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13.10.2016
Rechnungslegung

BFH: Passivierung eines Darlehens mit steigenden Zinssätzen

Besteht am Bilanzstichtag eine Darlehensverbindlichkeit mit steigenden Zinssätzen, so ist in der Bilanz grundsätzlich eine Verbindlichkeit oder eine Rückstellung wegen eines wirtschaftlichen Erfüllungsrückstandes unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Verzinsung auszuweisen. Die Zinsverbindlichkeit ist mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen.

Sachverhalt

Der Klägerin, einer GmbH, wurde im Februar des Streitjahres 2008 ein Darlehen mit jährlich steigenden Zinssätze von einer Konzerngesellschaft gewährt. Die aufgelaufenen Zinsen waren jährlich am letzten Tag im Februar des jeweiligen Jahres zu zahlen. Die Klägerin bildete in ihrer Bilanz per 31.12.2008 für die Zinsverpflichtung aus dem Darlehensvertrag eine Rückstellung unter Zugrundelegung des auf die Gesamtlaufzeit des Darlehens bezogenen durchschnittlichen Zinssatzes (5,2%). Das Finanzamt legte hingegen den für das erste Jahr der Darlehenslaufzeit festgelegten Zinssatz (1,8%) zugrunde. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Entscheidung

Wegen der Verpflichtung, die am Bilanzstichtag bestehende Darlehensverbindlichkeit in späteren Jahren höher zu verzinsen, habe die Klägerin zu Recht einen Passivposten auf Grundlage der Durchschnittsverzinsung gebildet.

Die von Finanzamt und FG zugestandene Bildung einer Rückstellung für den auf den Zeitraum zwischen Vertragsbeginn und Bilanzstichtag entfallenden Zinsaufwand beruhe der Sache nach auf einem Erfüllungsrückstand, dessen Passivierung höchstrichterlich anerkannt sei (vgl. BFH-Urteil vom 24.05.1984). Zum Bilanzstichtag hatte der Darlehensgeber das Kapital bereits für zehn Monate der Klägerin zur Nutzung überlassen und sei insoweit in Vorleistung getreten, während sich diese mit ihrer Gegenleistung (Zinszahlung) im Rückstand befand. Dass die Zinszahlung zivilrechtlich am 31.12.2008 noch nicht fällig war, spiele keine Rolle.

Fraglich sei damit im Streitfall allein, ob für die Höhe des zu passivierenden Erfüllungsrückstandes auf die zivilrechtliche Abrede, wonach im ersten Vertragsjahr lediglich ein Zins in Höhe von 1,8 % der Darlehenssumme zu leisten sei, oder in wirtschaftlicher Betrachtung auf die dem Vertrag als eine Art "Geschäftsgrundlage" zugrundeliegende Durchschnittsverzinsung und damit auf die ansteigenden Zinsverbindlichkeiten der Folgejahre abzustellen sei. Letzteres sei der Fall.

Bei der nach der mittlerweile ständigen BFH-Rechtsprechung gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung der Gegebenheiten (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 03.12.1991) stellten die von der Klägerin am Bilanzstichtag noch geschuldeten zukünftigen Zinszahlungen die Gegenleistung für die gesamte mehrjährige Kapitalüberlassung des Darlehensgebers dar. Der gesamte Zinsaufwand werde anteilig durch den am jeweiligen Bilanzstichtag zurückliegenden Zeitraum wirtschaftlich verursacht.

So nahm der BFH auch bei der Verpflichtung zur Leistung einer am Ende der Laufzeit fälligen Sparprämie einen zu passivierenden Erfüllungsrückstand an (BFH-Urteil vom 15.07.1998). Diese Grundsätze gälten entsprechend bei der hier zu beurteilenden progressiven Verzinsung.

Das stehe auch in Übereinstimmung mit der jüngeren BFH-Rechtsprechung zur Beurteilung der Zeitraumbezogenheit von Zinszahlungspflichten. So habe der BFH bei Vereinbarung jährlich fallender Zinssätze die Verpflichtung des Darlehensnehmers zur Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens (RAP) zu Beginn der Vertragslaufzeit angenommen. Das gelte jedenfalls dann, wenn der Darlehensnehmer im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung die anteilige Erstattung der bereits gezahlten Zinsen verlangen könnte. Sollte ein solcher Erstattungsanspruch nicht bestehen, sei gleichwohl ein RAP zu aktivieren, wenn das Darlehensverhältnis nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann (BFH-Urteil vom 27.07.2011).

Bei Beachtung dieser bilanzsteuerrechtlichen Grundsätze, käme es im Streitfall darauf an, ob der Darlehensnehmer, der zu Beginn der Vertragslaufzeit von (zu) niedrigen Zinssätzen profitiert hat, im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung einem Nachforderungsanspruch des Darlehensgebers ausgesetzt wäre. Im Streitfall gebe der Vertrag für einen solchen Nachforderungsanspruch zwar nichts her. Jedoch sei die fehlende Nachforderbarkeit der Zinsen im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung dann für die Zuordenbarkeit von (Vor-)Leistung und (rückständiger) Gegenleistung unschädlich, wenn das Vertragsverhältnis wie im Streitfall auf mehrere Jahre zu festen Bedingungen abgeschlossen ist und während dieser Zeit nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften der Nr. 2 anzusetzen und mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Die Voraussetzungen für die Abzinsung seien im Streitfall erfüllt.

Betroffene Norm

§ 249 Abs. 1 S. 1 HGB

Streitjahr 2008

Vorinstanz

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2014, 10 K 3184/13

Fundstelle

BFH, Urteil vom 25.05.2016, I R 17/15, BStBl II 2016 Seite 930

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 27.07.2011, I R 77/10, BStBl. II 2011, S. 915, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 15.07.1998, I R 24/96, BStBl. II 1998, S. 728

BFH, Urteil vom 03.12.1991, VIII R 88/87, BStBl. II 1993, S. 89

BFH, Urteil vom 24.05.1984, I R 166/78, BStBl. II 1984, S. 747

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