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28.04.2015
Unternehmensrecht

BGH: Nichtige Kundenschutzklausel in Auseinandersetzungsvereinbarung zwischen GmbH und einem ihrer Gesellschafter bei personalistisch geführter GmbH wegen Überschreitung der Zeitspanne von 2 Jahren

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in Form einer Kundenschutzklausel, das im Rahmen eines Auseinandersetzungsvertrages zwischen einer GmbH und einem ihrer Gesellschafter anlässlich dessen Ausscheiden vereinbart wurde, ist gemäß § 138 BGB nichtig, wenn es das in zeitlicher Hinsicht notwendige Maß übersteigt, das in der Regel zwei Jahren beträgt (BGH II ZR 369/13, Urt. v. 20. Januar 2015).

I. Sachverhalt

Der Geschäftsführer der Klägerin war ursprünglich Gesellschafter der beklagten GmbH, die auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung tätig war. Die Niederlassung der beklagten GmbH wurde durch den Geschäftsführer der Klägerin betreut.

Durch Auseinandersetzungsvertrag vom September 2006 verkaufte der Geschäftsführer der Klägerin seinen Geschäftsanteil an der beklagten GmbH an deren Geschäftsführer und Mitgesellschafter und schied aus der Gesellschaft aus. Gleichzeitig trat die beklagte GmbH u.a. Ansprüche aus bestimmten Kundenverträgen an die Klägerin ab. Es handelte sich um Verträge mit Kunden, die der durch den Geschäftsführer der Klägerin betreuten Niederlassung zugeordnet waren und auf die Klägerin übergehen sollten. Des Weiteren verpflichteten sich die beklagte GmbH und der verbliebene Alleingesellschafter, fünf Jahre lang die übertragenen Kunden im Zusammenhang mit Arbeitnehmerüberlassung und Personalvermittlung weder anzusprechen noch abzuwerben. Diese Kundenschutzklausel wurde mit einer Vertragsstrafe gesichert. Ziel der Vereinbarungen war es, das der als Gesellschafter ausscheidende Geschäftsführer, der Kläger, die selbst angeworbenen Kunden der Niederlassung behalten sollte.

Im September 2011, kurz vor Ablauf der fünf Jahresfrist, schrieb ein Mitarbeiter der beklagten GmbH potentielle Kunden an, die unter die Kundenschutzklausel fielen, und bot diesen Leistungen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung an. Daraufhin verlangte die Klägerin unter Berufung auf einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot von der beklagten GmbH die Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe.

II. Entscheidung der Vorinstanzen

Der Klage wurde in erster Instanz (LG Hamburg, Urteil vom 7. März 2013 – 418 HKO 68/12) zu einem geringen Teil stattgegeben. Das Berufungsgericht (OLG Hamburg, Urteil vom 29. Oktober 2013 – 9 U 38/13) hat die beklagte GmbH nahezu antragsgemäß zur Zahlung der Vertragsstrafe verurteilt.

III. Entscheidung des BGH

Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf, wies die Klage insgesamt ab und führte aus, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe habe. Die vereinbarte Unterlassungsverpflichtung habe im September 2011 nicht mehr bestanden, da das im Auseinandersetzungsvertrag vereinbarte Ansprech- und Abwerbeverbot in zeitlicher Hinsicht mit fünf Jahren die zulässige Grenze von zwei Jahren für Wettbewerbsverbote überschreite und nach § 138 BGB sittenwidrig und nichtig sei.

Zur Begründung führte der BGH aus, dass nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Rücksicht auf die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit nur dann gerechtfertigt seien, wenn und soweit sie notwendig sind, um einen Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Daher seien Wettbewerbsverbote nur zulässig und wirksam, wenn sie in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreiten. Das gelte auch für das vorliegende nachvertragliche Wettbewerbsverbot, das erst anlässlich der Beendigung der gesellschaftsrechtlichen Beziehung vereinbart wurde.

