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19.10.2016
Unternehmensrecht

Reform der BauNVO – der neue Baugebietstypus “Urbanes Gebiet”

Das Urbane Gebiet als Allheilmittel gegen Flächen- und Wohnungsknappheit?

Mit der Schaffung des neuen Baugebietstypus „Urbanes Gebiet“ gibt der Gesetzgeber nach langen Diskussionen mit Kommunen aber insbesondere auch Entwicklern und Investoren ein brauchbares Instrument an die Hand, das hoffentlich zur Lösung des sich vergrößernden Problems der Flächenverknappung beitragen wird.

Reform der BauNVO – der neue Baugebietstypus “Urbanes Gebiet”

Sind Sie Immobilienentwickler oder -investor und suchen noch nach bebau- bzw. verwertbaren Flächen in der Innenstadt? Oder sind Sie ein Gewerbetreibender oder gar Retailer, den es in die lebendigen und in steter Fortentwicklung befindlichen Wohnviertel der Städte zieht? Dann könnte Ihnen die geplante Reform der Baunutzungsverordnung (BauNVO) zugutekommen.

Am 16. Juni 2016 veröffentlichte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) seinen Referentenentwurf zur Novelle des BauGB und der BauNVO. Die Novellierung soll vornehmlich dazu dienen, EU-Richtlinien umzusetzen und das Konzept der „nutzungsgemischten Stadt der kurzen Wege“ sowie allgemein die Verdichtung der Städte weiter voranzutreiben. Das Kernstück der Reform bildet dabei unter anderem die Einführung des neuen Baugebietstypus „Urbanes Gebiet“.

Angesichts der nicht zu unterschätzenden Chancen und Herausforderungen, welche die Reformpläne insbesondere für Entwickler, Investoren, Planer und Gewerbetreibende mit sich bringen könnten, sollen diese geplanten Neuregelungen des BMUB im Folgenden kurz dargestellt werden.

Als Instrument der Nachverdichtung und der Durchmischung unterschiedlicher Nutzungen (z. B. Wohnen, Gewerbe, Kultur, Freizeit) plant das BMUB in einem neuen § 6a BauNVO die Einführung eines neuen Baugebietstyps „Urbanes Gebiet (MU)“.

Der neue Gebietstypus soll dabei sowohl systematisch als auch funktional zwischen dem „Kerngebiet“ (vorwiegend Handel, Verwaltung, Kultur) und dem „Mischgebiet“ (vorwiegend Wohnen, Gewerbe) einzuordnen sein.

„Urbane Gebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben sowie sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen in kleinräumiger Nutzungsmischung, soweit diese Betriebe und Einrichtungen die Wohnnutzung nicht wesentlich stören.“ (§ 6a Abs. 1 BauNVO-E)

Im Gegensatz zum „Mischgebiet“ soll es nach dem Willen des BMUB beim „Urbanen Gebiet“ keine feste Quotierung der verschiedenen Nutzungsarten geben, um so der planerischen Gestaltung den größtmöglichen Freiraum einzuräumen.

Die der Neuregelung zum „Urbanen Gebiet“ zugrunde liegende Idealvorstellung des BMUB ist eine Nutzungsdurchmischung sogar innerhalb des einzelnen Gebäudes, bei der sich jeweils im Erdgeschoss Gewerbebetriebe oder soziale und kulturelle Einrichtungen ansiedeln und die darüber liegenden Etagen der Wohnnutzung dienen. Gebäude für die ausschließliche Wohnnutzung sollen daher nur ausnahmsweise zulässig sein. Auch sind Geschäfts- und Bürogebäude, die im Misch- und im Kerngebiet grundsätzlich zulässig sind, nach dem Referentenentwurf und entgegen der vorgebrachten Forderungen (vgl. Stellungnahme des ZIA vom 5. Juli 2016) im „Urbanen Gebiet“ nicht gewollt.

Den Kommunen soll mit Einführung des neuen Baugebiets zur Erleichterung des Bauens gerade in stark verdichteten städtischen Gebieten mehr Flexibilität eingeräumt werden. Das „Urbane Gebiet“ soll aber auch eine noch höhere Bebauungsdichte in Innenstadtlagen ermöglichen. Der zu diesem Zweck geänderte § 17 BauNVO sieht für die Bebauung des „Urbanen Gebiets“ aus diesem Grund eine Grundflächenzahl wie im „Mischgebiet“ (0,6 GRZ) und eine Geschossflächenzahl wie im „Kerngebiet“ (3,0 GFZ) vor, was die Voraussetzungen für eine sehr viel dichtere Bebauung als in Wohngebieten schafft.

Um eine effektive Nutzungsdurchmischung zu fördern und insbesondere in innerstädtischen Lagen die Voraussetzungen für eine noch stärkere Verdichtung zu schaffen, soll als flankierende Maßnahme zur Einführung des „Urbanen Gebiets“ auch die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) geändert werden. Der Referentenentwurf vom 7. Juli 2016 sieht dazu vor, dass im „Urbanen Gebiet“ Geräuschimmissionen von bis zu 63 dB (A) tags und von bis zu 48 dB (A) nachts zulässig sein sollen. Die genannten Immissionswerte gehen deutlich über die in Mischgebieten geltenden Werte hinaus und erreichen nahezu die in Gewerbegebieten maximal zulässigen Immissionswerte. Ob diese – nicht unumstrittenen – Richtwerte in die endgültige Fassung der Verwaltungsvorschrift aufgenommen werden, bleibt jedoch abzuwarten.

Gerade in verdichteten Räumen in innerstädtischen Lagen kommt es aufgrund der unterschiedlichsten Anforderungen an eine gedeihliche Koexistenz häufig zu Kollisionen unterschiedlichster Interessen und Ansprüche. Daneben sind weitere Herausforderungen wie insbesondere Klimaschutz und Lärmschutz zu bewältigen. Erklärtes Ziel des BMUB ist es, das Planen und Bauen im Allgemeinen sowie die Verdichtung und Nutzungsdurchmischung in innerstädtischen Gebieten zu erleichtern. Gleichzeitig soll an einem hohen Umwelt- und Lärmschutzniveau festgehalten und damit einhergehend die Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinien vorangetrieben werden. Das BMUB unternimmt mit dem Referentenentwurf den Versuch, diese – zum Teil scheinbar gegensätzlichen – Absichten zu vereinen. Ob dies letztlich auch in der praktischen Umsetzung gelingt, wird sich herausstellen.

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