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01.10.2015
Unternehmensrecht

Landgericht Hamburg zu Käuferpflichten und Übersetzungsfragen im SPA

Das Landgericht Hamburg hatte eine Schadensersatzklage einer Unternehmenskäuferin wegen Patentrechtsverletzungen zu entscheiden. Diese waren in der Zeit vor Closing entstanden und der Käuferin bei Abschluss des Vertrages nicht bekannt.

In einem vor dem Landgericht Hamburg, Urteil vom 13. März 2015, Az.: 315 O 89/13, geführten Schadensersatzprozess, hatte das Gericht über Ersatzansprüche der Unternehmenskäuferin aus Patentrechtsverletzungen zu entscheiden. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche waren zum Zeitpunkt des Unternehmenskaufes nicht bekannt und stammten aus der Zeit vor Closing. Das Gericht, untersuchte dabei, ob der Klägerin ein Schadensersatzanspruch aus Garantieverletzung oder ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch gemäß §§ 434, 453 BGB bzw. § 311 Absatz 2 BGB zusteht.

Sachverhalt

Die Parteien schlossen zum 31. Dezember 2007 („Stichtag“) einen Kauf- und Übertragungsvertrag („Vertrag“) über sämtliche Anteile an einer GmbH („Zielgesellschaft“), die aus Gründen der Restrukturierung aus der bisherigen Unternehmensgruppe ausgegliedert werden sollte, für einen symbolischen Kaufpreis in Höhe von EUR 1,00. Die Zielgesellschaft war im Wesentlichen für den Geschäftsbereich Entwicklung und Lizenzierung zuständig, verwaltete eine Vielzahl von eigenen Patenten und lizenzierte diese im Wege von Patentlizenzprogrammen an Dritte weiter. Im Rahmen des Verkaufsprozesses wurde durch die Klägerin, die bei der Beklagten eine Unternehmensprüfung (Due Diligence) durchführte, am 20. November 2007 eine entsprechende Frageliste an die Geschäftsführung der Zielgesellschaft gesandt. Der Kaufvertrag, der in englischer Sprache abgefasst wurde, wurde von den Parteien sodann am 28. November 2007 unterzeichnet. Der Vertrag enthält unter anderem folgendes Garantieversprechen:

„Permits: The company has all permits and authorisations necessary for the conduct of its business as now being conducted or required for the ownership, lease and/or use and operations of its assets and facilities. All such permits and authorisations are valid and in full force and the company is in material compliance with all such permits and authorisations.”

Im Nachgang an die Vertragsunterzeichnung wurden mehrere Ansprüche gegen die Zielgesellschaft wegen Patentrechtsverletzungen, die aus der Zeit vor dem Verkauf der stammten, erhoben. Zur Abwehr gerichtlicher Auseinandersetzungen wurden diese vergleichsweise beendet. Die hierfür entstandenen Kosten verlangt die Klägerin wegen Verletzung der Garantie ersetzt, da sie sich begründeten Ansprüchen Dritter wegen mangelnder Berechtigung zur Nutzung der in Rede stehendenden Patentrechte vor Abschluss des Vertrages ausgesetzt sah. Wäre der Käuferin die Lizenzzahlungsverpflichtungen bekannt gewesen, so hätte diese gefordert, die Zielgesellschaft vor der Übertragung mit mehr Kapital auszustatten. Nach Ansicht der Klägerin hat die Verkäuferin diese Ansprüche bei den Vertragsverhandlungen arglistig verschwiegen. Die Beklagte bestreitet einen Anspruch der Klägerin, da diese ausreichend Zeit hatte, sich über die Zielgesellschaft zu informieren und entsprechende Fragestellungen zu Patentrechtsverletzungen hätte stellen können. Die Klägerin habe sich indes schuldhaft auf die Aussagen der Geschäftsführung der Zielgesellschaft verlassen und nicht weiter nachgeforscht.

Entscheidung

Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts steht der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Schadens zu. Nach Auffassung des Gerichts enthält die streitgegenständliche Garantie eine Regelung über behördliche Erlaubnisse bzw. Genehmigungen. Das Gericht lässt hierbei offen, ob der englische Begriff „Authorisations“ mit Berechtigung oder Genehmigungen zu übersetzen ist. In der Garantie sei lediglich die Zusage an die Käuferin enthalten, dass zum Stichtag alle behördlichen Genehmigungen zur Führung des Geschäfts vorliegen. Hiermit seien keine Lizenzen in Bezug auf Patente gemeint, die zum Vertrieb erforderlich waren. Darüber hinaus enthält der Vertrag eine ausdrückliche Regelung zu Schutzrechten. Diese umfasst zwar lediglich Markenrechte, jedoch werde aus der Überschrift zu der Garantie erkennbar, dass die Parteien die Bereiche behördliche Genehmigungen und Schutzrechte thematischen trennen wollten. Ferner begründet das Gericht, dass die in Streit stehende Garantie lediglich eine Stichtagsregelung enthält, die gewährleistet, dass die Zielgesellschaft nach dem Stichtag über alle Genehmigungen verfügt. Für die Zeit vor dem Stichtag trifft diese Garantie keine Aussage. Der Klägerin stehen auch keine anderen Anspruchsgrundlagen (§§ 434, 453 BGB oder § 311 Absatz 2 BGB) für den Ausgleich des geltend gemachten Schadens zu. Die Klägerin hat es nach Ansicht des Gerichts grob fahrlässig unterlassen, etwaige Patentrechtsansprüche Dritter gegenüber der Zielgesellschaft zu überprüfen, obwohl ihr ein Patentrechtsverletzungsverfahren bekannt war und sie darüber hinaus im Kaufvertrag zusichert, zum Abschlusstag des Vertrages über ausreichend und angemessenen Informationen und Unterlagen im Zusammenhang mit der vorgesehen Transaktion verfügt.

Auswirkungen auf die Praxis

Das Urteil ist in mehrerer Hinsicht für die Praxis interessant. Zum einen unterstreicht die Entscheidung des Gerichts, dass die mit Permits benannte Garantie üblicherweise als behördliche Genehmigungen zu übersetzen ist und im Vertrag zwischen behördlichen Genehmigungen und privatrechtlichen Lizenzen klar zu unterscheiden und zu trennen ist. Um Fehlinterpretationen der englischen Begrifflichkeiten und spätere Auseinandersetzungen zu verhindern, empfiehlt es sich daher die deutschen Begriffe in Klammern mit in den Vertragstext aufzunehmen. Ferner stellt das Gericht klar, dass eine Garantie für frühere Verletzungen einer ausdrücklichen Regelung bedarf und eine Stichtagsregelung wie im vorliegenden Fall, lediglich für die Zeit nach dem Stichtag eine Aussage trifft. Hinsichtlich der Käuferpflichten verschärft das Gericht schließlich die Anforderungen gegenüber der bisherigen Rechtsprechung. Wurden bisher eher gesteigerte Aufklärungspflichten des Verkäufers angenommen, werden nunmehr die Nachfragepflichten des Käufers geschärft, sofern sich diesbezüglich Anhaltspunkte aus der durchgeführten Unternehmensprüfung ergeben. Das Urteil verdeutlicht, dass eine klare Vertragssprache maßgeblich für die Begründung etwaiger Ansprüche ist und klare Trennung zwischen Themenbereichen konsequent zu beachten sind. Sofern hiervon eine Ausnahme gemacht werden soll, ist dies klar im Vertragstext hervorzuheben.

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