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10.10.2017
Unternehmensrecht

BGH bestätigt: Sonderkündigungsrecht besteht bei Preisanpassung wegen gestiegener (EEG-)Umlagen

 Der BGH bestätigt, dass auch die Änderung von Umlagen (zzgl. zum Energiepreis), die der Energieversorger nicht beeinflussen kann, zu einem Sonderkündigungsrecht in einem Energieliefervertrag führt. Dies gilt zumindest, wenn die Anpassungsklausel in den AGB des Versorgers die Weitergabe entsprechender Umlageerhöhungen (nur) als einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vorsieht.

 Mit Urteil vom 05.07.2017 (Az. VIII ZR 163/16) hat der BGH das Urteil des OLG Düsseldorf (Urteil vom 05.07.2016, Az. I-20 U 11/16, wir berichteten) bestätigt: Energieversorger dürfen wegen § 41 Abs. 3 EnWG das Sonderkündigungsrecht der Kunden im Falle einer Preisanpassung wegen gestiegener Umlagen (z.B. EEG-Umlage) in AGB nicht ausschließen.

 Der BGH bestätigt vollumfänglich das Urteil des OLG Düsseldorf, über das wir bereits berichteten. Im Ergebnis stellt eine Weitergabe der Erhöhung einer Umlage auf Basis eines einseitigen Preisanpassungsrechts durch den Energieversorger eine Vertragsänderung gem. § 41 Abs. 3 EnWG dar. Diese Vertragsänderung führt dazu, dass der Energieversorger seine Kunden sowohl auf die Veränderungen und Rücktrittsrechte als auch das fristlose Kündigungsrecht hinweisen muss. Der BGH legt mithin § 41 Abs. 3 EnWG vor dem Hintergrund der Anhang I (1) b) der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (Richtlinie 2009/72/EG) aus. Er lässt keine Zweifel aufkommen, dass der deutsche Gesetzgeber unter einer „Änderung der Vertragsbedingungen“ nach § 41 Abs. 3 EnWG auch die Änderung von unselbständigen Preisbestandteilen fassen wollte. Zudem hält der BGH das im Verfahren in Bezug genommene Urteil des EuGH zum „Widerrufsrecht“ wegen Erhöhung von Telekommunikationsentgelten (Urt. v. 26.11.2015 – C-326/14) für nicht einschlägig und verneint seine Vorlagepflicht an den EuGH.

Folgen für die Vertragsgestaltung von Energielieferverträgen

 Aus der Urteilsbegründung des BGH lassen sich einige Schlussfolgerungen für die Vertragspraxis ziehen:

Der BGH hält an seiner restriktiven Auslegung von Preisänderungsbestimmungen in AGB fest und bestätigt seine „harte“ Rechtsprechungslinie im Hinblick auf die Transparenz von Preisänderungsklauseln. Er dehnt diese Rechtsprechung nun auch auf die von den Energieversorgern nicht beeinflussbaren Preisbestandteile aus. Es bleiben Zweifel, ob der BGH das Sonderkündigungsrecht der Kunden auch bejaht hätte, wenn der Energieversorger eine Kostenelementeklausel i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 3 PrKlG vereinbart hätte, die eine automatische Weitergabe der Umlagen in der von den jeweiligen Marktbeteiligten veröffentlichten Höhe vorgesehen hätte. Der BGH verneint die Anwendung des o.g. EuGH-Urteils maßgeblich unter Verweis darauf, dass in dem dem EuGH-Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt eine Indexformel eines objektiven Indexes verwendet wurde. Insofern ist höchst fraglich, ob der BGH den vorliegenden Fall anders beurteilen würde, wenn eine Kostenelementeklausel vereinbart würde. Hierfür spricht zwar, dass eine solche Klausel die Änderungen bereits bei Vertragsschluss zum Vertragsgegenstand gemacht worden sind. Jedoch betont der BGH, dass es sich bei diesen Umlagen um unselbständige Preisbestandteile handelt. Eine Preisänderung i.S.v. einer Vertragsänderung nach § 41 Abs. 3 EnWG läge daher auch nach dieser Lesart vor.

Ausblick

 In der Praxis führen die mindestens jährlichen Veränderungen der vielfältigen Umlagen und Netzentgelte, die zusammen mit den Steuern den höchsten Anteil am Strom- und Gaspreis ausmachen, zu Sonderkündigungsrechten, die die Mindestvertragslaufzeiten konterkarieren. Aus vertrieblicher Sicht ist dieser Zustand nicht optimal. Hinzukommt, dass die Versorger u.a. durch die restriktive Rechtsprechung zu einer quasi kostenbasierten Bepreisung gezwungen werden. Hier ist der Gesetzgeber gefragt. Dadurch, dass die leitungsgebundene Energieversorgung im Wesentlichen über Umlagen finanziert wird (wie auch die Erneuerbaren Energien) – wie jüngst das Netzentgeltmodernisierungsgesetz zeigt – muss der Gesetzgeber den Vertriebsunternehmen die Möglichkeit geben, von Dritten erhobene Entgelte oder Umlagen, die nicht beeinflussbar sind, wie die Mehrwertsteuer auf die Kunden umzulegen.

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