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24.03.2023
Rechnungslegung

BFH: Pensionsrückstellung bei Pensionszusage unter Vorbehalt

Der BFH hat seine Rechtsprechung zu steuerschädlichen Vorbehalten in Bezug auf eine Pensionszusage konkretisiert: Enthält eine Pensionszusage einen Vorbehalt, demzufolge die Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, ist die Bildung einer Pensionsrückstellung steuerrechtlich nur in eng begrenzten Fällen zulässig. Der BFH hält eine Pensionsrückstellung beispielsweise dann für zulässig, wenn der Vorbehalt ausdrücklich einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand normiert, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gestattet.

Sachverhalt

Eine KG führte eine betriebliche Altersversorgung mit Entgeltumwandlung in Form der Direktzusage für ihre Mitarbeiter ein. Die Höhe der Versorgungsleistung ergibt sich aus sog. Versorgungsbausteinen, die aus einer „Transformationstabelle“ (unter Berücksichtigung einer Verzinsung und biometrischer Faktoren) abgeleitet werden können. Diesbezüglich enthält die Betriebsvereinbarung einen Vorbehalt, welcher der KG die einseitige Ersetzung der zugrundeliegenden Transformationstabelle und des Zinssatzes unter Beachtung des in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG normierten Gebots der Wertgleichheit ermöglicht. Finanzamt und FG versagten der Pensionsrückstellung die steuerliche Anerkennung mit der Begründung, dass ein steuerschädlicher Vorbehalt vorgelegen habe.

Entscheidung

Dem ist der BFH gefolgt und sah den Vorbehalt ebenfalls als steuerschädlich an.

Gesetzliche Grundlage

Eine Pensionsrückstellung darf gem. § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG u.a. nur gebildet werden, wenn und soweit die Pensionszusage keine Pensionsleistungen in Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen vorsieht und keinen Vorbehalt enthält, dass die Pensionsanwartschaft oder die Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, oder ein solcher Vorbehalt sich nur auf Tatbestände erstreckt, bei deren Vorliegen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung billigen Ermessens eine Minderung oder ein Entzug der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung zulässig ist.

Voraussetzung für die Bildung einer Pensionsrückstellung

Ausgehend von der Gesetzesbegründung und dem Sinn und Zweck der Norm ist die Bildung einer Pensionsrückstellung nach Ansicht des BFH steuerrechtlich nur dann zulässig, wenn ein mit der Pensionszusage verbundener Vorbehalt positiv – d.h. ausdrücklich – einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand normiert, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gestattet. Schädlich sind laut BFH hingegen uneingeschränkte Widerrufsvorbehalte, hinsichtlich deren Zuordnung Zweifel bestehen und deren arbeitsrechtliche Anerkennung nicht von vorneherein eindeutig zu bejahen ist und bzw. oder deren Gültigkeit und Reichweite im Einzelfall noch nicht zur arbeitsgerichtlichen Prüfung gestellt wurden.

Vorliegen eines steuerschädlichen Vorbehalts

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze entspricht die streitbefangene Pensionszusage aus Sicht des BFH jedenfalls nicht den Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG. Der Wortlaut der Betriebsvereinbarung könne im zugrundeliegenden Streitfall nur so verstanden werden, dass eine vom Arbeitgeber vorbehaltene Änderung der Pensionszusage in dessen freiem Ermessen liegt. Aufgrund der dem Arbeitgeber eingeräumten Möglichkeit, die Transformationstabelle und den Zinssatz für die Versorgungsleistung einseitig zu ändern und damit das Leistungsversprechen an geänderte Umstände anzupassen liegt laut BFH ein schädlicher Vorbehalt i.S.d. § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG vor. Es sei ferner auch kein ausdrücklich arbeitsgerichtlich anerkannter Ausnahmetatbestand gegeben. Dabei genüge die abstrakte Möglichkeit, dass aufgrund des Vorbehalts Abschläge auf eine auf der Grundlage der Pensionszusage zu bildende Pensionsrückstellung nicht mit Gewissheit ausgeschlossen werden können.

Betroffene Normen

§ 6a Abs. 1 EStG
Streitjahre 2004 - 2007

Anmerkungen

Gegenmeinung in der Literatur

In seiner hier dargestellten Entscheidung vom 06.12.2022 (IV R 21/19) lehnt der BFH die Literaturauffassung ab, dass sämtliche Widerrufsvorbehalte steuerunschädlich seien, weil nach der aktuellen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung Widerrufsvorbehalte nur noch nach billigem Ermessen zulässig und damit die Voraussetzungen des aus diesem Grund auch überflüssigen § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG für die Bildung einer Pensionsrückstellung stets zu bejahen seien (z.B. Dommermuth, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6a EStG Rz. 32).

Keine Übertragbarkeit des BFH-Urteils vom 19.08.1998, I R 92/95

Dem oben dargestellten Urteil des BFH vom 06.12.2022 (IV R 21/19) steht auch die Entscheidung des BFH vom 19.08.1998 (I R 92/95) nicht entgegen. Jener Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass ein Arbeitgeber seinen Betriebsangehörigen einen unmittelbaren Rechtsanspruch auf Invalidenrente eingeräumt hatte und diese Pensionsverpflichtung aufgrund der getroffenen Vereinbarungen nach Eintritt des Versorgungsfalls aufgehoben und auf eine Unterstützungskasse übertragen wurde. Durch den Vorbehalt trat bei oder nach Eintritt des Versorgungsfalls die Unterstützungskassenleistung an die Stelle des unmittelbaren Anspruchs gegen den Arbeitgeber. Diesen Vorbehalt sah der BFH als unschädlich an, da der Rentenberechtigte infolge der Übertragung nicht schlechter gestellt sei als bei einer unmittelbaren Versorgungsleistung durch den Arbeitgeber. In seiner aktuellen Entscheidung kommt der BFH zu dem Schluss, dass es sich bei jenem Streitfall demnach um die positive Formulierung eines Vorbehalts handelte, dessen Anerkennung in der Rechtsprechung des BAG bereits zum Bilanzstichtag eindeutig feststand und bei dem folglich keine Abschläge bei Bildung einer Pensionsrückstellung in Betracht kamen.

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 29.05.2019, 15 K 736/16 F, EFG 2019, S. 1745

Im Wesentlichen inhaltsgleich:
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 29.05.2019, 15 K 690/16 F, EFG 2019, S. 1190, siehe Deloitte Tax News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 06.12.2022, IV R 21/19, BStBl II 2023, S. 474

Pressemitteilung Nr. 18/23 vom 16.03.2023

Im Wesentlichen inhaltsgleich:

BFH, Urteil vom 06.12.2022, IV R 22/19

Weitere Fundstelle

BFH, Urteil vom 19.08.1998, I R 92/95, BStBl II 1999, S. 387

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