Ziel der Vereinbarung der Kundenschutzklausel sei nach Ansicht des BGH, die Vermögenswerte der beklagten GmbH zwischen den Gesellschafter aufzuteilen und dem Geschäftsführer der Klägerin die Möglichkeit zu geben, die von ihm angeworbenen Kunden ungestört mitnehmen zu können und die Erfolge seiner Arbeit zu sichern. Vorliegend könne daher ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin nur so lange bestehen, wie die Beziehungen der beklagten GmbH zu ehemaligen, von der Klägerin übernommenen Kunden noch fortwirken. Nach Ablauf der Zeitspanne könne keine Seite mehr ein berechtigtes Interesse an einer fortbestehenden Wettbewerbsbeschränkung haben.

In vergleichbaren Fällen wie beispielsweise der Freiberuflersozietät hatte der BGH bereits einen Zeitraum von zwei Jahren als ausreichend für den Schutz der Interessen der Beteiligten angesehen, da nach dieser Zeit die Mandantenbeziehungen typischerweise gelockert seien. Dass es sich bei den Parteien nicht um Freiberufler sondern Gewerbetreibende handele, rechtfertige vorliegend keine längere Zeitgrenze. Die Begrenzung der Wettbewerbsverbote gründe nach Auffassung des BGH nämlich nicht darin, dass Wettbewerbsverbote nicht mit dem Berufszweck von freien Berufen vereinbar seien, sondern in der grundgesetzlich geschützten Berufsfreiheit, die auch Gewerbetreibenden und Gesellschaftern einer personalistisch geführten GmbH zukämen. Soweit diese Dienstleistungen anbieten würden, bestünden hinsichtlich der Kundenbindung nicht von vornherein Unterschiede zu Kundenbeziehungen von Freiberuflern.

Offen gelassen hatte der BGH bisher, ob in Ausnahmefällen ein schutzwürdiges Interesse eines Unternehmers an einem länger andauernden Abwerbeverbot bestehen kann. Diese Frage ließ der BGH jedoch abermals vorliegend dahinstehen, da kein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an einem längeren Abwerbeverbot vorgetragen wurde.

IV. Würdigung und Praxishinweise

Der BGH schafft mit seiner Entscheidung Rechtssicherheit und bejaht die Anwendbarkeit der in anderen Fallkonstellationen bereits höchstrichterlich entschiedenen regelmäßigen Höchstdauer von zwei Jahren auch auf Wettbewerbsverbote für personalistisch geführte GmbHs. Der BGH setzt damit seine Linie fort, alle Wettbewerbsverbote einer einheitlichen zeitlichen Höchstgrenze von zwei Jahren zu unterwerfen und Ausnahmen hiervon nur in besonderen Konstellationen für möglich zu halten, die wohl praktisch kaum denkbar und schwerlich begründbar sind. Die vorliegende Entscheidung des BGH bezieht sich auf personalistisch strukturierte Gesellschaften, bei kapitalistisch strukturierten Gesellschaften dürfte die Interessenlage eine andere sein, denn dort stehen nicht der persönliche Beitrag und die Mitarbeit der Gesellschaft im Vordergrund, sondern ihr finanzielles Investment. Die Besonderheit des vorliegenden Falls lag zudem darin, dass nicht der verbleibende, sondern der ausscheidende Gesellschafter durch die Kundenschutzklausel gesichert werden sollte und ihm eine Mitnahme von seinen Kunden ermöglicht werden sollte. Es spielt somit keine Rolle, welcher Vertragspartei das Wettbewerbsverbot auferlegt wird.

Unklar bleibt jedoch weiterhin, ob und wenn ja, in welchen besonderen Ausnahmekonstellationen ein länger als zwei Jahre andauerndes Wettbewerbsverbot ausnahmsweise zulässig sein kann. In der Literatur wird zwar teilweise eine Überschreitung der Zweijahresgrenze als ausnahmsweise zulässig angesehen, zumindest dann, wenn dargelegt werden kann, warum sich die Kundenbeziehungen in den zwei Jahren noch nicht verflüchtigt und weitgehend gelockert haben. Weitere konkrete Vorgaben und Anhaltspunkte für die Frage, unter welchen besonderen Umständen und mit welchen Argumenten eine längere Zeitspanne als zwei Jahre hinreichend begründet dargelegt werden kann, gibt es allerdings nicht. Für die Praxis ist es daher unbedingt ratsam, nachvertragliche Wettbewerbsverbote, einschließlich solcher in Form von Kundenschutzklauseln auf maximal zwei Jahre zu beschränken.

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