 4f Abs. 1 S. 1 EStG); auch bei Gewinnen in einem mittelbaren oder unmittelbaren Zusammenhang mit dem Aufwand aus dem Übertragungsvorgang sei keine Verrechnung möglich
  • Bei gewinnerhöhender Auflösung eines Passivpostens: Verteilung des Aufwands über 15 Jahre, soweit er den aufgelösten Passivposten übersteigt (§ 4f Abs. 1 S. 2 EStG)
  • Teilbetriebsaufgaben/-veräußerungen (einschließlich Umwandlungen und Einbringungen nach dem UmwStG): Verteilung des Aufwands nur, soweit er einen Verlust aus der Aufgabe oder Veräußerung begründet oder erhöht (§ 4f Abs. 1 S. 4 EStG)
  • Übertragung eines ganzen Mitunternehmeranteils: Aufwand sofort abziehbar (§ 4f Abs. 1 S. 3 EStG)
  • Übertragung von Teil-Mitunternehmeranteilen: Aufwandsstreckung erforderlich
  • Keine Aufwandsverteilung bei kleinen und mittleren Betriebe i. S. v. § 7g EStG sowie für Betriebsveräußerungen und Betriebsaufgaben (§ 4f Abs. 1 S. 3 EStG), es sei denn, die Betriebsveräußerung/-aufgabe erfolgt mittels Umwandlungen oder Einbringungen nach dem UmwStG

Übernahme von mit einer Verpflichtung verbundenen Lasten (Schuldbeitritte und Erfüllungsübernahmen mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung)

Bilanzierung beim Übernehmer / Beitretenden

  • Passivierung der Freistellungsverpflichtung wie im Fall der Schuldübernahme (s. o.) (§ 5 Abs. 7 S. 2 EStG)
  • Erhaltende Zahlungen sind Betriebseinnahmen

Bilanzierung beim Freistellungsberechtigten

  • Gewinnerhöhende Auflösung der bislang passivierten Schuld (z. B. Rückstellung) wg. fehlender Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme (vgl. BFH-Urteil vom 26.04.2012, siehe Deloitte Tax-News), aber kein Ausweis des Freistellungsanspruchs gegenüber dem Freistellungsverpflichteten.
    Übersteigt der Aufwand (Gegenleistung) für den Schuldbeitritt oder die Erfüllungsübernahme den Ertrag aus der Auflösung, ist der übersteigende Aufwand – ohne Ausnahmen von der Verteilungspflicht – über 15 Jahre zu verteilen (§ 4f Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 EStG)

Übertragungen und Schuldbeitritte im Zusammenhang mit Pensionsverpflichtungen im Sinne von § 6a EStG

  • Steuerliche Wahlrechte dürfen abweichend vom ursprünglich Verpflichteten ausgeübt werden; Fehlbeträge, die beim Rechtsvorgänger dem Nachholverbot (§ 6a Abs. 4 EStG) unterlagen, gelten für den Übernehmer in der ersten Bilanz nach der Übernahme nicht.
  • Die Sonderregelung für die Ermittlung des Teilwerts der Verpflichtung (§ 5 Abs. 7 S. 4 EStG) gelte nur bei Arbeitgeberwechsel unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten, nicht bei Betriebsübergängen gem. § 613a BGB
  • Keine Verteilung von Aufwand im Zusammenhang mit der Übertragung von Pensionsansprüchen von Versorgungsberechtigten, die zu einem neuen Arbeitgeber wechseln (§ 4f Abs. 1 S. 3 zweiter Teilsatz EStG); das gilt nicht bei Betriebsübergängen gem. § 613a BGB

Zeitliche Anwendung

  • Anwendung in allen offenen Fällen
  • Aufhebung der BMF-Schreiben vom 16.12.2005 sowie vom 24.06.2011
  • Wurde bislang aufgrund der alten BMF-Schreiben eine Rückstellung und ein Freistellungsanspruch gegenüber dem Freistellungsverpflichteten angesetzt, ist es nicht zu beanstanden, wenn Rückstellung und Anspruch spätestens in dem Wirtschaftsjahr gewinnwirksam aufgelöst werden, das nach der Veröffentlichung dieses Schreibens im Bundessteuerblatt endet. Die Betriebsausgabenverteilung (§ 4f Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 EStG) kommt nur dann in Betracht, wenn die Vereinbarung auch ohne Anwendung der alten BMF-Schreiben in nach dem 28.11.2013 endenden Wirtschaftsjahren zu einem Aufwand geführt hätte.

Betroffene Normen
§ 4f EStG, § 5 Abs. 7 EStG

Fundstelle
BMF, Entwurf eines Schreibens vom 22.11.2016, IV C 6 - S 2133/14/10001 

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 12.12.2012, I R 69/11, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 26.04.2012, IV R 43/09, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 14.12.2011, I R 72/10, siehe Deloitte Tax-News
BMF, Schreiben vom 24.06.2011, BStBl. I 2011, S. 627
BMF, Schreiben vom 16.12.2005, BStBl. I 2005, S. 1052

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