BFH: Wirtschaftliches Eigentum bei Sale-and-lease-back-Gestaltungen
Der BFH hat die bislang höchstrichterlich nicht geklärte Frage, ob wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers an dem Leasinggegenstandes auch dann in Betracht kommt, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger als die Grundmietzeit ist, allerdings nicht dem Leasingnehmer ein Optionsrecht (Verlängerungs- oder Kaufoption), sondern dem Leasinggeber als zivilrechtlichem Eigentümer ein Andienungsrecht eingeräumt ist, verneint.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine KG, verleaste im Streitjahr 2007 elektronische Informationssysteme an die A-GmbH. Dieses Leasinggeschäft war als Sale-and-lease-back Geschäft ausgestaltet, bei dem die KG die Wirtschaftsgüter zuerst von der A-GmbH erwarb und dann an diese zurückverleaste. Nach den Rückkaufvereinbarungen war die A-GmbH auf Verlangen der KG verpflichtet, die Leasingobjekte bei Beendigung des Leasingvertrags zurückzukaufen.
Die KG wies die Leasinggegenstände in ihrer Bilanz zum 31.12.2007 als Anlagevermögen aus. Finanzamt und FG waren hingegen der Ansicht, dass das wirtschaftliche Eigentum an den Leasinggegenständen nicht der KG als Leasinggeber zuzurechnen sei.
Entscheidung
Das FG habe fehlerhaft entschieden, dass das wirtschaftliche Eigentum an den Informationssystemen bei der A-GmbH als Leasingnehmer verblieben sei, weil der KG ein Andienungsrecht zugestanden habe, das die KG unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten (zwingend) habe ausüben müssen.
Ein wirtschaftlicher Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO werde u.a. angenommen, wenn der Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat.
Ein schuldrechtlicher oder dinglicher Nutzungsberechtigter habe in der Regel kein wirtschaftliches Eigentum an dem ihm zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgut. Etwas anderes könne dann gelten, wenn der Nutzungsberechtige statt des Eigentümers die Kosten der Anschaffung oder Herstellung eines von ihm, selbst genutzten Wirtschaftsgutes trage und ihm auf Dauer, nämlich für die voraussichtliche Nutzungsdauer, Substanz und Ertrag des Wirtschaftsguts wirtschaftlich zustehen (vgl. BFH-Urteil vom 28.05.2015).
Dies gelte gleichermaßen für das Leasing von Wirtschaftsgütern. Ob Substanz und Erträge des Leasingguts während der gesamten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (ausnahmsweise) vollständig dem Leasingnehmer zustehen, sei in jedem Einzelfall nach den konkreten Umständen zu beurteilen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung habe für die Beurteilung der Zurechnung des Leasingguts zum Vermögen des Leasingnehmers verschiedene Fallgruppen entwickelt (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 28.05.2015 und vom 02.06.2016).
Höchstrichterlich noch nicht geklärt sei die Frage, ob wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers auch dann in Betracht kommt, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger als die Grundmietzeit ist, allerdings nicht dem Leasingnehmer ein Optionsrecht (Verlängerungs- oder Kaufoption), sondern dem Leasinggeber als zivilrechtlichem Eigentümer ein Andienungsrecht zu so günstigen Konditionen eingeräumt ist, dass bei wirtschaftlich vernünftiger Entscheidungsfindung mit der Ausübung des Rechts zu rechnen ist. Der BFH verneint dies.
§ 39 Abs. 2 Nr. 1 S.1 AO erfordere, dass ein anderer den zivilrechtlichen Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen können müsse. Sei im Leasingfall die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes länger als die Grundmietzeit, könne der Leasingnehmer den Leasinggeber nur dann für die verbleibende Nutzungsdauer von der Einwirkung auf den Leasinggegenstand ausschließen, wenn ihm hierfür eine rechtliche Befugnis (Verlängerungs- oder Kaufoption) zustehe. Ist darüber hinausgehend mit der Ausübung dieses Rechts durch den Leasingnehmer bei wirtschaftlich vernünftiger Entscheidungsfindung zu rechnen, ist der Leasinggegenstand dem Leasingnehmer als wirtschaftlichem Eigentümer zuzurechnen.
Dem Leasingnehmer könne hingegen kein wirtschaftliches Eigentum zugerechnet werden, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggenstandes länger als die Grundmietzeit sei und dem Leasinggeber als zivilrechtlichem Eigentümer ein Andienungsrecht eingeräumt sei. Entgegen der Ansicht des FG komme es dabei nicht darauf an, ob die Ausübung dieses Andienungsrecht für den Rechtsinhaber (Leasinggeber) wirtschaftlich vorteilhaft sei.
Selbst wenn der KG (Leasinggeber) ein wirtschaftlich vorteilhaftes Andienungsrecht zugestanden haben sollte, ließe sich hieraus kein wirtschaftliches Eigentum der A-GmbH (Leasingnehmer) herleiten, da es sich hierbei um eine rechtliche Befugnis des Leasinggebers und nicht um eine solche des Leasingnehmers handele. Denn die A-GmbH konnte die KG für den Fall einer verbleibenden Nutzungsdauer mangels rechtlicher Befugnis insoweit nicht i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO von der Einwirkung auf die Informationssysteme ausschließen.
Betroffene Normen:
§ 39 Abs. 1 AO, § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO
Streitjahr 2007
Vorinstanz:
Finanzgericht Niedersachsen, Urteil vom 03.07.2013, 4 K 188/11
Fundstelle:
BFH, Urteil vom 13.10.2016, IV R 33/13
Weitere Fundstellen:
BFH, Urteil vom 28.05.2015, IV R 3/13
BFH, Urteil vom 02.06.2016, IV R 23/13, siehe Deloitte Tax-News