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27.01.2015
Unternehmensrecht

Zur Haftung des Geschäftsführers für unlautere Wettbewerbshandlungen der Gesellschaft

In seinem Grundsatzurteil vom 18.06.2014 (Az. I ZR 242/12) gibt der BGH seine bisherige Rechtsprechungslinie zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers im Außenverhältnis für unlautere Wettbewerbshandlungen der durch ihn vertretenen Gesellschaft auf. Dies führt in bestimmten Konstellationen zu einer Haftungserleichterung für Geschäftsführer.

Abweichend von der bisherigen Rechtsprechung hat der BGH in seinem Grundsatzurteil vom 18.06.2014 (Az.I ZR 242/12) die persönliche Haftung des Geschäftsführers im Außenverhältnis für unlautere Wettbewerbshandlungen der durch ihn vertretenen Gesellschaft bejaht, wenn er entweder persönlich an den Wettbewerbsverstößen beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund seiner Garantenstellung hätte verhindern müssen. Die bloße Kenntnis des Geschäftsführers von der unlauteren Wettbewerbshandlung der Gesellschaft reiche danach für eine wettbewerbsrechtliche Organhaftung im Außenverhältnis zu Dritten nicht mehr aus.

I. Sachverhalt

Ein Gasversorgungsunternehmen richtete sich mit seiner Klage auf Unterlassung falscher Äußerungen durch die bei der Haustürwerbung eingesetzten Werber der beklagten R. GmbH. Die Werber hätten versucht, die Verbraucher der Klägerin zur Kündigung ihrer bestehenden Gaslieferungsverträge zu bewegen. Nach Auffassung der Klägerin hafte neben der R. GmbH auch der alleinige Geschäftsführer persönlich, da er von den Wettbewerbsverstößen der R. GmbH Kenntnis gehabt habe und diese nicht verhindert hätte.

Das Landgericht Berlin hat die R. GmbH sowie ihren Geschäftsführer wegen der Wettbewerbsverstöße auf (i) Unterlassung unzutreffender sowie irreführender Äußerungen gegenüber Verbrauchern im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Gaslieferverträgen (§ 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1, §§ 3 und 5 Abs. 1 und 2 UWG), (ii) Auskunft (§ 9 UWG i.V.m. § 242 BGB) und (iii) Schadensersatz (§§ 3, 9 UWG) verurteilt. Auf die Berufung des Geschäftsführers hin hat das Kammergericht Berlin die gegen den Geschäftsführer gerichtete Klage insgesamt abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrte die Klägerin die Verurteilung des Geschäftsführers.

II. Entscheidung

Der BGH hat die persönliche Haftung des Geschäftsführers für Wettbewerbsverstöße der R. GmbH verneint und die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Hierzu führte der BGH aus, dass der Geschäftsführer an den unlauteren Wettbewerbshandlungen der Gesellschaft nicht selbst als Täter oder Teilnehmer durch aktives Tun beteiligt war. Für eine persönliche Haftung wegen Unterlassens sei eine Garantenstellung des Geschäftsführers, d.h. eine besondere Pflichtenstellung zur Abwendung des Eintritts eines schädigenden Ereignisses, erforderlich. Die Garantenstellung könne sich aus Vertrag, Gesetz, vorhergehendem gefährdenden Tun (sog. Ingerenz) oder der Inanspruchnahme von Vertrauen ergeben. Vorliegend sei zwar der Geschäftsführer für die ordnungsgemäße Geschäftsführung gem. § 43 Abs. 1 GmbHG (sowie auch die Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft gem. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG) und damit auch für die Einhaltung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten, wie Prüf-, Überwachungs- und Eingreifpflichten, verantwortlich. Laut BGH besteht aber die Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung grundsätzlich nur gegenüber der von dem Geschäftsführer vertretenen Gesellschaft (im Innenverhältnis) und gerade nicht gegenüber dem Verbraucher (im Außenverhältnis), so dass eine Garantenstellung aus Ingerenz vorliegend ausscheidet.

Nach Auffassung des BGH könne sich ausnahmsweise eine Erfolgsabwendungspflicht von Wettbewerbsverstößen der Gesellschaft durch den Geschäftsführer bei Vorliegen besonderer Umstände ergeben, die über die allgemeine Verantwortlichkeit für die Geschäftsorganisation der Gesellschaft hinausgehe. Solche besonderen Umstände werden angenommen, wenn sich der Geschäftsführer bewusst der Möglichkeit entzieht, Kenntnis von etwaigen Wettbewerbsverstößen der Gesellschaft zu erlangen (z.B. durch einen dauerhaften Auslandsaufenthalt) oder wenn der Geschäftsführer ein Geschäftsmodell verwirklicht, das auf Rechtsverletzungen ausgelegt wäre. Das Vorliegen besonderer Umstände könne jedoch nicht bejaht werden, wenn wie hier die Wettbewerbsverstöße durch die im Außendienst tätigen Werber nur räumlich entfernt vom Geschäftssitz des Geschäftsführers erfolgen. Auch die Auslagerung der Haustürwerbung auf Dritte, die Aufnahme der Direktvertriebstätigkeit für einen Wettbewerber der Klägerin sowie die Zahlung einer Provision an die Werber stellen wettbewerbsrechtlich unbedenkliche Unternehmensentscheidungen dar.

III. Praxishinweis

Mit dieser Entscheidung hat der BGH seine bisherige Rechtsprechungslinie zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers bei Wettbewerbsverstößen der Gesellschaft aufgegeben. Bisher wurde eine persönliche Haftung des Geschäftsführers bereits dann für möglich erachtet, wenn der Geschäftsführer von den unlauteren Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft wusste und es unterlassen hat, alles in seiner Macht stehende zu tun, um einen Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Begründet wurde die persönliche Haftung des Geschäftsführers damit, dass er aufgrund seiner Organstellung verpflichtet sei, den Geschäftsbetrieb so zu organisieren, dass keine wettbewerbswidrigen Handlungen begangen werden können. Dieser Ansicht hat der BGH eine Absage erteilt und setzt für die persönliche Haftung des Geschäftsführers im Falle eines Unterlassens voraus, dass er die unlautere Wettbewerbshandlung aufgrund seiner Garantenstellung hätte verhindern müssen.

Da die Organstellung des Geschäftsführers und die Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung nur (allerdings unzweifelhaft) gegenüber der Gesellschaft besteht und nicht im Verhältnis zu Dritten, kann der Geschäftsführer von der Gesellschaft im Rahmen der Innenhaftung gem. § 43 Abs. 2 GmbHG für die Verletzung seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Unternehmensleitung in Anspruch genommen werden.

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